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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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niers, wie wollet ihr zwei Figuren euch denn
auf Einer Leinwand paaren?" --

Walt schwieg verwundet, weil er sich gar
nicht für einen Teniers, sondern eher für ei¬
nen Petrarka ansah. Aber Vult drang heftig
auf das Bindemittel, das der Bruder sich zu¬
traue.

"Ich glaubte dadurch, sagt' er leise demü¬
thig, wenn ich ihn recht liebte." Vult wurde
etwas bewegt, blieb aber unerbittlich und sagte:
"um dir aber zuzutrauen, daß du deine Liebe
einem solchen Herrn zeigen könntest, must du
dich, so bescheiden du auch thust, innerlich
für einen zweiten Karpser halten, ganz ge¬
wiß?"

"Wer war dieser?" fragte Walt.

"Balbieramtsmeister in Hamburg, wovon
noch die Karpserstraße in der Stadt da ist, weil
er darin wohnte; ein Mann, darf ich dir sa¬
gen, von so feinen Sitten, so voll belebter Re¬
den, so zauberisch, daß Fürsten und Grafen,
die nach Hamburg kamen, ihr erstes und gröstes
Vergnügen nicht im Pestilenzhaus oder auf dem

niers, wie wollet ihr zwei Figuren euch denn
auf Einer Leinwand paaren?“ —

Walt ſchwieg verwundet, weil er ſich gar
nicht fuͤr einen Teniers, ſondern eher fuͤr ei¬
nen Petrarka anſah. Aber Vult drang heftig
auf das Bindemittel, das der Bruder ſich zu¬
traue.

„Ich glaubte dadurch, ſagt' er leiſe demuͤ¬
thig, wenn ich ihn recht liebte.“ Vult wurde
etwas bewegt, blieb aber unerbittlich und ſagte:
„um dir aber zuzutrauen, daß du deine Liebe
einem ſolchen Herrn zeigen koͤnnteſt, muſt du
dich, ſo beſcheiden du auch thuſt, innerlich
fuͤr einen zweiten Karpſer halten, ganz ge¬
wiß?“

„Wer war dieſer?“ fragte Walt.

„Balbieramtsmeiſter in Hamburg, wovon
noch die Karpſerſtraße in der Stadt da iſt, weil
er darin wohnte; ein Mann, darf ich dir ſa¬
gen, von ſo feinen Sitten, ſo voll belebter Re¬
den, ſo zauberiſch, daß Fuͤrſten und Grafen,
die nach Hamburg kamen, ihr erſtes und groͤſtes
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[193/0201] niers, wie wollet ihr zwei Figuren euch denn auf Einer Leinwand paaren?“ — Walt ſchwieg verwundet, weil er ſich gar nicht fuͤr einen Teniers, ſondern eher fuͤr ei¬ nen Petrarka anſah. Aber Vult drang heftig auf das Bindemittel, das der Bruder ſich zu¬ traue. „Ich glaubte dadurch, ſagt' er leiſe demuͤ¬ thig, wenn ich ihn recht liebte.“ Vult wurde etwas bewegt, blieb aber unerbittlich und ſagte: „um dir aber zuzutrauen, daß du deine Liebe einem ſolchen Herrn zeigen koͤnnteſt, muſt du dich, ſo beſcheiden du auch thuſt, innerlich fuͤr einen zweiten Karpſer halten, ganz ge¬ wiß?“ „Wer war dieſer?“ fragte Walt. „Balbieramtsmeiſter in Hamburg, wovon noch die Karpſerſtraße in der Stadt da iſt, weil er darin wohnte; ein Mann, darf ich dir ſa¬ gen, von ſo feinen Sitten, ſo voll belebter Re¬ den, ſo zauberiſch, daß Fuͤrſten und Grafen, die nach Hamburg kamen, ihr erſtes und groͤſtes Vergnuͤgen nicht im Peſtilenzhaus oder auf dem

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/201>, abgerufen am 21.11.2024.