Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.die schöne Gelegenheit, ein Wenig mit ihr zu plaudern, ungenützt vorüber gehen ließe. "Guten Abend, Franz!" sagte Pauline freundlich zu diesem. Er zitterte fast, als er diese sanfte Stimme wieder hörte, welche er Wochen lang nicht mehr, nur in seinen Träumen gehört hatte. "Sie sprechen so sanft zu mir," rief er erschüttert, "nicht wahr, Sie zürnen mir nicht, wenn ich --" "Wenn Sie eine Zeit lang Ihres Versprechens uneingedenk sein konnten, das Sie mir gaben, als ich nicht lange hierher gekommen war, oder daß Sie denken konnten, ich möge mein Wort nicht mehr halten -- weiter habe ich Ihnen Nichts zu vergeben. Ich weiß -- aber erst seit heute -- Alles -- daß man Sie über mich getäuscht und hintergangen hat -- aber ich versichere Ihnen, daß ich an unserm damaligen Versprechen, daß Sie mich von jeder augenblicklichen Noth unsrer Fabrikarbeiter, welcher abzuhelfen möglich ist, unterrichten sollten, und daß ich dann Alles thun würde, was ich vermöge -- gar Nichts geändert wissen will, und daß wir ihm treu bleiben wollen, nur -- mit mehr Vorsicht als bisher, da es Leute geben kann, welchen es nicht recht ist, daß ich die Wunden verbinde, welche sie erst geschlagen." Franz schwieg. "Ich ehre ihr Schweigen," fuhr sie fort. "Sie wissen, die schöne Gelegenheit, ein Wenig mit ihr zu plaudern, ungenützt vorüber gehen ließe. „Guten Abend, Franz!“ sagte Pauline freundlich zu diesem. Er zitterte fast, als er diese sanfte Stimme wieder hörte, welche er Wochen lang nicht mehr, nur in seinen Träumen gehört hatte. „Sie sprechen so sanft zu mir,“ rief er erschüttert, „nicht wahr, Sie zürnen mir nicht, wenn ich —“ „Wenn Sie eine Zeit lang Ihres Versprechens uneingedenk sein konnten, das Sie mir gaben, als ich nicht lange hierher gekommen war, oder daß Sie denken konnten, ich möge mein Wort nicht mehr halten — weiter habe ich Ihnen Nichts zu vergeben. Ich weiß — aber erst seit heute — Alles — daß man Sie über mich getäuscht und hintergangen hat — aber ich versichere Ihnen, daß ich an unserm damaligen Versprechen, daß Sie mich von jeder augenblicklichen Noth unsrer Fabrikarbeiter, welcher abzuhelfen möglich ist, unterrichten sollten, und daß ich dann Alles thun würde, was ich vermöge — gar Nichts geändert wissen will, und daß wir ihm treu bleiben wollen, nur — mit mehr Vorsicht als bisher, da es Leute geben kann, welchen es nicht recht ist, daß ich die Wunden verbinde, welche sie erst geschlagen.“ Franz schwieg. „Ich ehre ihr Schweigen,“ fuhr sie fort. „Sie wissen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0076" n="70"/> die schöne Gelegenheit, ein Wenig mit ihr zu plaudern, ungenützt vorüber gehen ließe.</p> <p>„Guten Abend, Franz!“ sagte Pauline freundlich zu diesem.</p> <p>Er zitterte fast, als er diese sanfte Stimme wieder hörte, welche er Wochen lang nicht mehr, nur in seinen Träumen gehört hatte. „Sie sprechen so sanft zu mir,“ rief er erschüttert, „nicht wahr, Sie zürnen mir nicht, wenn ich —“</p> <p>„Wenn Sie eine Zeit lang Ihres Versprechens uneingedenk sein konnten, das Sie mir gaben, als ich nicht lange hierher gekommen war, oder daß Sie denken konnten, ich möge mein Wort nicht mehr halten — weiter habe ich Ihnen Nichts zu vergeben. Ich weiß — aber erst seit heute — Alles — daß man Sie über mich getäuscht und hintergangen hat — aber ich versichere Ihnen, daß ich an unserm damaligen Versprechen, daß Sie mich von jeder augenblicklichen Noth unsrer Fabrikarbeiter, welcher abzuhelfen möglich ist, unterrichten sollten, und daß ich dann Alles thun würde, was ich vermöge — gar Nichts geändert wissen will, und daß wir ihm treu bleiben wollen, nur — mit mehr Vorsicht als bisher, da es Leute geben kann, welchen es nicht recht ist, daß ich die Wunden verbinde, welche sie erst geschlagen.“</p> <p>Franz schwieg.</p> <p>„Ich ehre ihr Schweigen,“ fuhr sie fort. „Sie wissen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0076]
die schöne Gelegenheit, ein Wenig mit ihr zu plaudern, ungenützt vorüber gehen ließe.
„Guten Abend, Franz!“ sagte Pauline freundlich zu diesem.
Er zitterte fast, als er diese sanfte Stimme wieder hörte, welche er Wochen lang nicht mehr, nur in seinen Träumen gehört hatte. „Sie sprechen so sanft zu mir,“ rief er erschüttert, „nicht wahr, Sie zürnen mir nicht, wenn ich —“
„Wenn Sie eine Zeit lang Ihres Versprechens uneingedenk sein konnten, das Sie mir gaben, als ich nicht lange hierher gekommen war, oder daß Sie denken konnten, ich möge mein Wort nicht mehr halten — weiter habe ich Ihnen Nichts zu vergeben. Ich weiß — aber erst seit heute — Alles — daß man Sie über mich getäuscht und hintergangen hat — aber ich versichere Ihnen, daß ich an unserm damaligen Versprechen, daß Sie mich von jeder augenblicklichen Noth unsrer Fabrikarbeiter, welcher abzuhelfen möglich ist, unterrichten sollten, und daß ich dann Alles thun würde, was ich vermöge — gar Nichts geändert wissen will, und daß wir ihm treu bleiben wollen, nur — mit mehr Vorsicht als bisher, da es Leute geben kann, welchen es nicht recht ist, daß ich die Wunden verbinde, welche sie erst geschlagen.“
Franz schwieg.
„Ich ehre ihr Schweigen,“ fuhr sie fort. „Sie wissen,
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/76>, abgerufen am 16.02.2025. |