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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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dieselbe stereotype Figur -- er sitzt allein und liest in einem Buche. Mein Himmel! Was muß der Mensch nicht Alles schon zusammengelesen haben, wenn er's immer so treibt wie hier -- ich habe ihn noch niemals anders als lesend gesehen, ich kann mir ihn auch gar nicht anders vorstellen. Wie jene Wilden, welche, als sie die ersten Reiter sahen, glaubten, Mensch und Roß wären ein Wesen, so scheint mir der Engländer mit seinem Buch durchaus ein Ganzes zu bilden. Den eleganten Herrn mit den gelben Glacehandschuhen und der rothen Sammtweste kenne ich und werde Sie nachher einander vorstellen. Es ist ein Kammerjunker von Aarens, der sich nur Courmachens halber hier aufhält -- er ist nämlich hierher gegangen, weil er den Grafen Hohenthal kennt und eine reiche Partie beabsichtigt -- er ist seit einer Woche hier und schon sehr oft in dem benachbarten Schloß gewesen."

Jaromir hatte zuletzt aufmerksamer als Anfangs zugehört, den eben Besprochenen mit prüfenden Blicken gemustert und sagte jetzt ruhig: "Der Mensch sieht sehr unbedeutend aus."

"Was ihn aber bedeutend machen kann, ist ein alter Name, bedeutendes Vermögen und große Gunst, welche er an seinem Hof genießt. Den Herrn zwischen ihm und unsern Doctor, eben so lang und dürr wie dieser, aber mit einer so ausgesucht malitiösen Miene, kenne ich

dieselbe stereotype Figur — er sitzt allein und liest in einem Buche. Mein Himmel! Was muß der Mensch nicht Alles schon zusammengelesen haben, wenn er’s immer so treibt wie hier — ich habe ihn noch niemals anders als lesend gesehen, ich kann mir ihn auch gar nicht anders vorstellen. Wie jene Wilden, welche, als sie die ersten Reiter sahen, glaubten, Mensch und Roß wären ein Wesen, so scheint mir der Engländer mit seinem Buch durchaus ein Ganzes zu bilden. Den eleganten Herrn mit den gelben Glacehandschuhen und der rothen Sammtweste kenne ich und werde Sie nachher einander vorstellen. Es ist ein Kammerjunker von Aarens, der sich nur Courmachens halber hier aufhält — er ist nämlich hierher gegangen, weil er den Grafen Hohenthal kennt und eine reiche Partie beabsichtigt — er ist seit einer Woche hier und schon sehr oft in dem benachbarten Schloß gewesen.“

Jaromir hatte zuletzt aufmerksamer als Anfangs zugehört, den eben Besprochenen mit prüfenden Blicken gemustert und sagte jetzt ruhig: „Der Mensch sieht sehr unbedeutend aus.“

„Was ihn aber bedeutend machen kann, ist ein alter Name, bedeutendes Vermögen und große Gunst, welche er an seinem Hof genießt. Den Herrn zwischen ihm und unsern Doctor, eben so lang und dürr wie dieser, aber mit einer so ausgesucht malitiösen Miene, kenne ich

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[43/0049] dieselbe stereotype Figur — er sitzt allein und liest in einem Buche. Mein Himmel! Was muß der Mensch nicht Alles schon zusammengelesen haben, wenn er’s immer so treibt wie hier — ich habe ihn noch niemals anders als lesend gesehen, ich kann mir ihn auch gar nicht anders vorstellen. Wie jene Wilden, welche, als sie die ersten Reiter sahen, glaubten, Mensch und Roß wären ein Wesen, so scheint mir der Engländer mit seinem Buch durchaus ein Ganzes zu bilden. Den eleganten Herrn mit den gelben Glacehandschuhen und der rothen Sammtweste kenne ich und werde Sie nachher einander vorstellen. Es ist ein Kammerjunker von Aarens, der sich nur Courmachens halber hier aufhält — er ist nämlich hierher gegangen, weil er den Grafen Hohenthal kennt und eine reiche Partie beabsichtigt — er ist seit einer Woche hier und schon sehr oft in dem benachbarten Schloß gewesen.“ Jaromir hatte zuletzt aufmerksamer als Anfangs zugehört, den eben Besprochenen mit prüfenden Blicken gemustert und sagte jetzt ruhig: „Der Mensch sieht sehr unbedeutend aus.“ „Was ihn aber bedeutend machen kann, ist ein alter Name, bedeutendes Vermögen und große Gunst, welche er an seinem Hof genießt. Den Herrn zwischen ihm und unsern Doctor, eben so lang und dürr wie dieser, aber mit einer so ausgesucht malitiösen Miene, kenne ich

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/49>, abgerufen am 21.11.2024.