Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

"Göttlich, göttlich! rief Walt und umhal¬
sete Vulten. Ich stehe dann auf dem Wagen¬
stern der Liebe und rolle durch Himmel. Aber,
wenn ich ihn habe, den Lieben, ja dann muß
ich durchaus -- noch denselben Abend -- mei¬
nen dürftigen Namen sagen; nicht nur ein heis¬
ses Herz, auch ein ofnes muß ich ihm bringen;
es thut dann nichts mehr." --

Allein der bunte Zauberrauch verzog und senk¬
te sich bald, womit seinen romantischen Geist an¬
fangs das Wagstück berauschte. Das Gewissen
stellte sich kalt mit der Wage hin und wog nach
Skrupeln. Er konnt' es nicht recht finden, die
Freundschaft mit einem Blendwerk anzufangen,
wenn er dieses auch nachher vertilge. Der Bru¬
der versicherte darauf, er woll' ihn blos für sei¬
nen Verwandten desselben Namens ausgeben,
was ja wahr sei, ferner das von im Feuer
der Rede vergessen: "aber wenn ich nun zulezt
sage, ich bin dein Zwillingsbruder, was sagst
denn du?" sagte Walt. -- "Herr Graf, sag'
ich -- versezte Vult -- er ist allerdings der Bru¬
der, ja Zwillingsbruder meines Herzens, und

„Goͤttlich, goͤttlich! rief Walt und umhal¬
ſete Vulten. Ich ſtehe dann auf dem Wagen¬
ſtern der Liebe und rolle durch Himmel. Aber,
wenn ich ihn habe, den Lieben, ja dann muß
ich durchaus — noch denſelben Abend — mei¬
nen duͤrftigen Namen ſagen; nicht nur ein heiſ¬
ſes Herz, auch ein ofnes muß ich ihm bringen;
es thut dann nichts mehr.“ —

Allein der bunte Zauberrauch verzog und ſenk¬
te ſich bald, womit ſeinen romantiſchen Geiſt an¬
fangs das Wagſtuͤck berauſchte. Das Gewiſſen
ſtellte ſich kalt mit der Wage hin und wog nach
Skrupeln. Er konnt' es nicht recht finden, die
Freundſchaft mit einem Blendwerk anzufangen,
wenn er dieſes auch nachher vertilge. Der Bru¬
der verſicherte darauf, er woll' ihn blos fuͤr ſei¬
nen Verwandten deſſelben Namens ausgeben,
was ja wahr ſei, ferner das von im Feuer
der Rede vergeſſen: „aber wenn ich nun zulezt
ſage, ich bin dein Zwillingsbruder, was ſagſt
denn du?“ ſagte Walt. — „Herr Graf, ſag'
ich — verſezte Vult — er iſt allerdings der Bru¬
der, ja Zwillingsbruder meines Herzens, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0206" n="198"/>
        <p>&#x201E;Go&#x0364;ttlich, go&#x0364;ttlich! rief Walt und umhal¬<lb/>
&#x017F;ete Vulten. Ich &#x017F;tehe dann auf dem Wagen¬<lb/>
&#x017F;tern der Liebe und rolle durch Himmel. Aber,<lb/>
wenn ich ihn habe, den Lieben, ja dann muß<lb/>
ich durchaus &#x2014; noch den&#x017F;elben Abend &#x2014; mei¬<lb/>
nen du&#x0364;rftigen Namen &#x017F;agen; nicht nur ein hei&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;es Herz, auch ein ofnes muß ich ihm bringen;<lb/>
es thut dann nichts mehr.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Allein der bunte Zauberrauch verzog und &#x017F;enk¬<lb/>
te &#x017F;ich bald, womit &#x017F;einen romanti&#x017F;chen Gei&#x017F;t an¬<lb/>
fangs das Wag&#x017F;tu&#x0364;ck berau&#x017F;chte. Das Gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;tellte &#x017F;ich kalt mit der Wage hin und wog nach<lb/>
Skrupeln. Er konnt' es nicht recht finden, die<lb/>
Freund&#x017F;chaft mit einem Blendwerk anzufangen,<lb/>
wenn er die&#x017F;es auch nachher vertilge. Der Bru¬<lb/>
der ver&#x017F;icherte darauf, er woll' ihn blos fu&#x0364;r &#x017F;ei¬<lb/>
nen Verwandten de&#x017F;&#x017F;elben Namens ausgeben,<lb/>
was ja wahr &#x017F;ei, ferner das <hi rendition="#g">von</hi> im Feuer<lb/>
der Rede verge&#x017F;&#x017F;en: &#x201E;aber wenn ich nun zulezt<lb/>
&#x017F;age, ich bin dein Zwillingsbruder, was &#x017F;ag&#x017F;t<lb/>
denn du?&#x201C; &#x017F;agte Walt. &#x2014; &#x201E;Herr Graf, &#x017F;ag'<lb/>
ich &#x2014; ver&#x017F;ezte Vult &#x2014; er i&#x017F;t allerdings der Bru¬<lb/>
der, ja Zwillingsbruder meines Herzens, und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0206] „Goͤttlich, goͤttlich! rief Walt und umhal¬ ſete Vulten. Ich ſtehe dann auf dem Wagen¬ ſtern der Liebe und rolle durch Himmel. Aber, wenn ich ihn habe, den Lieben, ja dann muß ich durchaus — noch denſelben Abend — mei¬ nen duͤrftigen Namen ſagen; nicht nur ein heiſ¬ ſes Herz, auch ein ofnes muß ich ihm bringen; es thut dann nichts mehr.“ — Allein der bunte Zauberrauch verzog und ſenk¬ te ſich bald, womit ſeinen romantiſchen Geiſt an¬ fangs das Wagſtuͤck berauſchte. Das Gewiſſen ſtellte ſich kalt mit der Wage hin und wog nach Skrupeln. Er konnt' es nicht recht finden, die Freundſchaft mit einem Blendwerk anzufangen, wenn er dieſes auch nachher vertilge. Der Bru¬ der verſicherte darauf, er woll' ihn blos fuͤr ſei¬ nen Verwandten deſſelben Namens ausgeben, was ja wahr ſei, ferner das von im Feuer der Rede vergeſſen: „aber wenn ich nun zulezt ſage, ich bin dein Zwillingsbruder, was ſagſt denn du?“ ſagte Walt. — „Herr Graf, ſag' ich — verſezte Vult — er iſt allerdings der Bru¬ der, ja Zwillingsbruder meines Herzens, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/206
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/206>, abgerufen am 21.11.2024.