Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Das Lehrerkollegium des Grauen Klosters bestand, als ich eintrat, aus einem Kreise von Gelehrten, die sich fast alle als Schriftsteller einen guten Namen erworben. Zwar sprach man noch immer gern von der alten ruhmvollen Zeit der früheren Gymnasialdirektoren. Johann Leonhard Frisch (gest. 1743) war nicht nur der Verfasser eines trefflichen deutschen Wörterbuches, sondern auch der Erfinder des Berliner Blau und ein eifriger Beförderer der Seidenzucht. Büsching (gest. 1795) glänzte durch seine bändereiche Geographie. Friedrich Gedike (gest. 1803), mit dem Beinamen: der Schulmonarch, wirkte nicht allein durch sein eminentes pädagogisches Talent, sondern auch durch seine weitverbreiteten Elementarbücher: allein so groß die Verdienste dieser Männer waren, so standen sie doch damals ziemlich allein, während jetzt eine Reihe von litterarischen Notabilitäten sich an den Direktor anschloß. Der Direktor Bellermann galt für einen vorzüglichen Kenner des Hebräischen, doch darf ich nicht verhehlen, daß Wilhelm v. Humboldt, der in Erfurt seinen Unterricht genossen, ihn nicht zu den Sommitäten in diesem Fache zählte. Außerdem hatte Bellermann sich durch eine Menge kleiner litterarischer Arbeiten bekannt gemacht, von denen man indessen behauptete, daß sie mehr durch ihre Zahl, als durch ihren Gehalt ins Gewicht fielen. Sein liebenswürdiger Karakter wurde allgemein anerkannt; das wahrhaft kollegialische Verhältniß der Lehrer unter einander soll, wie man mich versichert hat, erst durch ihn zur schönsten Ausbildung gelangt sein. Auch die Schüler waren ihm von Herzen zugethan; ich erinnre mich nicht, daß unter seinem Regimente eine irgend erhebliche disciplinarische Unordnung vorgekommen sei. Das Lehrerkollegium des Grauen Klosters bestand, als ich eintrat, aus einem Kreise von Gelehrten, die sich fast alle als Schriftsteller einen guten Namen erworben. Zwar sprach man noch immer gern von der alten ruhmvollen Zeit der früheren Gymnasialdirektoren. Johann Leonhard Frisch (gest. 1743) war nicht nur der Verfasser eines trefflichen deutschen Wörterbuches, sondern auch der Erfinder des Berliner Blau und ein eifriger Beförderer der Seidenzucht. Büsching (gest. 1795) glänzte durch seine bändereiche Geographie. Friedrich Gedike (gest. 1803), mit dem Beinamen: der Schulmonarch, wirkte nicht allein durch sein eminentes pädagogisches Talent, sondern auch durch seine weitverbreiteten Elementarbücher: allein so groß die Verdienste dieser Männer waren, so standen sie doch damals ziemlich allein, während jetzt eine Reihe von litterarischen Notabilitäten sich an den Direktor anschloß. Der Direktor Bellermann galt für einen vorzüglichen Kenner des Hebräischen, doch darf ich nicht verhehlen, daß Wilhelm v. Humboldt, der in Erfurt seinen Unterricht genossen, ihn nicht zu den Sommitäten in diesem Fache zählte. Außerdem hatte Bellermann sich durch eine Menge kleiner litterarischer Arbeiten bekannt gemacht, von denen man indessen behauptete, daß sie mehr durch ihre Zahl, als durch ihren Gehalt ins Gewicht fielen. Sein liebenswürdiger Karakter wurde allgemein anerkannt; das wahrhaft kollegialische Verhältniß der Lehrer unter einander soll, wie man mich versichert hat, erst durch ihn zur schönsten Ausbildung gelangt sein. Auch die Schüler waren ihm von Herzen zugethan; ich erinnre mich nicht, daß unter seinem Regimente eine irgend erhebliche disciplinarische Unordnung vorgekommen sei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0182" n="170"/> </p><lb/> <p>Das Lehrerkollegium des Grauen Klosters bestand, als ich eintrat, aus einem Kreise von Gelehrten, die sich fast alle als Schriftsteller einen guten Namen erworben. Zwar sprach man noch immer gern von der alten ruhmvollen Zeit der früheren Gymnasialdirektoren. 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Außerdem hatte Bellermann sich durch eine Menge kleiner litterarischer Arbeiten bekannt gemacht, von denen man indessen behauptete, daß sie mehr durch ihre Zahl, als durch ihren Gehalt ins Gewicht fielen. Sein liebenswürdiger Karakter wurde allgemein anerkannt; das wahrhaft kollegialische Verhältniß der Lehrer unter einander soll, wie man mich versichert hat, erst durch ihn zur schönsten Ausbildung gelangt sein. Auch die Schüler waren ihm von Herzen zugethan; ich erinnre mich nicht, daß unter seinem Regimente eine irgend erhebliche disciplinarische Unordnung vorgekommen sei. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0182]
Das Lehrerkollegium des Grauen Klosters bestand, als ich eintrat, aus einem Kreise von Gelehrten, die sich fast alle als Schriftsteller einen guten Namen erworben. Zwar sprach man noch immer gern von der alten ruhmvollen Zeit der früheren Gymnasialdirektoren. Johann Leonhard Frisch (gest. 1743) war nicht nur der Verfasser eines trefflichen deutschen Wörterbuches, sondern auch der Erfinder des Berliner Blau und ein eifriger Beförderer der Seidenzucht. Büsching (gest. 1795) glänzte durch seine bändereiche Geographie. Friedrich Gedike (gest. 1803), mit dem Beinamen: der Schulmonarch, wirkte nicht allein durch sein eminentes pädagogisches Talent, sondern auch durch seine weitverbreiteten Elementarbücher: allein so groß die Verdienste dieser Männer waren, so standen sie doch damals ziemlich allein, während jetzt eine Reihe von litterarischen Notabilitäten sich an den Direktor anschloß.
Der Direktor Bellermann galt für einen vorzüglichen Kenner des Hebräischen, doch darf ich nicht verhehlen, daß Wilhelm v. Humboldt, der in Erfurt seinen Unterricht genossen, ihn nicht zu den Sommitäten in diesem Fache zählte. Außerdem hatte Bellermann sich durch eine Menge kleiner litterarischer Arbeiten bekannt gemacht, von denen man indessen behauptete, daß sie mehr durch ihre Zahl, als durch ihren Gehalt ins Gewicht fielen. Sein liebenswürdiger Karakter wurde allgemein anerkannt; das wahrhaft kollegialische Verhältniß der Lehrer unter einander soll, wie man mich versichert hat, erst durch ihn zur schönsten Ausbildung gelangt sein. Auch die Schüler waren ihm von Herzen zugethan; ich erinnre mich nicht, daß unter seinem Regimente eine irgend erhebliche disciplinarische Unordnung vorgekommen sei.
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