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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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dienste vorschüzen --. Und wie wollen Sie ihm
Ihre Freundschaft promulgieren? Denn blosses
Hegen derselben thuts nicht." --

"Von morgen an, sagte Walt unschuldig,
such' ich ihm so nahe zu kommen, daß er alles
deutlich lesen kann in meinem Herzen und Gesicht,
was die Liebe an ihn hineingeschrieben, Vult!"
-- "Van der Harnisch zum Henker! Was ist zu
Vulten? Sie bauen demnach auf Ihren Diskurs
und dessen Gewalt?" -- versezte Vult. "Ja
wohl, sagte Walt, was hat denn der Mensch
ausser so seltnen Thaten noch anderes?" -- Aber
den Flötenspieler überraschte an einem so beschei¬
denen Wesen, das höhere Stände vergötterte,
dieses stille feste Vertrauen auf Sieg ausnehmend.
Die Sache war indeß, daß der Notar schon seit
geraumen Jahren, wo er Petrarkas Leben gelesen,
sich für den zweiten Petrarka still ansah, nicht
blos in der ähnlichen Zeugungskraft kleiner Ge¬
dichte -- oder darin, daß der Welsche von sei¬
nem Vater nach Montpellier geschickt wurde, um
das Jus zu studieren, das er gegen Verse später
fahren lies -- sondern auch -- und hauptsächlich --

dienſte vorſchuͤzen —. Und wie wollen Sie ihm
Ihre Freundſchaft promulgieren? Denn bloſſes
Hegen derſelben thuts nicht.“ —

„Von morgen an, ſagte Walt unſchuldig,
ſuch' ich ihm ſo nahe zu kommen, daß er alles
deutlich leſen kann in meinem Herzen und Geſicht,
was die Liebe an ihn hineingeſchrieben, Vult!“
— „Van der Harniſch zum Henker! Was iſt zu
Vulten? Sie bauen demnach auf Ihren Diſkurs
und deſſen Gewalt?“ — verſezte Vult. „Ja
wohl, ſagte Walt, was hat denn der Menſch
auſſer ſo ſeltnen Thaten noch anderes?“ — Aber
den Floͤtenſpieler uͤberraſchte an einem ſo beſchei¬
denen Weſen, das hoͤhere Staͤnde vergoͤtterte,
dieſes ſtille feſte Vertrauen auf Sieg ausnehmend.
Die Sache war indeß, daß der Notar ſchon ſeit
geraumen Jahren, wo er Petrarkas Leben geleſen,
ſich fuͤr den zweiten Petrarka ſtill anſah, nicht
blos in der aͤhnlichen Zeugungskraft kleiner Ge¬
dichte — oder darin, daß der Welſche von ſei¬
nem Vater nach Montpellier geſchickt wurde, um
das Jus zu ſtudieren, das er gegen Verſe ſpaͤter
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[6/0014] dienſte vorſchuͤzen —. Und wie wollen Sie ihm Ihre Freundſchaft promulgieren? Denn bloſſes Hegen derſelben thuts nicht.“ — „Von morgen an, ſagte Walt unſchuldig, ſuch' ich ihm ſo nahe zu kommen, daß er alles deutlich leſen kann in meinem Herzen und Geſicht, was die Liebe an ihn hineingeſchrieben, Vult!“ — „Van der Harniſch zum Henker! Was iſt zu Vulten? Sie bauen demnach auf Ihren Diſkurs und deſſen Gewalt?“ — verſezte Vult. „Ja wohl, ſagte Walt, was hat denn der Menſch auſſer ſo ſeltnen Thaten noch anderes?“ — Aber den Floͤtenſpieler uͤberraſchte an einem ſo beſchei¬ denen Weſen, das hoͤhere Staͤnde vergoͤtterte, dieſes ſtille feſte Vertrauen auf Sieg ausnehmend. Die Sache war indeß, daß der Notar ſchon ſeit geraumen Jahren, wo er Petrarkas Leben geleſen, ſich fuͤr den zweiten Petrarka ſtill anſah, nicht blos in der aͤhnlichen Zeugungskraft kleiner Ge¬ dichte — oder darin, daß der Welſche von ſei¬ nem Vater nach Montpellier geſchickt wurde, um das Jus zu ſtudieren, das er gegen Verſe ſpaͤter fahren lies — ſondern auch — und hauptſaͤchlich —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/14>, abgerufen am 29.04.2024.