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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Vollbringen, zwischen That und Erfolg, nirgend eine gerechte Abwägung von Strafen und Belohnungen wahrnahm. Dabei schien es mir um so wunderbarer, daß er, seiner alten Mutter zu Gefallen, sich entschlossen hatte, Theologie zu Studiren.

Einen schroffen Gregensatz zu den anregenden Gesprächen mit Paul bildete der Religionsunterricht, den ich mit meinen Geschwistern mehrere Jahre lang bei dem Superintendenten Lettow, einem Verwandten und Freunde des Eichmannschen Hauses privatim genoß. Nicht etwa, als ob Lettow uns mit starrer Orthodoxie zugesetzt hätte, gegen die jeder gesunde Sinn sich empört; er stammte noch aus der aufgeklärten Zeit Friedrichs des Großen, allein er machte durch die Langweiligkeit seines Vortrages die Religionsstunden zu einer wahren Pönitenz. Wenn von uns etwas vorzulesen oder herzusagen war, so konnte ihm dies nie langsam genug geschehn; er pflegte zu sagen, zwischen jeden zwei Worten müsse eine halbe Meile liegen. Danach läßt sich leicht ermessen, welchen Eindruck seine Predigten machten, von denen wir einige wenige, der Grosmutter Eichmann zu Gefallen besuchten. Zudem gehörte das Lokal, in dem wir unterrichtet wurden, zu den allerungünstigsten. Lettow bewohnte in der Spandauerstraße ein kleines enges Predigerhaus, das durch alle drei Stockwerke die finstersten Räume enthielt. Beim Eintritte in die stets verschlossene Hausthür befand man sich in völliger Dunkelheit, und mußte nach einer schmalen steilen Treppe hintappen, die an ihrem oberen Theile durch eine verhangene Glasthür matt erleuchtet wurde. Die enge Stube, in der wir saßen, war dumpfig und wurde gewiß selten gelüftet. Das einzige Fenster ging auf einen kleinen,

Vollbringen, zwischen That und Erfolg, nirgend eine gerechte Abwägung von Strafen und Belohnungen wahrnahm. Dabei schien es mir um so wunderbarer, daß er, seiner alten Mutter zu Gefallen, sich entschlossen hatte, Theologie zu Studiren.

Einen schroffen Gregensatz zu den anregenden Gesprächen mit Paul bildete der Religionsunterricht, den ich mit meinen Geschwistern mehrere Jahre lang bei dem Superintendenten Lettow, einem Verwandten und Freunde des Eichmannschen Hauses privatim genoß. Nicht etwa, als ob Lettow uns mit starrer Orthodoxie zugesetzt hätte, gegen die jeder gesunde Sinn sich empört; er stammte noch aus der aufgeklärten Zeit Friedrichs des Großen, allein er machte durch die Langweiligkeit seines Vortrages die Religionsstunden zu einer wahren Pönitenz. Wenn von uns etwas vorzulesen oder herzusagen war, so konnte ihm dies nie langsam genug geschehn; er pflegte zu sagen, zwischen jeden zwei Worten müsse eine halbe Meile liegen. Danach läßt sich leicht ermessen, welchen Eindruck seine Predigten machten, von denen wir einige wenige, der Grosmutter Eichmann zu Gefallen besuchten. Zudem gehörte das Lokal, in dem wir unterrichtet wurden, zu den allerungünstigsten. Lettow bewohnte in der Spandauerstraße ein kleines enges Predigerhaus, das durch alle drei Stockwerke die finstersten Räume enthielt. Beim Eintritte in die stets verschlossene Hausthür befand man sich in völliger Dunkelheit, und mußte nach einer schmalen steilen Treppe hintappen, die an ihrem oberen Theile durch eine verhangene Glasthür matt erleuchtet wurde. Die enge Stube, in der wir saßen, war dumpfig und wurde gewiß selten gelüftet. Das einzige Fenster ging auf einen kleinen,

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[169/0177] Vollbringen, zwischen That und Erfolg, nirgend eine gerechte Abwägung von Strafen und Belohnungen wahrnahm. Dabei schien es mir um so wunderbarer, daß er, seiner alten Mutter zu Gefallen, sich entschlossen hatte, Theologie zu Studiren. Einen schroffen Gregensatz zu den anregenden Gesprächen mit Paul bildete der Religionsunterricht, den ich mit meinen Geschwistern mehrere Jahre lang bei dem Superintendenten Lettow, einem Verwandten und Freunde des Eichmannschen Hauses privatim genoß. Nicht etwa, als ob Lettow uns mit starrer Orthodoxie zugesetzt hätte, gegen die jeder gesunde Sinn sich empört; er stammte noch aus der aufgeklärten Zeit Friedrichs des Großen, allein er machte durch die Langweiligkeit seines Vortrages die Religionsstunden zu einer wahren Pönitenz. Wenn von uns etwas vorzulesen oder herzusagen war, so konnte ihm dies nie langsam genug geschehn; er pflegte zu sagen, zwischen jeden zwei Worten müsse eine halbe Meile liegen. Danach läßt sich leicht ermessen, welchen Eindruck seine Predigten machten, von denen wir einige wenige, der Grosmutter Eichmann zu Gefallen besuchten. Zudem gehörte das Lokal, in dem wir unterrichtet wurden, zu den allerungünstigsten. Lettow bewohnte in der Spandauerstraße ein kleines enges Predigerhaus, das durch alle drei Stockwerke die finstersten Räume enthielt. Beim Eintritte in die stets verschlossene Hausthür befand man sich in völliger Dunkelheit, und mußte nach einer schmalen steilen Treppe hintappen, die an ihrem oberen Theile durch eine verhangene Glasthür matt erleuchtet wurde. Die enge Stube, in der wir saßen, war dumpfig und wurde gewiß selten gelüftet. Das einzige Fenster ging auf einen kleinen,

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/177>, abgerufen am 21.11.2024.