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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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nach Steller, -- von zwei Zwillingen habe je¬
derzeit der eine einen Wolf zum Vater: so bin
ich warlich dieser Wolfs-Bastard-Mestize-
Mondkalb, du schwerlich." Jezt, da wir
alle klar über die Verwicklung sprechen können,
darf ich dir sagen, daß du durchaus rein und
recht gegen den Grafen gehandelt; nur daß du
zu wenig Egoismus hast, um irgend einen zu
errathen. Klothar hat fast großen -- warlich,
ich greife heute niemand an, sondern schlage Dir
nach -- Aber die Philosophen, junge gar, wie
er, sind doch bei Gott den Augenblik egoistisch.
Menschenliebende Maximen und Moralien sind,
weist du, nur Scherwenzel; ein Licht ist kein
Feuer, ein Leuchter kein Ofen; dennoch meint
sämmtliches philosophisches Pak das Deutsch¬
land hinauf und hinab, sobald es nur sein Talg¬
licht in das Herz trage und auf den Tisch
setze, so heize das Licht beide Kammern zu¬
länglich."

"Lieber Vult -- sagte Walt mit der aller¬
zärtlichsten Stimme -- erlasse mir die Ant¬
wort; ich darf heute am wenigsten über den

nach Steller, — von zwei Zwillingen habe je¬
derzeit der eine einen Wolf zum Vater: ſo bin
ich warlich dieſer Wolfs-Baſtard-Meſtize-
Mondkalb, du ſchwerlich.“ Jezt, da wir
alle klar uͤber die Verwicklung ſprechen koͤnnen,
darf ich dir ſagen, daß du durchaus rein und
recht gegen den Grafen gehandelt; nur daß du
zu wenig Egoiſmus haſt, um irgend einen zu
errathen. Klothar hat faſt großen — warlich,
ich greife heute niemand an, ſondern ſchlage Dir
nach — Aber die Philoſophen, junge gar, wie
er, ſind doch bei Gott den Augenblik egoiſtiſch.
Menſchenliebende Maximen und Moralien ſind,
weiſt du, nur Scherwenzel; ein Licht iſt kein
Feuer, ein Leuchter kein Ofen; dennoch meint
ſaͤmmtliches philoſophiſches Pak das Deutſch¬
land hinauf und hinab, ſobald es nur ſein Talg¬
licht in das Herz trage und auf den Tiſch
ſetze, ſo heize das Licht beide Kammern zu¬
laͤnglich.“

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[228/0236] nach Steller, — von zwei Zwillingen habe je¬ derzeit der eine einen Wolf zum Vater: ſo bin ich warlich dieſer Wolfs-Baſtard-Meſtize- Mondkalb, du ſchwerlich.“ Jezt, da wir alle klar uͤber die Verwicklung ſprechen koͤnnen, darf ich dir ſagen, daß du durchaus rein und recht gegen den Grafen gehandelt; nur daß du zu wenig Egoiſmus haſt, um irgend einen zu errathen. Klothar hat faſt großen — warlich, ich greife heute niemand an, ſondern ſchlage Dir nach — Aber die Philoſophen, junge gar, wie er, ſind doch bei Gott den Augenblik egoiſtiſch. Menſchenliebende Maximen und Moralien ſind, weiſt du, nur Scherwenzel; ein Licht iſt kein Feuer, ein Leuchter kein Ofen; dennoch meint ſaͤmmtliches philoſophiſches Pak das Deutſch¬ land hinauf und hinab, ſobald es nur ſein Talg¬ licht in das Herz trage und auf den Tiſch ſetze, ſo heize das Licht beide Kammern zu¬ laͤnglich.“ „Lieber Vult — ſagte Walt mit der aller¬ zaͤrtlichſten Stimme — erlaſſe mir die Ant¬ wort; ich darf heute am wenigſten uͤber den

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/236>, abgerufen am 24.11.2024.