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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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solchen Kostenaufwandes nicht. Es müßte aufs gewissenhafteste erwogen werden, ob das aufgewendete Kapital sich auf dem beschrittenen Wege in den Menschen verzinst, und ob nicht dieselben erziehlichen Erfolge, die das Experiment Slobotka lesnia bietet, auf andere Weise, mit kleineren Kosten erreicht werden könnten. Darüber kann man aber erst zu einem abschließenden Urteil gelangen, wenn man auf die Erfahrungen vieler Jahre und mehrere Generationen von Absolventen der Anstalt zurückblicken kann, und deshalb war das Investieren von Neubauten auf dem Gutskomplex jedenfalls verfrüht. Die ökonomische Seite der Frage darf durch alle Teile des Verwaltungskörpers nur von dem Standpunkt aus betrachtet werden, daß Stiftungsgelder Mündelgelder sind. Je reicher eine Stiftung, desto größer und vielgestaltiger ihre Aufgabe, desto größer die Verantwortlichkeit.

Die Schule hat vor allen Dingen die Aufgabe, die jungen Leute für das Landleben unter den einfachsten Verhältnissen vorzubereiten. Die Knaben sollen Freude an körperlicher Arbeit bekommen, sie sollen den Boden liebgewinnen, dem sie die Früchte abringen, das bäuerliche Leben in seiner gesunden, primitiven Urwüchsigkeit soll ihnen vertraut und teuer werden.

Als Beweis dafür, daß die Juden nicht, wie meist behauptet wird, durchgehends für das ländliche Leben untauglich und unfähig sind, kann, außer den zerstreut lebenden bäuerlichen Familien, die jüdische Bauernkolonie in Czerniejow dienen. Dort sind "zehn Minjonim", also 100 männliche Bewohner über 13 Jahre, die von Ackerbau und Viehzucht leben, wie die christlichen Bauern auch. Sie verheiraten sich nur mit Mädchen und Frauen, die zu ihrer bäuerlichen Lebensweise und ihrem Erwerb passen und sind städtischer Art fremd.

Ich kann nicht sagen, daß ich diese "jüdischen Arelim" froher, zufriedener, weniger gedrückt gefunden hätte, als die städtischen Juden; dazu sind sie zu arm, geistig zu unfrei, aber sie sind körperlich viel kräftiger als die städtische Bevölkerung, und die Landarbeit, sowie die Abkehr von unsauberen städtischen Berührungspunkten hat ihnen ihre Sittlichkeit erhalten. - Außer den erwähnten

solchen Kostenaufwandes nicht. Es müßte aufs gewissenhafteste erwogen werden, ob das aufgewendete Kapital sich auf dem beschrittenen Wege in den Menschen verzinst, und ob nicht dieselben erziehlichen Erfolge, die das Experiment Slobotka lesnia bietet, auf andere Weise, mit kleineren Kosten erreicht werden könnten. Darüber kann man aber erst zu einem abschließenden Urteil gelangen, wenn man auf die Erfahrungen vieler Jahre und mehrere Generationen von Absolventen der Anstalt zurückblicken kann, und deshalb war das Investieren von Neubauten auf dem Gutskomplex jedenfalls verfrüht. Die ökonomische Seite der Frage darf durch alle Teile des Verwaltungskörpers nur von dem Standpunkt aus betrachtet werden, daß Stiftungsgelder Mündelgelder sind. Je reicher eine Stiftung, desto größer und vielgestaltiger ihre Aufgabe, desto größer die Verantwortlichkeit.

Die Schule hat vor allen Dingen die Aufgabe, die jungen Leute für das Landleben unter den einfachsten Verhältnissen vorzubereiten. Die Knaben sollen Freude an körperlicher Arbeit bekommen, sie sollen den Boden liebgewinnen, dem sie die Früchte abringen, das bäuerliche Leben in seiner gesunden, primitiven Urwüchsigkeit soll ihnen vertraut und teuer werden.

Als Beweis dafür, daß die Juden nicht, wie meist behauptet wird, durchgehends für das ländliche Leben untauglich und unfähig sind, kann, außer den zerstreut lebenden bäuerlichen Familien, die jüdische Bauernkolonie in Czerniejow dienen. Dort sind „zehn Minjonim“, also 100 männliche Bewohner über 13 Jahre, die von Ackerbau und Viehzucht leben, wie die christlichen Bauern auch. Sie verheiraten sich nur mit Mädchen und Frauen, die zu ihrer bäuerlichen Lebensweise und ihrem Erwerb passen und sind städtischer Art fremd.

Ich kann nicht sagen, daß ich diese „jüdischen Arelim“ froher, zufriedener, weniger gedrückt gefunden hätte, als die städtischen Juden; dazu sind sie zu arm, geistig zu unfrei, aber sie sind körperlich viel kräftiger als die städtische Bevölkerung, und die Landarbeit, sowie die Abkehr von unsauberen städtischen Berührungspunkten hat ihnen ihre Sittlichkeit erhalten. – Außer den erwähnten

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[39/0039] solchen Kostenaufwandes nicht. Es müßte aufs gewissenhafteste erwogen werden, ob das aufgewendete Kapital sich auf dem beschrittenen Wege in den Menschen verzinst, und ob nicht dieselben erziehlichen Erfolge, die das Experiment Slobotka lesnia bietet, auf andere Weise, mit kleineren Kosten erreicht werden könnten. Darüber kann man aber erst zu einem abschließenden Urteil gelangen, wenn man auf die Erfahrungen vieler Jahre und mehrere Generationen von Absolventen der Anstalt zurückblicken kann, und deshalb war das Investieren von Neubauten auf dem Gutskomplex jedenfalls verfrüht. Die ökonomische Seite der Frage darf durch alle Teile des Verwaltungskörpers nur von dem Standpunkt aus betrachtet werden, daß Stiftungsgelder Mündelgelder sind. Je reicher eine Stiftung, desto größer und vielgestaltiger ihre Aufgabe, desto größer die Verantwortlichkeit. Die Schule hat vor allen Dingen die Aufgabe, die jungen Leute für das Landleben unter den einfachsten Verhältnissen vorzubereiten. Die Knaben sollen Freude an körperlicher Arbeit bekommen, sie sollen den Boden liebgewinnen, dem sie die Früchte abringen, das bäuerliche Leben in seiner gesunden, primitiven Urwüchsigkeit soll ihnen vertraut und teuer werden. Als Beweis dafür, daß die Juden nicht, wie meist behauptet wird, durchgehends für das ländliche Leben untauglich und unfähig sind, kann, außer den zerstreut lebenden bäuerlichen Familien, die jüdische Bauernkolonie in Czerniejow dienen. Dort sind „zehn Minjonim“, also 100 männliche Bewohner über 13 Jahre, die von Ackerbau und Viehzucht leben, wie die christlichen Bauern auch. Sie verheiraten sich nur mit Mädchen und Frauen, die zu ihrer bäuerlichen Lebensweise und ihrem Erwerb passen und sind städtischer Art fremd. Ich kann nicht sagen, daß ich diese „jüdischen Arelim“ froher, zufriedener, weniger gedrückt gefunden hätte, als die städtischen Juden; dazu sind sie zu arm, geistig zu unfrei, aber sie sind körperlich viel kräftiger als die städtische Bevölkerung, und die Landarbeit, sowie die Abkehr von unsauberen städtischen Berührungspunkten hat ihnen ihre Sittlichkeit erhalten. – Außer den erwähnten

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/39>, abgerufen am 21.11.2024.