Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.Beschreibung des Fichtelbergs. (2.) Weil die Teutsche/ mithin auch die Norgauere/ und also ins beson-Alte Teut-sche/ Nor- gauere und Fichtelber- ger seynd auch münd- lich in der Religion unterrichtet worden/ und zwar auch durch Gleichnüße/ Rätzel/ Bil- der und Ce- remonien. dere unsere Fichtelberger von Noah/ und zwar von seinem andern ge- segneten Sohn Iaphet abstammeten/ so ist kein Zweiffel/ daß sie auch ausserdem Licht der Natur/ noch dazu durch mündliche Lehr und Un- terricht in der Religion unterwiesen worden. Aus dieser mündlichen Unterweisung ist es dann auch geschehen/ daß sie nach der Mor- genländischen Völcker allgemeinem Gebrauch die Geheimnüßen der Religion und der natürlichen Weißheit dem gemeinen Mann nur durch Gleichnüße/ Rätzel/ Bilder/ gewisse Kleider/ Geber- then/ und Ceremonien vorgebildet/ das Volck in Bezähmung der Begierden und zur Tugend abgerichtet; die Erkänntnüß des We- sens GOttes und der Geschöpffe aber ist allein bey denen Hauß- Vätern der Familien (woraus hernach Könige/ so zugleich Prie- ster waren/ entstanden/) geblieben/ die solches nur denen erstge- bohrnen Söhnen eröffnet; oder sie haben geprüfet/ welche von Natur angetrieben wurden denen Geheimnüßen nachzuspühren/ welche sie nun hierinnen tüchtig und fähig befanden/ die erwähl- ten sie zu ihren Schülern. Dahero es dann auch kommen/Nicht zur Abgötterey/ sondern zur Reitzung zur Weißheit. daß unsere Norgauere den Allmächtigen/ Allweisen und Allgüti- gen GOTT unter gewissen Bildern dem gemeinen Volck vor- stellten/ wie etwan dorten Moyses, welcher (auff Göttlichen Befehl) eine eherne Schlange aufrichtete/ umb CHristum den gecreuzigten vorzubilden/ Joh. 3, v. 14. nicht der Meynung/ das Volck zur Abgötterey zu verführen/ sondern ihnen Anlaß zu geben/ Nach- frage zu halten/ was doch diese aufgerichtete Figur bedeuten und anzeigen solte; Damit man doch sehe/ wer unter ihnen begierig/ und folglich fähig wäre/ in die Gesellschafft der Weisen aufge- nommen zu werden. Solchemnach haben sie überhaupt mit allen andern Teutschen GOtt unter dem Nahmen Thaut verehret/Was sie durch den Gott Thaut verstanden? wodurch sie absonderlich Mercurium, das ist/ die Göttliche Weiß- heit und Vorsichtigkeit verstanden. Jns besondere aber haben die Norgauere den Belenum zu einem GOtt gehabt/ wodurch sie/ wieWas sie durch Bele- num ver- standen? oben gedachter Herr D. Pertsch in seinen Originibus Bonsideliensi- bus pag. 227. aus unterschiedener alter Autorum Zeugnüßen klär- lich erweiset/ nichts anders als die Sonne oder Apollinem ver- standen. A 3
Beſchreibung des Fichtelbergs. (2.) Weil die Teutſche/ mithin auch die Norgauere/ und alſo ins beſon-Alte Teut-ſche/ Nor- gauere und Fichtelber- ger ſeynd auch muͤnd- lich in der Religion unterrichtet worden/ und zwar auch durch Gleichnuͤße/ Raͤtzel/ Bil- der und Ce- remonien. dere unſere Fichtelberger von Noah/ und zwar von ſeinem andern ge- ſegneten Sohn Iaphet abſtammeten/ ſo iſt kein Zweiffel/ daß ſie auch auſſerdem Licht der Natur/ noch dazu durch muͤndliche Lehr und Un- terricht in der Religion unterwieſen worden. Aus dieſer muͤndlichen Unterweiſung iſt es dann auch geſchehen/ daß ſie nach der Mor- genlaͤndiſchen Voͤlcker allgemeinem Gebrauch die Geheimnuͤßen der Religion und der natuͤrlichen Weißheit dem gemeinen Mann nur durch Gleichnuͤße/ Raͤtzel/ Bilder/ gewiſſe Kleider/ Geber- then/ und Ceremonien vorgebildet/ das Volck in Bezaͤhmung der Begierden und zur Tugend abgerichtet; die Erkaͤnntnuͤß des We- ſens GOttes und der Geſchoͤpffe aber iſt allein bey denen Hauß- Vaͤtern der Familien (woraus hernach Koͤnige/ ſo zugleich Prie- ſter waren/ entſtanden/) geblieben/ die ſolches nur denen erſtge- bohrnen Soͤhnen eroͤffnet; oder ſie haben gepruͤfet/ welche von Natur angetrieben wurden denen Geheimnuͤßen nachzuſpuͤhren/ welche ſie nun hierinnen tuͤchtig und faͤhig befanden/ die erwaͤhl- ten ſie zu ihren Schuͤlern. Dahero es dann auch kommen/Nicht zur Abgoͤtterey/ ſondern zur Reitzung zuꝛ Weißheit. daß unſere Norgauere den Allmaͤchtigen/ Allweiſen und Allguͤti- gen GOTT unter gewiſſen Bildern dem gemeinen Volck vor- ſtellten/ wie etwan dorten Moyſes, welcher (auff Goͤttlichen Befehl) eine eherne Schlange aufrichtete/ umb CHriſtum den gecreuzigten vorzubilden/ Joh. 3, v. 14. nicht der Meynung/ das Volck zur Abgoͤtterey zu verfuͤhren/ ſondern ihnen Anlaß zu geben/ Nach- frage zu halten/ was doch dieſe aufgerichtete Figur bedeuten und anzeigen ſolte; Damit man doch ſehe/ wer unter ihnen begierig/ und folglich faͤhig waͤre/ in die Geſellſchafft der Weiſen aufge- nommen zu werden. Solchemnach haben ſie uͤberhaupt mit allen andern Teutſchen GOtt unter dem Nahmen Thaut verehret/Was ſie durch den Gott Thaut verſtanden? wodurch ſie abſonderlich Mercurium, das iſt/ die Goͤttliche Weiß- heit und Vorſichtigkeit verſtanden. Jns beſondere aber haben die Norgauere den Belenum zu einem GOtt gehabt/ wodurch ſie/ wieWas ſie durch Bele- num ver- ſtanden? oben gedachter Herr D. Pertſch in ſeinen Originibus Bonſidelienſi- bus pag. 227. aus unterſchiedener alter Autorum Zeugnuͤßen klaͤr- lich erweiſet/ nichts anders als die Sonne oder Apollinem ver- ſtanden. A 3
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Beſchreibung des Fichtelbergs.
