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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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Walt dachte gleichfalls zu redlich, um vor
dem Grafen etwas anders, nur den schwächsten
Gedanken, zu verkleiden, als seinen Leib. Vult
hatte Recht gehabt, daß Große, die auf Reisen
und an Höfen an zwanzig Heere von Menschen
gesehen, nicht leicht den Nachtrab aus einem
Notarius sonderlich im Kopfe behalten und auf¬
heben; Klothar sah ihn ein wenig sinnend an,
kannte aber den viellockigen, zopflosen, dick¬
bindigen Kavalier in der Dämmerung nicht.

Lezterem wurd' es etwas eng in seiner Mei¬
naus-Haut. Die Verkleidungen in Romanen
bilden die in der Wirklichkeit den Menschen zu
lustig vor. Wie im Zimmer das Wetter, so ist
im Freien die schöne Natur der Nothpfennig und
Heckthaler des Gesprächs -- Walt hatte dem
Grafen kein Hehl, daß diese Stelle, (wo er ein¬
mal Abends dem Musiziren zugehöret hatte,) mit
der Katarakte hinter dem Rücken, der Vestalen-
Statue dabei, den fernen Höhen, ihre wahren
Reize habe. Klothar aber wollte wenig daraus
machen, sondern versicherte, jeder Park gefalle
nur einmal.

Walt dachte gleichfalls zu redlich, um vor
dem Grafen etwas anders, nur den ſchwaͤchſten
Gedanken, zu verkleiden, als ſeinen Leib. Vult
hatte Recht gehabt, daß Große, die auf Reiſen
und an Hoͤfen an zwanzig Heere von Menſchen
geſehen, nicht leicht den Nachtrab aus einem
Notarius ſonderlich im Kopfe behalten und auf¬
heben; Klothar ſah ihn ein wenig ſinnend an,
kannte aber den viellockigen, zopfloſen, dick¬
bindigen Kavalier in der Daͤmmerung nicht.

Lezterem wurd' es etwas eng in ſeiner Mei¬
naus-Haut. Die Verkleidungen in Romanen
bilden die in der Wirklichkeit den Menſchen zu
luſtig vor. Wie im Zimmer das Wetter, ſo iſt
im Freien die ſchoͤne Natur der Nothpfennig und
Heckthaler des Geſpraͤchs — Walt hatte dem
Grafen kein Hehl, daß dieſe Stelle, (wo er ein¬
mal Abends dem Muſiziren zugehoͤret hatte,) mit
der Katarakte hinter dem Ruͤcken, der Veſtalen-
Statue dabei, den fernen Hoͤhen, ihre wahren
Reize habe. Klothar aber wollte wenig daraus
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nur einmal.

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[209/0217] Walt dachte gleichfalls zu redlich, um vor dem Grafen etwas anders, nur den ſchwaͤchſten Gedanken, zu verkleiden, als ſeinen Leib. Vult hatte Recht gehabt, daß Große, die auf Reiſen und an Hoͤfen an zwanzig Heere von Menſchen geſehen, nicht leicht den Nachtrab aus einem Notarius ſonderlich im Kopfe behalten und auf¬ heben; Klothar ſah ihn ein wenig ſinnend an, kannte aber den viellockigen, zopfloſen, dick¬ bindigen Kavalier in der Daͤmmerung nicht. Lezterem wurd' es etwas eng in ſeiner Mei¬ naus-Haut. Die Verkleidungen in Romanen bilden die in der Wirklichkeit den Menſchen zu luſtig vor. Wie im Zimmer das Wetter, ſo iſt im Freien die ſchoͤne Natur der Nothpfennig und Heckthaler des Geſpraͤchs — Walt hatte dem Grafen kein Hehl, daß dieſe Stelle, (wo er ein¬ mal Abends dem Muſiziren zugehoͤret hatte,) mit der Katarakte hinter dem Ruͤcken, der Veſtalen- Statue dabei, den fernen Hoͤhen, ihre wahren Reize habe. Klothar aber wollte wenig daraus machen, ſondern verſicherte, jeder Park gefalle nur einmal.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/217>, abgerufen am 16.05.2024.