Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Gustav? Ich stimmte ihm vollkommen bei, und wir nippten weiter. So? sagte der Grosvater, schmeckt er euch? nun das freut mich. Trinkt aus, und dann sollt ihr heute noch ein halbes Glas erhalten; dagegen wird euer Vater nichts einzuwenden haben. Bei dieser zweiten Portion verdoppelte Fritz seine Beifallsbezeugungen, und sagte zuletzt: er schmeckt fast wie Malaga! - I das wäre! erwiederte der Grosvater und kostete. - Eichmann'n, schnaubte er seine Frau an, was hast du da wieder für Zeug angerichtet! Gießest die Malaganeige und die Rothweinneige zusammen, damit die Jungens mir meine theuern Sorten aussaufen, u. s. w. Die Vertheidigung der keifenden Grosmutter gegen diese Invektiven konnte nur schwach ausfallen; indessen war der Schaden einmal geschehn, und der letzte Tropfen des veredelten Rothweines schmeckte uns nur um so besser. Den berühmten 1748er Rheinwein nannte der Grosvater seinen Zwillingsbruder, weil er in demselben Jahre geboren war. Er sprach davon wie von einem überirdischen Göttertrank, und machte die jungen Kehlen so lüstern danach, daß wir ihn oft baten, eine Flasche seines Vorrathes zum Besten zu geben. Ei, bewahre, rief er aus, wo werde ich euch Gelbschnäbel mit solchem unschätzbaren Getränke traktiren! da müßt ihr erst älter werden, um gehörig zu würdigen, was ihr durch die Gurgel jagt. Nach und nach wuchsen wir heran, und als die Bitte immer vergebens wiederholt wurde, merkten wir bald an der Art seiner Weigerung, daß er sein Vergnügen daran fand, sich recht bitten zu lassen. Wir nahmen uns daher vor, ihn gar nicht mehr zu quälen und uns gleichgültig zu stellen. Wenn er nun wieder das Gespräch auf seinen Gustav? Ich stimmte ihm vollkommen bei, und wir nippten weiter. So? sagte der Grosvater, schmeckt er euch? nun das freut mich. Trinkt aus, und dann sollt ihr heute noch ein halbes Glas erhalten; dagegen wird euer Vater nichts einzuwenden haben. Bei dieser zweiten Portion verdoppelte Fritz seine Beifallsbezeugungen, und sagte zuletzt: er schmeckt fast wie Malaga! – I das wäre! erwiederte der Grosvater und kostete. – Eichmann’n, schnaubte er seine Frau an, was hast du da wieder für Zeug angerichtet! Gießest die Malaganeige und die Rothweinneige zusammen, damit die Jungens mir meine theuern Sorten aussaufen, u. s. w. Die Vertheidigung der keifenden Grosmutter gegen diese Invektiven konnte nur schwach ausfallen; indessen war der Schaden einmal geschehn, und der letzte Tropfen des veredelten Rothweines schmeckte uns nur um so besser. Den berühmten 1748er Rheinwein nannte der Grosvater seinen Zwillingsbruder, weil er in demselben Jahre geboren war. Er sprach davon wie von einem überirdischen Göttertrank, und machte die jungen Kehlen so lüstern danach, daß wir ihn oft baten, eine Flasche seines Vorrathes zum Besten zu geben. Ei, bewahre, rief er aus, wo werde ich euch Gelbschnäbel mit solchem unschätzbaren Getränke traktiren! da müßt ihr erst älter werden, um gehörig zu würdigen, was ihr durch die Gurgel jagt. Nach und nach wuchsen wir heran, und als die Bitte immer vergebens wiederholt wurde, merkten wir bald an der Art seiner Weigerung, daß er sein Vergnügen daran fand, sich recht bitten zu lassen. Wir nahmen uns daher vor, ihn gar nicht mehr zu quälen und uns gleichgültig zu stellen. Wenn er nun wieder das Gespräch auf seinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0249" n="237"/> Gustav? Ich