(2.) Weil die Teutſche/ mithin auch die Norgauere/ und alſo ins beſon-
dere unſere Fichtelberger von Noah/ und zwar von ſeinem andern ge-
ſegneten Sohn Iaphet abſtammeten/ ſo iſt kein Zweiffel/ daß ſie auch
auſſerdem Licht der Natur/ noch dazu durch muͤndliche Lehr und Un-
terricht in der Religion unterwieſen worden. Aus dieſer muͤndlichen
Unterweiſung iſt es dann auch geſchehen/ daß ſie nach der Mor-
genlaͤndiſchen Voͤlcker allgemeinem Gebrauch die Geheimnuͤßen
der Religion und der natuͤrlichen Weißheit dem gemeinen Mann
nur durch Gleichnuͤße/ Raͤtzel/ Bilder/ gewiſſe Kleider/ Geber-
then/ und Ceremonien vorgebildet/ das Volck in Bezaͤhmung der
Begierden und zur Tugend abgerichtet; die Erkaͤnntnuͤß des We-
ſens GOttes und der Geſchoͤpffe aber iſt allein bey denen Hauß-
Vaͤtern der Familien (woraus hernach Koͤnige/ ſo zugleich Prie-
ſter waren/ entſtanden/) geblieben/ die ſolches nur denen erſtge-
bohrnen Soͤhnen eroͤffnet; oder ſie haben gepruͤfet/ welche von
Natur angetrieben wurden denen Geheimnuͤßen nachzuſpuͤhren/
welche ſie nun hierinnen tuͤchtig und faͤhig befanden/ die erwaͤhl-
ten ſie zu ihren Schuͤlern. Dahero es dann auch kommen/
daß unſere Norgauere den Allmaͤchtigen/ Allweiſen und Allguͤti-
gen GOTT unter gewiſſen Bildern dem gemeinen Volck vor-
ſtellten/ wie etwan dorten Moyſes, welcher (auff Goͤttlichen
Befehl) eine eherne Schlange aufrichtete/ umb CHriſtum den
gecreuzigten vorzubilden/ Joh. 3, v. 14. nicht der Meynung/ das Volck
zur Abgoͤtterey zu verfuͤhren/ ſondern ihnen Anlaß zu geben/ Nach-
frage zu halten/ was doch dieſe aufgerichtete Figur bedeuten und
anzeigen ſolte; Damit man doch ſehe/ wer unter ihnen begierig/
und folglich faͤhig waͤre/ in die Geſellſchafft der Weiſen aufge-
nommen zu werden. Solchemnach haben ſie uͤberhaupt mit
allen andern Teutſchen GOtt unter dem Nahmen Thaut verehret/
wodurch ſie abſonderlich Mercurium, das iſt/ die Goͤttliche Weiß-
heit und Vorſichtigkeit verſtanden. Jns beſondere aber haben die
Norgauere den Belenum zu einem GOtt gehabt/ wodurch ſie/ wie
oben gedachter Herr D. Pertſch in ſeinen Originibus Bonſidelienſi-
bus pag. 227. aus unterſchiedener alter Autorum Zeugnuͤßen klaͤr-
lich erweiſet/ nichts anders als die Sonne oder Apollinem ver-
ſtanden.
Alte Teut-
ſche/ Nor-
gauere und
Fichtelber-
ger ſeynd
auch muͤnd-
lich in der
Religion
unterrichtet
worden/
und zwar
auch durch
Gleichnuͤße/
Raͤtzel/ Bil-
der und Ce-
remonien.
Nicht zur
Abgoͤtterey/
ſondern zur
Reitzung zuꝛ
Weißheit.
Was ſie
durch den
Gott Thaut
verſtanden?
Was ſie
durch Bele-
num ver-
ſtanden?
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