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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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H. Notars Finesse. Poeten sind durchtriebene
Füchse, und haben Wind von allem. Ein Gro¬
tius, der Humanist, war ein Gesandter -- ein
Dante, der Dichter, ein Staatsmann, ein Vol¬
taire, der beides, auch beides."

Vult lachte, nicht über den Schulmann, aber
über den gutherzigen Walt, als dieser sanft bei¬
fügte: "ich habe vielleicht aus Büchern mehr
Weltklugheit geschöpft, als Ihr denkt, liebe Mut¬
ter. -- Aber nun nach 2 Jahren, allgütiger
Gott! -- Wenigstens malen wollen wir uns heu¬
te die glänzende Zeit, wo alle hier frei und freu¬
dig leben, und ich nichts von allem brauche und
wünsche, weil ich zu glüklich auf zwei alten hei¬
ligen Höhen wohne, auf der Kanzel und dem
Musenberg" -- "Du sollst dann auch, sagte Lu¬
kas, strekversen den ganzen Tag, weil du doch
ein Narr darauf bist, wie dein Vater aufs Jus."
-- "Jezt aber werd' ich sehr aufmerksam, sagte
Walt, das Notarienwesen treiben, besonders da
ich es als mein erstes vorgeschriebenes Erbamt
versehe; das Advozieren kann nun wohl weg¬
bleiben." --

H. Notars Fineſſe. Poeten ſind durchtriebene
Fuͤchſe, und haben Wind von allem. Ein Gro¬
tius, der Humaniſt, war ein Geſandter — ein
Dante, der Dichter, ein Staatsmann, ein Vol¬
taire, der beides, auch beides.“

Vult lachte, nicht uͤber den Schulmann, aber
uͤber den gutherzigen Walt, als dieſer ſanft bei¬
fuͤgte: „ich habe vielleicht aus Buͤchern mehr
Weltklugheit geſchoͤpft, als Ihr denkt, liebe Mut¬
ter. — Aber nun nach 2 Jahren, allguͤtiger
Gott! — Wenigſtens malen wollen wir uns heu¬
te die glaͤnzende Zeit, wo alle hier frei und freu¬
dig leben, und ich nichts von allem brauche und
wuͤnſche, weil ich zu gluͤklich auf zwei alten hei¬
ligen Hoͤhen wohne, auf der Kanzel und dem
Muſenberg“ — „Du ſollſt dann auch, ſagte Lu¬
kas, ſtrekverſen den ganzen Tag, weil du doch
ein Narr darauf biſt, wie dein Vater aufs Jus.“
— „Jezt aber werd' ich ſehr aufmerkſam, ſagte
Walt, das Notarienweſen treiben, beſonders da
ich es als mein erſtes vorgeſchriebenes Erbamt
verſehe; das Advozieren kann nun wohl weg¬
bleiben.“ —

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[124/0134] H. Notars Fineſſe. Poeten ſind durchtriebene Fuͤchſe, und haben Wind von allem. Ein Gro¬ tius, der Humaniſt, war ein Geſandter — ein Dante, der Dichter, ein Staatsmann, ein Vol¬ taire, der beides, auch beides.“ Vult lachte, nicht uͤber den Schulmann, aber uͤber den gutherzigen Walt, als dieſer ſanft bei¬ fuͤgte: „ich habe vielleicht aus Buͤchern mehr Weltklugheit geſchoͤpft, als Ihr denkt, liebe Mut¬ ter. — Aber nun nach 2 Jahren, allguͤtiger Gott! — Wenigſtens malen wollen wir uns heu¬ te die glaͤnzende Zeit, wo alle hier frei und freu¬ dig leben, und ich nichts von allem brauche und wuͤnſche, weil ich zu gluͤklich auf zwei alten hei¬ ligen Hoͤhen wohne, auf der Kanzel und dem Muſenberg“ — „Du ſollſt dann auch, ſagte Lu¬ kas, ſtrekverſen den ganzen Tag, weil du doch ein Narr darauf biſt, wie dein Vater aufs Jus.“ — „Jezt aber werd' ich ſehr aufmerkſam, ſagte Walt, das Notarienweſen treiben, beſonders da ich es als mein erſtes vorgeſchriebenes Erbamt verſehe; das Advozieren kann nun wohl weg¬ bleiben.“ —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/134>, abgerufen am 21.11.2024.