Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.und ängstlich zärtlich fragte: ob ich krank, oder was sonst geschehen sei? -- da kam ich erst eigentlich zum klaren Bewußtsein dessen, was ich gethan hatte. Ich war in Verzweiflung -- meine Mutter schrieb für mich an Jaromir, besinnungslos unterschrieb ich den Brief -- ich ward krank, dadurch entging Dir mein tiefes Herzeleid. Ich hoffte immer noch, er würde wieder schreiben, mich beschwören, zu widerrufen -- dann wollte ich mein Wort von Dir zurückverlangen, es möchte daraus entstehen, was da wolle. Aber er schickte mir meinen Ring wieder und schrieb kein Wort dazu. Da wollte ich glücklich sein -- ihm zum Trotz. In solchen Momenten war ich dann so zärllich gegen Dich, wie ich es nur immer gegen ihn gewesen -- und es war doch nur eigentlich er, den ich in Dir liebkoste. Ach, ich habe untreu gegen ihn gehandelt, mein Gefühl konnte ihm nie untreu werden!" Sie hielt wieder inne, von Erinnerungen überwältigt. -- Das Nachtlicht flackerte unruhig, die Uhr im Zimmer schlug helltönend Mitternacht. -- Nach einer langen Pause begann Amalie auf's Neue: "Meine gute Mutter starb, ich wäre verlassen und hilflos gewesen, wenn Du Dich meiner nicht angenommen. Du führtest mich zum Altar. Ich mußte das Schicksal segnen, das mir in Dir diese Stütze gab -- aber doch war ich nicht ruhig, nicht glücklich, ich konnte Jaromir nicht vergessen! und ängstlich zärtlich fragte: ob ich krank, oder was sonst geschehen sei? — da kam ich erst eigentlich zum klaren Bewußtsein dessen, was ich gethan hatte. Ich war in Verzweiflung — meine Mutter schrieb für mich an Jaromir, besinnungslos unterschrieb ich den Brief — ich ward krank, dadurch entging Dir mein tiefes Herzeleid. Ich hoffte immer noch, er würde wieder schreiben, mich beschwören, zu widerrufen — dann wollte ich mein Wort von Dir zurückverlangen, es möchte daraus entstehen, was da wolle. Aber er schickte mir meinen Ring wieder und schrieb kein Wort dazu. Da wollte ich glücklich sein — ihm zum Trotz. In solchen Momenten war ich dann so zärllich gegen Dich, wie ich es nur immer gegen ihn gewesen — und es war doch nur eigentlich er, den ich in Dir liebkoste. Ach, ich habe untreu gegen ihn gehandelt, mein Gefühl konnte ihm nie untreu werden!“ Sie hielt wieder inne, von Erinnerungen überwältigt. — Das Nachtlicht flackerte unruhig, die Uhr im Zimmer schlug helltönend Mitternacht. — Nach einer langen Pause begann Amalie auf’s Neue: „Meine gute Mutter starb, ich wäre verlassen und hilflos gewesen, wenn Du Dich meiner nicht angenommen. Du führtest mich zum Altar. Ich mußte das Schicksal segnen, das mir in Dir diese Stütze gab — aber doch war ich nicht ruhig, nicht glücklich, ich konnte Jaromir nicht vergessen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="31"/> und ängstlich zärtlich fragte: ob ich krank, oder was sonst geschehen sei? — da kam ich erst eigentlich zum klaren Bewußtsein dessen, was ich gethan hatte. Ich war in Verzweiflung — meine Mutter schrieb für mich an Jaromir, besinnungslos unterschrieb ich den Brief — ich ward krank, dadurch entging Dir mein tiefes Herzeleid. Ich hoffte immer noch, er würde wieder schreiben, mich beschwören, zu widerrufen — dann wollte ich mein Wort von Dir zurückverlangen, es möchte daraus entstehen, was da wolle. Aber er schickte mir meinen Ring wieder und schrieb kein Wort dazu. Da wollte ich glücklich sein — ihm zum Trotz. In solchen Momenten war ich dann so zärllich gegen Dich, wie ich es nur immer gegen ihn gewesen — und es war doch nur eigentlich er, den ich in Dir liebkoste. Ach, ich habe untreu gegen ihn gehandelt, mein Gefühl konnte ihm nie untreu werden!“</p> <p>Sie hielt wieder inne, von Erinnerungen überwältigt. — Das Nachtlicht flackerte unruhig, die Uhr im Zimmer schlug helltönend Mitternacht. —</p> <p>Nach einer langen Pause begann Amalie auf’s Neue: „Meine gute Mutter starb, ich wäre verlassen und hilflos gewesen, wenn Du Dich meiner nicht angenommen. Du führtest mich zum Altar. Ich mußte das Schicksal segnen, das mir in Dir diese Stütze gab — aber doch war ich nicht ruhig, nicht glücklich, ich konnte Jaromir nicht vergessen! </p> </div> </body> </text> </TEI> [31/0041]
und ängstlich zärtlich fragte: ob ich krank, oder was sonst geschehen sei? — da kam ich erst eigentlich zum klaren Bewußtsein dessen, was ich gethan hatte. Ich war in Verzweiflung — meine Mutter schrieb für mich an Jaromir, besinnungslos unterschrieb ich den Brief — ich ward krank, dadurch entging Dir mein tiefes Herzeleid. Ich hoffte immer noch, er würde wieder schreiben, mich beschwören, zu widerrufen — dann wollte ich mein Wort von Dir zurückverlangen, es möchte daraus entstehen, was da wolle. Aber er schickte mir meinen Ring wieder und schrieb kein Wort dazu. Da wollte ich glücklich sein — ihm zum Trotz. In solchen Momenten war ich dann so zärllich gegen Dich, wie ich es nur immer gegen ihn gewesen — und es war doch nur eigentlich er, den ich in Dir liebkoste. Ach, ich habe untreu gegen ihn gehandelt, mein Gefühl konnte ihm nie untreu werden!“
Sie hielt wieder inne, von Erinnerungen überwältigt. — Das Nachtlicht flackerte unruhig, die Uhr im Zimmer schlug helltönend Mitternacht. —
Nach einer langen Pause begann Amalie auf’s Neue: „Meine gute Mutter starb, ich wäre verlassen und hilflos gewesen, wenn Du Dich meiner nicht angenommen. Du führtest mich zum Altar. Ich mußte das Schicksal segnen, das mir in Dir diese Stütze gab — aber doch war ich nicht ruhig, nicht glücklich, ich konnte Jaromir nicht vergessen!
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