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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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heilig und zart alle insgeheim sind; wer wills
wissen? Aber mein Blut, daß weis ich, könnt'
ich für jede hingeben."

Da sprang der Flautist wie von Verwun¬
derung besessen im Zimmer auf und nieder,
schnappte mit beiden Händen wie mit Schnap¬
waifen, nickte mit dem Kopfe und wiederholte:
"vornehm gekleidetes!" -- Es wäre zu wün¬
schen, daß die Leserinnen sein anstößiges Erstau¬
nen wenn nicht rechtfertigen, doch entschuldigen
wollten mit den Verhältnissen, worein er auf
seinen großen Reisen gerathen muste, da es, wie
schon gemeldet worden, wenig grössere Städte
und höhere Stände gab, denen er nicht blies als
anerkannter Flötenmeister. Das bessert seinen
Handel um vieles.

Walt wurde von der mimischen Widerle¬
gung sehr beleidigt: "rede wenigstens, sagt' er,
denn dies widerlegt mich nicht." -- Aber Vult
versezte mit dem gleichgültigsten Tone von der
Welt: de gustibus non und so weiter. Von
etwas Schönerem! Aeussertest du nicht vorhin
etwas, als ob beide Dlles Neupeter sich in der

heilig und zart alle insgeheim ſind; wer wills
wiſſen? Aber mein Blut, daß weis ich, koͤnnt'
ich fuͤr jede hingeben.“

Da ſprang der Flautiſt wie von Verwun¬
derung beſeſſen im Zimmer auf und nieder,
ſchnappte mit beiden Haͤnden wie mit Schnap¬
waifen, nickte mit dem Kopfe und wiederholte:
„vornehm gekleidetes!“ — Es waͤre zu wuͤn¬
ſchen, daß die Leſerinnen ſein anſtoͤßiges Erſtau¬
nen wenn nicht rechtfertigen, doch entſchuldigen
wollten mit den Verhaͤltniſſen, worein er auf
ſeinen großen Reiſen gerathen muſte, da es, wie
ſchon gemeldet worden, wenig groͤſſere Staͤdte
und hoͤhere Staͤnde gab, denen er nicht blies als
anerkannter Floͤtenmeiſter. Das beſſert ſeinen
Handel um vieles.

Walt wurde von der mimiſchen Widerle¬
gung ſehr beleidigt: „rede wenigſtens, ſagt' er,
denn dies widerlegt mich nicht.“ — Aber Vult
verſezte mit dem gleichguͤltigſten Tone von der
Welt: de guſtibus non und ſo weiter. Von
etwas Schoͤnerem! Aeuſſerteſt du nicht vorhin
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[140/0148] heilig und zart alle insgeheim ſind; wer wills wiſſen? Aber mein Blut, daß weis ich, koͤnnt' ich fuͤr jede hingeben.“ Da ſprang der Flautiſt wie von Verwun¬ derung beſeſſen im Zimmer auf und nieder, ſchnappte mit beiden Haͤnden wie mit Schnap¬ waifen, nickte mit dem Kopfe und wiederholte: „vornehm gekleidetes!“ — Es waͤre zu wuͤn¬ ſchen, daß die Leſerinnen ſein anſtoͤßiges Erſtau¬ nen wenn nicht rechtfertigen, doch entſchuldigen wollten mit den Verhaͤltniſſen, worein er auf ſeinen großen Reiſen gerathen muſte, da es, wie ſchon gemeldet worden, wenig groͤſſere Staͤdte und hoͤhere Staͤnde gab, denen er nicht blies als anerkannter Floͤtenmeiſter. Das beſſert ſeinen Handel um vieles. Walt wurde von der mimiſchen Widerle¬ gung ſehr beleidigt: „rede wenigſtens, ſagt' er, denn dies widerlegt mich nicht.“ — Aber Vult verſezte mit dem gleichguͤltigſten Tone von der Welt: de guſtibus non und ſo weiter. Von etwas Schoͤnerem! Aeuſſerteſt du nicht vorhin etwas, als ob beide Dlles Neupeter ſich in der

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/148>, abgerufen am 16.05.2024.