Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.ihm keine Hand geben dürfte. Der Notar be¬ ihm keine Hand geben duͤrfte. Der Notar be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="32"/> ihm keine Hand geben duͤrfte. Der Notar be¬<lb/> theuerte, daß er ſich es noch klar und ſuͤß erin¬<lb/> nere, wie ihn Blinden der Aurikeln-Geruch durch¬<lb/> drungen und ordentlich berauſcht und aufgeloͤſet<lb/> habe, und wie er ein peinliches Schmachten ge¬<lb/> fuͤhlt, nur eine Fingerſpize des Kindes, deſſen<lb/> ſuͤſſes Stimm'gen ihm fern, fern herzukommen<lb/> ſchien, anzuruͤhren. Und wie er die kuͤhlen Blu¬<lb/> menblaͤtter an ſeinen heiſſen Lippen todtgedruͤckt.<lb/> Dieſe Blumen-Geſchichte muſt' ihm, erzaͤhlt'<lb/> er, in der Krankheit und nachher in der Geſund¬<lb/> heit unzaͤhlige male erzaͤhlt werden, er habe aber<lb/> Wina nie aus ſeiner Kindheits-Daͤmmerung ge¬<lb/> laſſen und ſie ſpaͤter nie angeſehen, weil er es<lb/> fuͤr Suͤnde gegen dieſes fuͤr das Tageslicht or¬<lb/> dentlich zu heilige zarte Weſen gehalten. Wenn<lb/> anſehnliche Dichter ihre Arme und Fluͤgel zu¬<lb/> ſammenſtellen, um wie auf einem Minervens<lb/> Schilde eine Schoͤnheit empor zu heben durch<lb/> Wolken hindurch, uͤber ſchwache Monde, mit¬<lb/> ten unter die Nacht-Sonnen hinein: ſo hob<lb/> doch Walt die ungeſehene ſuͤß ſprechende Wina<lb/> viel hoͤher naͤmlich in das dunkle tiefſte Sternen¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0040]
ihm keine Hand geben duͤrfte. Der Notar be¬
theuerte, daß er ſich es noch klar und ſuͤß erin¬
nere, wie ihn Blinden der Aurikeln-Geruch durch¬
drungen und ordentlich berauſcht und aufgeloͤſet
habe, und wie er ein peinliches Schmachten ge¬
fuͤhlt, nur eine Fingerſpize des Kindes, deſſen
ſuͤſſes Stimm'gen ihm fern, fern herzukommen
ſchien, anzuruͤhren. Und wie er die kuͤhlen Blu¬
menblaͤtter an ſeinen heiſſen Lippen todtgedruͤckt.
Dieſe Blumen-Geſchichte muſt' ihm, erzaͤhlt'
er, in der Krankheit und nachher in der Geſund¬
heit unzaͤhlige male erzaͤhlt werden, er habe aber
Wina nie aus ſeiner Kindheits-Daͤmmerung ge¬
laſſen und ſie ſpaͤter nie angeſehen, weil er es
fuͤr Suͤnde gegen dieſes fuͤr das Tageslicht or¬
dentlich zu heilige zarte Weſen gehalten. Wenn
anſehnliche Dichter ihre Arme und Fluͤgel zu¬
ſammenſtellen, um wie auf einem Minervens
Schilde eine Schoͤnheit empor zu heben durch
Wolken hindurch, uͤber ſchwache Monde, mit¬
ten unter die Nacht-Sonnen hinein: ſo hob
doch Walt die ungeſehene ſuͤß ſprechende Wina
viel hoͤher naͤmlich in das dunkle tiefſte Sternen¬
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