Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.die Arbeit theilen, brüderlich den Genuß -- und hat man uns jetzt mit Gewalt unglücklich gemacht -- warum sollen wir nicht versuchen, durch Gewalt glücklich zu werden? --" "Du appellirst an die Gewalt -- Dein Gefühl sagt Dir, daß die Gewalt der Reichen ein Unrecht, ein Verbrechen ist -- und was würde die Gewalt der Armen Anders sein?" Gustav griff nach einem Buche, das unter andern Büchern und Papieren auf dem nächsten Tische lag. "Jene Leute," sagte er, "deren Lehren zum Theil in dem Schreiben enthalten sind, welches man an Dich gerichtet hat, meinen es vielleicht redlich mit der Menschheit, ich will sie nicht verdächtigen. Sie lieben die Menschheit und ihre Noth hat ihnen in's Herz geschnitten -- und so haben sie einen Plan ausgesonnen, die ganze Welt zu beglücken, welcher auf den ersten Anschein viel Bestechendes hat, weil er durch ein allgemeines Band der Liebe die Menschen zu vollkommner Gleichberechtigung vereinen will. Aber darin ginge die persönliche Freiheit zu Grunde -- und eine solche Gemeinschaft, in der ein Jeder seine bestimmte Arbeit zu genießen bekäme, dafür aber nie mehr zu hungern und zu frieren, nie für sich selbst zu sorgen brauchte -- hat ihre Vorbilder bei dem Loos der Amerikanischen Sclaven und der Russischen Leibeigenen. Dawider empört sich der freigeborene Mensch, dessen Glück im Streben beruht. Und empörte sich nicht Dein Herz dagegen, als man Dir Deinen Gott und Dein die Arbeit theilen, brüderlich den Genuß — und hat man uns jetzt mit Gewalt unglücklich gemacht — warum sollen wir nicht versuchen, durch Gewalt glücklich zu werden? —“ „Du appellirst an die Gewalt — Dein Gefühl sagt Dir, daß die Gewalt der Reichen ein Unrecht, ein Verbrechen ist — und was würde die Gewalt der Armen Anders sein?“ Gustav griff nach einem Buche, das unter andern Büchern und Papieren auf dem nächsten Tische lag. „Jene Leute,“ sagte er, „deren Lehren zum Theil in dem Schreiben enthalten sind, welches man an Dich gerichtet hat, meinen es vielleicht redlich mit der Menschheit, ich will sie nicht verdächtigen. Sie lieben die Menschheit und ihre Noth hat ihnen in’s Herz geschnitten — und so haben sie einen Plan ausgesonnen, die ganze Welt zu beglücken, welcher auf den ersten Anschein viel Bestechendes hat, weil er durch ein allgemeines Band der Liebe die Menschen zu vollkommner Gleichberechtigung vereinen will. Aber darin ginge die persönliche Freiheit zu Grunde — und eine solche Gemeinschaft, in der ein Jeder seine bestimmte Arbeit zu genießen bekäme, dafür aber nie mehr zu hungern und zu frieren, nie für sich selbst zu sorgen brauchte — hat ihre Vorbilder bei dem Loos der Amerikanischen Sclaven und der Russischen Leibeigenen. Dawider empört sich der freigeborene Mensch, dessen Glück im Streben beruht. Und empörte sich nicht Dein Herz dagegen, als man Dir Deinen Gott und Dein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="38"/> die Arbeit theilen, brüderlich den Genuß — und hat man uns jetzt mit Gewalt unglücklich gemacht — warum sollen wir nicht versuchen, durch Gewalt glücklich zu werden? —“</p> <p>„Du appellirst an die Gewalt — Dein Gefühl sagt Dir, daß die Gewalt der Reichen ein Unrecht, ein Verbrechen ist — und was würde die Gewalt der Armen Anders sein?“ Gustav griff nach einem Buche, das unter andern Büchern und Papieren auf dem nächsten Tische lag. „Jene Leute,“ sagte er, „deren Lehren zum Theil in dem Schreiben enthalten sind, welches man an Dich gerichtet hat, meinen es vielleicht redlich mit der Menschheit, ich will sie nicht verdächtigen. Sie lieben die Menschheit und ihre Noth hat ihnen in’s Herz geschnitten — und so haben sie einen Plan ausgesonnen, die ganze Welt zu beglücken, welcher auf den ersten Anschein viel Bestechendes hat, weil er durch ein allgemeines Band der Liebe die Menschen zu vollkommner Gleichberechtigung vereinen will. Aber darin ginge die persönliche Freiheit zu Grunde — und eine solche Gemeinschaft, in der ein Jeder seine bestimmte Arbeit zu genießen bekäme, dafür aber nie mehr zu hungern und zu frieren, nie für sich selbst zu sorgen brauchte — hat ihre Vorbilder bei dem Loos der Amerikanischen Sclaven und der Russischen Leibeigenen. Dawider empört sich der freigeborene Mensch, dessen Glück im <hi rendition="#g">Streben</hi> beruht. Und empörte sich nicht Dein Herz dagegen, als man Dir Deinen Gott und Dein </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0042]
die Arbeit theilen, brüderlich den Genuß — und hat man uns jetzt mit Gewalt unglücklich gemacht — warum sollen wir nicht versuchen, durch Gewalt glücklich zu werden? —“
„Du appellirst an die Gewalt — Dein Gefühl sagt Dir, daß die Gewalt der Reichen ein Unrecht, ein Verbrechen ist — und was würde die Gewalt der Armen Anders sein?“ Gustav griff nach einem Buche, das unter andern Büchern und Papieren auf dem nächsten Tische lag. „Jene Leute,“ sagte er, „deren Lehren zum Theil in dem Schreiben enthalten sind, welches man an Dich gerichtet hat, meinen es vielleicht redlich mit der Menschheit, ich will sie nicht verdächtigen. Sie lieben die Menschheit und ihre Noth hat ihnen in’s Herz geschnitten — und so haben sie einen Plan ausgesonnen, die ganze Welt zu beglücken, welcher auf den ersten Anschein viel Bestechendes hat, weil er durch ein allgemeines Band der Liebe die Menschen zu vollkommner Gleichberechtigung vereinen will. Aber darin ginge die persönliche Freiheit zu Grunde — und eine solche Gemeinschaft, in der ein Jeder seine bestimmte Arbeit zu genießen bekäme, dafür aber nie mehr zu hungern und zu frieren, nie für sich selbst zu sorgen brauchte — hat ihre Vorbilder bei dem Loos der Amerikanischen Sclaven und der Russischen Leibeigenen. Dawider empört sich der freigeborene Mensch, dessen Glück im Streben beruht. Und empörte sich nicht Dein Herz dagegen, als man Dir Deinen Gott und Dein
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