Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.Die Träger befolgten den Rath, Bernhard selbst drückte den Sargdeckel darauf; weil die Leute ihn hastig und geräuschvoll aufhoben, nahm er ihn ihnen ab, damit es ohne Lärm geschehe; das Mädchen dankte ihm dafür mit einem innigen Blick. Wie aber die Träger den Sarg zur Thüre hinaustrugen, stießen sie damit wider die Pfoste -- es klang hohl und dumpf -- dieser Ton brachte Amalie wieder zu sich, sie verstand ihn -- schrie auf, wollte nachspringen, aber die Thüre war in's Schloß geworfen; das Mädchen zog Amalie mit sich auf das Sopha, wohin Amalie, ohne ohnmächtig zu sein, aber wie vor Verzweiflung erstarrt sich ziehen ließ und regungslos sitzen blieb. Die beiden Frauen waren allein. Eine Stunde mogte vergangen sein, wo sie so stumm und unbeweglich nebeneinander gesessen hatten. Amalie hatte ihr Logis, das sie früher mit ihrem Gatten bewohnt, mit einem kleineren in der Vorstadt vertauscht. Das Mädchen, welches bei ihr saß, war die Tochter des Hauswirthes, eines Korbmachers und hieß Auguste. Sie hatte ihrer einsamen Hausgenossin getrenlich beigestanden bei der Pflege des kranken Kindes -- sie hatte auch in den herbsten Stunden des Leides die Unglückliche nicht verlassen. Sie fühlte wohl, daß sie keinen Trost für sie hatte, aber sie wollte sie ihrer Verzweiflung nicht allein überlassen. So saß sie auch jetzt still weinend Die Träger befolgten den Rath, Bernhard selbst drückte den Sargdeckel darauf; weil die Leute ihn hastig und geräuschvoll aufhoben, nahm er ihn ihnen ab, damit es ohne Lärm geschehe; das Mädchen dankte ihm dafür mit einem innigen Blick. Wie aber die Träger den Sarg zur Thüre hinaustrugen, stießen sie damit wider die Pfoste — es klang hohl und dumpf — dieser Ton brachte Amalie wieder zu sich, sie verstand ihn — schrie auf, wollte nachspringen, aber die Thüre war in’s Schloß geworfen; das Mädchen zog Amalie mit sich auf das Sopha, wohin Amalie, ohne ohnmächtig zu sein, aber wie vor Verzweiflung erstarrt sich ziehen ließ und regungslos sitzen blieb. Die beiden Frauen waren allein. Eine Stunde mogte vergangen sein, wo sie so stumm und unbeweglich nebeneinander gesessen hatten. Amalie hatte ihr Logis, das sie früher mit ihrem Gatten bewohnt, mit einem kleineren in der Vorstadt vertauscht. Das Mädchen, welches bei ihr saß, war die Tochter des Hauswirthes, eines Korbmachers und hieß Auguste. Sie hatte ihrer einsamen Hausgenossin getrenlich beigestanden bei der Pflege des kranken Kindes — sie hatte auch in den herbsten Stunden des Leides die Unglückliche nicht verlassen. Sie fühlte wohl, daß sie keinen Trost für sie hatte, aber sie wollte sie ihrer Verzweiflung nicht allein überlassen. So saß sie auch jetzt still weinend <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0034" n="28"/> <p> Die Träger befolgten den Rath, Bernhard selbst drückte den Sargdeckel darauf; weil die Leute ihn hastig und geräuschvoll aufhoben, nahm er ihn ihnen ab, damit es ohne Lärm geschehe; das Mädchen dankte ihm dafür mit einem innigen Blick. Wie aber die Träger den Sarg zur Thüre hinaustrugen, stießen sie damit wider die Pfoste — es klang hohl und dumpf — dieser Ton brachte Amalie wieder zu sich, sie verstand ihn — schrie auf, wollte nachspringen, aber die Thüre war in’s Schloß geworfen; das Mädchen zog Amalie mit sich auf das Sopha, wohin Amalie, ohne ohnmächtig zu sein, aber wie vor Verzweiflung erstarrt sich ziehen ließ und regungslos sitzen blieb.</p> <p>Die beiden Frauen waren allein.</p> <p>Eine Stunde mogte vergangen sein, wo sie so stumm und unbeweglich nebeneinander gesessen hatten.</p> <p>Amalie hatte ihr Logis, das sie früher mit ihrem Gatten bewohnt, mit einem kleineren in der Vorstadt vertauscht. Das Mädchen, welches bei ihr saß, war die Tochter des Hauswirthes, eines Korbmachers und hieß Auguste. Sie hatte ihrer einsamen Hausgenossin getrenlich beigestanden bei der Pflege des kranken Kindes — sie hatte auch in den herbsten Stunden des Leides die Unglückliche nicht verlassen. Sie fühlte wohl, daß sie keinen Trost für sie hatte, aber sie wollte sie ihrer Verzweiflung nicht allein überlassen. So saß sie auch jetzt still weinend </p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0034]
Die Träger befolgten den Rath, Bernhard selbst drückte den Sargdeckel darauf; weil die Leute ihn hastig und geräuschvoll aufhoben, nahm er ihn ihnen ab, damit es ohne Lärm geschehe; das Mädchen dankte ihm dafür mit einem innigen Blick. Wie aber die Träger den Sarg zur Thüre hinaustrugen, stießen sie damit wider die Pfoste — es klang hohl und dumpf — dieser Ton brachte Amalie wieder zu sich, sie verstand ihn — schrie auf, wollte nachspringen, aber die Thüre war in’s Schloß geworfen; das Mädchen zog Amalie mit sich auf das Sopha, wohin Amalie, ohne ohnmächtig zu sein, aber wie vor Verzweiflung erstarrt sich ziehen ließ und regungslos sitzen blieb.
Die beiden Frauen waren allein.
Eine Stunde mogte vergangen sein, wo sie so stumm und unbeweglich nebeneinander gesessen hatten.
Amalie hatte ihr Logis, das sie früher mit ihrem Gatten bewohnt, mit einem kleineren in der Vorstadt vertauscht. Das Mädchen, welches bei ihr saß, war die Tochter des Hauswirthes, eines Korbmachers und hieß Auguste. Sie hatte ihrer einsamen Hausgenossin getrenlich beigestanden bei der Pflege des kranken Kindes — sie hatte auch in den herbsten Stunden des Leides die Unglückliche nicht verlassen. Sie fühlte wohl, daß sie keinen Trost für sie hatte, aber sie wollte sie ihrer Verzweiflung nicht allein überlassen. So saß sie auch jetzt still weinend
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-08-23T11:52:15Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |