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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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einer thüringischen Geliebten in dem kurzen Won¬
nemonde unserer Liebe aus; -- mit andern aber
öfter -- und kündigte doch gleich darauf, wie
ein kopulierter Fürst, die Seelen-Trauung wie¬
der durch Kanonen-Schüsse und Mord-Knälle
an, weil ich wieder den kleinsten schönsten aller¬
liebsten Reif der Liebe für Schnee ansah --.
Bei solchen Umständen, das schwur ich feierlich,
heirathe der Teufel oder ein Gott; denn ist die
Person nicht abwesend, die man zu lieben hat (ab¬
wesend gehts sehr; auch brieflich) oder was eben
so gut ist, abgegangen mit Tod (Liebe und Testa¬
ment werden durch Sterben erst ewig): so hat
man nach den bekannten wenigen Flitter-Sekun¬
den seine Blei-Jahre, bringt sein Leben wie an
einem Kamin hin, halb den Steis im Feuer,
halb den Bauch im Frost oder wie ein Stük Eis
im Wasser, oben von der schönen Sonne, unten
durch die Wellen zerfliessend --. Und da schaue
Gott den Jammer! Jeder hüte sich, lehr' ich
oft genug, vor dem sauern Schmol- und Salz¬
geist, weil's keinen schlimmern giebt --. Daß
ich immer abreisete von alten Menschen zu neuen,

einer thuͤringiſchen Geliebten in dem kurzen Won¬
nemonde unſerer Liebe aus; — mit andern aber
oͤfter — und kuͤndigte doch gleich darauf, wie
ein kopulierter Fuͤrſt, die Seelen-Trauung wie¬
der durch Kanonen-Schuͤſſe und Mord-Knaͤlle
an, weil ich wieder den kleinſten ſchoͤnſten aller¬
liebſten Reif der Liebe fuͤr Schnee anſah —.
Bei ſolchen Umſtaͤnden, das ſchwur ich feierlich,
heirathe der Teufel oder ein Gott; denn iſt die
Perſon nicht abweſend, die man zu lieben hat (ab¬
weſend gehts ſehr; auch brieflich) oder was eben
ſo gut iſt, abgegangen mit Tod (Liebe und Teſta¬
ment werden durch Sterben erſt ewig): ſo hat
man nach den bekannten wenigen Flitter-Sekun¬
den ſeine Blei-Jahre, bringt ſein Leben wie an
einem Kamin hin, halb den Steis im Feuer,
halb den Bauch im Froſt oder wie ein Stuͤk Eis
im Waſſer, oben von der ſchoͤnen Sonne, unten
durch die Wellen zerflieſſend —. Und da ſchaue
Gott den Jammer! Jeder huͤte ſich, lehr' ich
oft genug, vor dem ſauern Schmol- und Salz¬
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[17/0025] einer thuͤringiſchen Geliebten in dem kurzen Won¬ nemonde unſerer Liebe aus; — mit andern aber oͤfter — und kuͤndigte doch gleich darauf, wie ein kopulierter Fuͤrſt, die Seelen-Trauung wie¬ der durch Kanonen-Schuͤſſe und Mord-Knaͤlle an, weil ich wieder den kleinſten ſchoͤnſten aller¬ liebſten Reif der Liebe fuͤr Schnee anſah —. Bei ſolchen Umſtaͤnden, das ſchwur ich feierlich, heirathe der Teufel oder ein Gott; denn iſt die Perſon nicht abweſend, die man zu lieben hat (ab¬ weſend gehts ſehr; auch brieflich) oder was eben ſo gut iſt, abgegangen mit Tod (Liebe und Teſta¬ ment werden durch Sterben erſt ewig): ſo hat man nach den bekannten wenigen Flitter-Sekun¬ den ſeine Blei-Jahre, bringt ſein Leben wie an einem Kamin hin, halb den Steis im Feuer, halb den Bauch im Froſt oder wie ein Stuͤk Eis im Waſſer, oben von der ſchoͤnen Sonne, unten durch die Wellen zerflieſſend —. Und da ſchaue Gott den Jammer! Jeder huͤte ſich, lehr' ich oft genug, vor dem ſauern Schmol- und Salz¬ geiſt, weil's keinen ſchlimmern giebt —. Daß ich immer abreiſete von alten Menſchen zu neuen,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/25>, abgerufen am 29.04.2024.