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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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über den griechischen Phalanx, der bis in den
Tod kämpfte und liebte, über das deutsche Schuz-
und Truzbündnis befreundeter Männer; da greift
ihm das Verlangen nach der Freundschaft wie
ein Schmerz nach dem Herzen und er träumt
sich seufzend eine Seele, die sich sehnet wie er.
Wenn diese Seele -- das Schiksal will, daß
ichs sei -- endlich neben seinen schönen Augen voll
Thränen steht, alles recht gut erräth, ihm offen
entgegenkommt, ihn ihre Liebe, ihre Wünsche,
ihren guten Willen, wie klare Quellen durch¬
schauen lässet, gleichsam als wollte sie fragen,
ist dir weniges genug: so könnt' es wohl ein
zweites gutes Schicksal fügen, daß der Graf,
gleich Gott alle Seelen liebend, auch wie ein
Gott sich meine zum Sohne des Herzens er¬
wählte, der dem Gotte dann gleich werden
kann -- daß dann wir beide in der hellsten Le¬
bensstunde einen Bund ewiger, starker, unver¬
fälschter Liebe beschwüren". . . . .

Den Traum durchriß ein schöner langer
Jüngling, der in rother Uniform auf einem Eng¬
länder unten auf der Heerstraße vorüberflog,

uͤber den griechiſchen Phalanx, der bis in den
Tod kaͤmpfte und liebte, uͤber das deutſche Schuz-
und Truzbuͤndnis befreundeter Maͤnner; da greift
ihm das Verlangen nach der Freundſchaft wie
ein Schmerz nach dem Herzen und er traͤumt
ſich ſeufzend eine Seele, die ſich ſehnet wie er.
Wenn dieſe Seele — das Schikſal will, daß
ichs ſei — endlich neben ſeinen ſchoͤnen Augen voll
Thraͤnen ſteht, alles recht gut erraͤth, ihm offen
entgegenkommt, ihn ihre Liebe, ihre Wuͤnſche,
ihren guten Willen, wie klare Quellen durch¬
ſchauen laͤſſet, gleichſam als wollte ſie fragen,
iſt dir weniges genug: ſo koͤnnt' es wohl ein
zweites gutes Schickſal fuͤgen, daß der Graf,
gleich Gott alle Seelen liebend, auch wie ein
Gott ſich meine zum Sohne des Herzens er¬
waͤhlte, der dem Gotte dann gleich werden
kann — daß dann wir beide in der hellſten Le¬
bensſtunde einen Bund ewiger, ſtarker, unver¬
faͤlſchter Liebe beſchwuͤren“. . . . .

Den Traum durchriß ein ſchoͤner langer
Juͤngling, der in rother Uniform auf einem Eng¬
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[211/0221] uͤber den griechiſchen Phalanx, der bis in den Tod kaͤmpfte und liebte, uͤber das deutſche Schuz- und Truzbuͤndnis befreundeter Maͤnner; da greift ihm das Verlangen nach der Freundſchaft wie ein Schmerz nach dem Herzen und er traͤumt ſich ſeufzend eine Seele, die ſich ſehnet wie er. Wenn dieſe Seele — das Schikſal will, daß ichs ſei — endlich neben ſeinen ſchoͤnen Augen voll Thraͤnen ſteht, alles recht gut erraͤth, ihm offen entgegenkommt, ihn ihre Liebe, ihre Wuͤnſche, ihren guten Willen, wie klare Quellen durch¬ ſchauen laͤſſet, gleichſam als wollte ſie fragen, iſt dir weniges genug: ſo koͤnnt' es wohl ein zweites gutes Schickſal fuͤgen, daß der Graf, gleich Gott alle Seelen liebend, auch wie ein Gott ſich meine zum Sohne des Herzens er¬ waͤhlte, der dem Gotte dann gleich werden kann — daß dann wir beide in der hellſten Le¬ bensſtunde einen Bund ewiger, ſtarker, unver¬ faͤlſchter Liebe beſchwuͤren“. . . . . Den Traum durchriß ein ſchoͤner langer Juͤngling, der in rother Uniform auf einem Eng¬ laͤnder unten auf der Heerſtraße voruͤberflog,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/221>, abgerufen am 25.11.2024.