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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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oder sonst eine Göttin zur Ehe abgeholt, und ein
paar Taschen voll Weltkugeln als Brautgabe
dazu. -- Doch ists zu rühmen, wenn ein Mann
das Gallakleid der Lust noch so wenig abgetragen --
die Fäden zähl' ich auf meinem, -- ausgenom¬
men wenn der Mann nicht bedenkt, daß Zau¬
berschlösser leicht die Vorzimmer von Raubschlös¬
sern sind."

Aber jezt wies ihm Walt den Berg der heu¬
tigen Weinlese, den blauen Jüngling, und frag¬
te nach dessen Namen und Wohnung. Der
Bruder erwiederte gelassen, es sei der Graf Klo¬
thar, ein sehr reicher stolzer, sonderbarer Philo¬
soph, der fast den Britten spiele, sonst gut genug.
Dem Notar wollte der Ton nicht gefallen, er
legte Vulten Klothars reiche Worte und Kennt¬
nisse vor. Vult erwiederte, darin seh' er fast ei¬
nige merkliche Eitelkeit des Stolzes. "Ich
könnt' es nicht ertragen, versezte Walt, wenn
Menschen gewisser Größe demüthig wären." --
"Und ich kann, versezte Vult, es nicht erdulden,
wenn der englische Stolz, oder der irländische
oder der schottische, der sich sehr gut in Bücher¬

oder ſonſt eine Goͤttin zur Ehe abgeholt, und ein
paar Taſchen voll Weltkugeln als Brautgabe
dazu. — Doch iſts zu ruͤhmen, wenn ein Mann
das Gallakleid der Luſt noch ſo wenig abgetragen —
die Faͤden zaͤhl' ich auf meinem, — ausgenom¬
men wenn der Mann nicht bedenkt, daß Zau¬
berſchloͤſſer leicht die Vorzimmer von Raubſchloͤſ¬
ſern ſind.“

Aber jezt wies ihm Walt den Berg der heu¬
tigen Weinleſe, den blauen Juͤngling, und frag¬
te nach deſſen Namen und Wohnung. Der
Bruder erwiederte gelaſſen, es ſei der Graf Klo¬
thar, ein ſehr reicher ſtolzer, ſonderbarer Philo¬
ſoph, der faſt den Britten ſpiele, ſonſt gut genug.
Dem Notar wollte der Ton nicht gefallen, er
legte Vulten Klothars reiche Worte und Kennt¬
niſſe vor. Vult erwiederte, darin ſeh' er faſt ei¬
nige merkliche Eitelkeit des Stolzes. „Ich
koͤnnt' es nicht ertragen, verſezte Walt, wenn
Menſchen gewiſſer Groͤße demuͤthig waͤren.“ —
„Und ich kann, verſezte Vult, es nicht erdulden,
wenn der engliſche Stolz, oder der irlaͤndiſche
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[3/0011] oder ſonſt eine Goͤttin zur Ehe abgeholt, und ein paar Taſchen voll Weltkugeln als Brautgabe dazu. — Doch iſts zu ruͤhmen, wenn ein Mann das Gallakleid der Luſt noch ſo wenig abgetragen — die Faͤden zaͤhl' ich auf meinem, — ausgenom¬ men wenn der Mann nicht bedenkt, daß Zau¬ berſchloͤſſer leicht die Vorzimmer von Raubſchloͤſ¬ ſern ſind.“ Aber jezt wies ihm Walt den Berg der heu¬ tigen Weinleſe, den blauen Juͤngling, und frag¬ te nach deſſen Namen und Wohnung. Der Bruder erwiederte gelaſſen, es ſei der Graf Klo¬ thar, ein ſehr reicher ſtolzer, ſonderbarer Philo¬ ſoph, der faſt den Britten ſpiele, ſonſt gut genug. Dem Notar wollte der Ton nicht gefallen, er legte Vulten Klothars reiche Worte und Kennt¬ niſſe vor. Vult erwiederte, darin ſeh' er faſt ei¬ nige merkliche Eitelkeit des Stolzes. „Ich koͤnnt' es nicht ertragen, verſezte Walt, wenn Menſchen gewiſſer Groͤße demuͤthig waͤren.“ — „Und ich kann, verſezte Vult, es nicht erdulden, wenn der engliſche Stolz, oder der irlaͤndiſche oder der ſchottiſche, der ſich ſehr gut in Buͤcher¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/11>, abgerufen am 29.04.2024.