Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

"Vor drei Tagen, in derselben Stunde, wo sie gestorben war, wie es das harte Gesetz will."

Der Lange und der Polizeidiener sahen einander unbeschreiblich albern an und schienen sich schweigend zu befragen. Endlich sagte der Lange zu Amalien: "Aber wovon sprechen Sie denn eigentlich?"

"Mein Gott! Sie fragen noch -- wovon -- ach, wovon!" und sie schrie laut auf und verfiel in Zuckungen.

Auguste eilte zu ihr und sagte zu den Männern: "Aus Barmherzigkeit, schonen Sie die Unglückliche -- sie spricht von ihrem einzigen Kinde, das man so eben begraben hat."

Die Beiden sahen sich einander verdutzt und albern an, wie vorher.

"Das ist ein sehr übler Zufall," sagte der Lange verdrießlich.

"Was wollen Sie noch -- ist nicht Alles in Ordnung?" fragte Amalie, sich wieder aufrichtend, nach einer Pause, während welcher die Beiden mit ihren Blicken ringsum das Zimmer gemustert hatten.

"Wir sind nicht deshalb gekommen," sagte der Lange. "Wir sind gekommen, einige Fragen an Sie zu richten, welche sie uns gefälligst beantworten werden."

Amalie schwieg.

"Zuerst," fuhr Jener fort: "Ihr Mann hat einen Bruder, welcher Franz heißt?"

"Ja!"

„Vor drei Tagen, in derselben Stunde, wo sie gestorben war, wie es das harte Gesetz will.“

Der Lange und der Polizeidiener sahen einander unbeschreiblich albern an und schienen sich schweigend zu befragen. Endlich sagte der Lange zu Amalien: „Aber wovon sprechen Sie denn eigentlich?“

„Mein Gott! Sie fragen noch — wovon — ach, wovon!“ und sie schrie laut auf und verfiel in Zuckungen.

Auguste eilte zu ihr und sagte zu den Männern: „Aus Barmherzigkeit, schonen Sie die Unglückliche — sie spricht von ihrem einzigen Kinde, das man so eben begraben hat.“

Die Beiden sahen sich einander verdutzt und albern an, wie vorher.

„Das ist ein sehr übler Zufall,“ sagte der Lange verdrießlich.

„Was wollen Sie noch — ist nicht Alles in Ordnung?“ fragte Amalie, sich wieder aufrichtend, nach einer Pause, während welcher die Beiden mit ihren Blicken ringsum das Zimmer gemustert hatten.

„Wir sind nicht deshalb gekommen,“ sagte der Lange. „Wir sind gekommen, einige Fragen an Sie zu richten, welche sie uns gefälligst beantworten werden.“

Amalie schwieg.

„Zuerst,“ fuhr Jener fort: „Ihr Mann hat einen Bruder, welcher Franz heißt?“

„Ja!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0036" n="30"/>
        <p> &#x201E;Vor drei Tagen, in derselben Stunde, wo sie gestorben war, wie es das harte Gesetz will.&#x201C;</p>
        <p>Der Lange und der Polizeidiener sahen einander unbeschreiblich albern an und schienen sich schweigend zu befragen. Endlich sagte der Lange zu Amalien: &#x201E;Aber wovon sprechen Sie denn eigentlich?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Mein Gott! Sie fragen noch &#x2014; wovon &#x2014; ach, wovon!&#x201C; und sie schrie laut auf und verfiel in Zuckungen.</p>
        <p>Auguste eilte zu ihr und sagte zu den Männern: &#x201E;Aus Barmherzigkeit, schonen Sie die Unglückliche &#x2014; sie spricht von ihrem einzigen Kinde, das man so eben begraben hat.&#x201C;</p>
        <p>Die Beiden sahen sich einander verdutzt und albern an, wie vorher.</p>
        <p>&#x201E;Das ist ein sehr übler Zufall,&#x201C; sagte der Lange verdrießlich.</p>
        <p>&#x201E;Was wollen Sie noch &#x2014; ist nicht Alles in Ordnung?&#x201C; fragte Amalie, sich wieder aufrichtend, nach einer Pause, während welcher die Beiden mit ihren Blicken ringsum das Zimmer gemustert hatten.</p>
        <p>&#x201E;Wir sind nicht deshalb gekommen,&#x201C; sagte der Lange. &#x201E;Wir sind gekommen, einige Fragen an Sie zu richten, welche sie uns gefälligst beantworten werden.&#x201C;</p>
        <p>Amalie schwieg.</p>
        <p>&#x201E;Zuerst,&#x201C; fuhr Jener fort: &#x201E;Ihr Mann hat einen Bruder, welcher Franz heißt?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ja!&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0036] „Vor drei Tagen, in derselben Stunde, wo sie gestorben war, wie es das harte Gesetz will.“ Der Lange und der Polizeidiener sahen einander unbeschreiblich albern an und schienen sich schweigend zu befragen. Endlich sagte der Lange zu Amalien: „Aber wovon sprechen Sie denn eigentlich?“ „Mein Gott! Sie fragen noch — wovon — ach, wovon!“ und sie schrie laut auf und verfiel in Zuckungen. Auguste eilte zu ihr und sagte zu den Männern: „Aus Barmherzigkeit, schonen Sie die Unglückliche — sie spricht von ihrem einzigen Kinde, das man so eben begraben hat.“ Die Beiden sahen sich einander verdutzt und albern an, wie vorher. „Das ist ein sehr übler Zufall,“ sagte der Lange verdrießlich. „Was wollen Sie noch — ist nicht Alles in Ordnung?“ fragte Amalie, sich wieder aufrichtend, nach einer Pause, während welcher die Beiden mit ihren Blicken ringsum das Zimmer gemustert hatten. „Wir sind nicht deshalb gekommen,“ sagte der Lange. „Wir sind gekommen, einige Fragen an Sie zu richten, welche sie uns gefälligst beantworten werden.“ Amalie schwieg. „Zuerst,“ fuhr Jener fort: „Ihr Mann hat einen Bruder, welcher Franz heißt?“ „Ja!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/36
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/36>, abgerufen am 28.04.2024.