stimmte ihm vollkommen bei, und wir nippten weiter. So? sagte der Grosvater, schmeckt er euch? nun das freut mich. Trinkt aus, und dann sollt ihr heute noch ein halbes Glas erhalten; dagegen wird euer Vater nichts einzuwenden haben. </p><lb/> <p>Bei dieser zweiten Portion verdoppelte Fritz seine Beifallsbezeugungen, und sagte zuletzt: er schmeckt fast wie Malaga! – I das wäre! erwiederte der Grosvater und kostete. – Eichmann’n, schnaubte er seine Frau an, was hast du da wieder für Zeug angerichtet! Gießest die Malaganeige und die Rothweinneige zusammen, damit die Jungens mir meine theuern Sorten aussaufen, u. s. w. Die Vertheidigung der keifenden Grosmutter gegen diese Invektiven konnte nur schwach ausfallen; indessen war der Schaden einmal geschehn, und der letzte Tropfen des veredelten Rothweines schmeckte uns nur um so besser. </p><lb/> <p>Den berühmten 1748er Rheinwein nannte der Grosvater seinen Zwillingsbruder, weil er in demselben Jahre geboren war. Er sprach davon wie von einem überirdischen Göttertrank, und machte die jungen Kehlen so lüstern danach, daß wir ihn oft baten, eine Flasche seines Vorrathes zum Besten zu geben. Ei, bewahre, rief er aus, wo werde ich euch Gelbschnäbel mit solchem unschätzbaren Getränke traktiren! da müßt ihr erst älter werden, um gehörig zu würdigen, was ihr durch die Gurgel jagt. Nach und nach wuchsen wir heran, und als die Bitte immer vergebens wiederholt wurde, merkten wir bald an der Art seiner Weigerung, daß er sein Vergnügen daran fand, sich recht bitten zu lassen. Wir nahmen uns daher vor, ihn gar nicht mehr zu quälen und uns gleichgültig zu stellen. Wenn er nun wieder das Gespräch auf seinen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [237/0249]
Gustav? Ich stimmte ihm vollkommen bei, und wir nippten weiter. So? sagte der Grosvater, schmeckt er euch? nun das freut mich. Trinkt aus, und dann sollt ihr heute noch ein halbes Glas erhalten; dagegen wird euer Vater nichts einzuwenden haben.
Bei dieser zweiten Portion verdoppelte Fritz seine Beifallsbezeugungen, und sagte zuletzt: er schmeckt fast wie Malaga! – I das wäre! erwiederte der Grosvater und kostete. – Eichmann’n, schnaubte er seine Frau an, was hast du da wieder für Zeug angerichtet! Gießest die Malaganeige und die Rothweinneige zusammen, damit die Jungens mir meine theuern Sorten aussaufen, u. s. w. Die Vertheidigung der keifenden Grosmutter gegen diese Invektiven konnte nur schwach ausfallen; indessen war der Schaden einmal geschehn, und der letzte Tropfen des veredelten Rothweines schmeckte uns nur um so besser.
Den berühmten 1748er Rheinwein nannte der Grosvater seinen Zwillingsbruder, weil er in demselben Jahre geboren war. Er sprach davon wie von einem überirdischen Göttertrank, und machte die jungen Kehlen so lüstern danach, daß wir ihn oft baten, eine Flasche seines Vorrathes zum Besten zu geben. Ei, bewahre, rief er aus, wo werde ich euch Gelbschnäbel mit solchem unschätzbaren Getränke traktiren! da müßt ihr erst älter werden, um gehörig zu würdigen, was ihr durch die Gurgel jagt. Nach und nach wuchsen wir heran, und als die Bitte immer vergebens wiederholt wurde, merkten wir bald an der Art seiner Weigerung, daß er sein Vergnügen daran fand, sich recht bitten zu lassen. Wir nahmen uns daher vor, ihn gar nicht mehr zu quälen und uns gleichgültig zu stellen. Wenn er nun wieder das Gespräch auf seinen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |