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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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beitszeug schöner Finger. Das Pianoforte war
fast wie gestimmt, nur zu hoch um einen Ton
-- eine Stimmgabel lag dabei -- auf den Tasten
waren die Nummern der Seiten, auf dem Sang¬
boden neben den Stiften das Tasten-Abc mit
schwärzerer Dinte retouchiert -- für Stille war
in der Nachbarschaft gesorgt -- und Kuhnold
kam zuweilen nachschauend, aber ohne ein Wort
zu sagen. Er bot den Notarien ein Frühstück
an. "Wollte Gott, dachte Walt, eine oder
die andere Tochter trüg' es herein!" Eine runz¬
liche ehrliche männliche Haut von mehr Jahren
als Haaren bracht' es so freundlich als sei sie
in der That der Wirth. -- --

Redlicher Bürgermeister van Haslau, lasse
mich in dieser Minute wo ich eben die folgende
Nummer und Naturalie Grosmaul oder
Wydmonder sammt Dokumenten von dir
und der Post erhalte, die Geschichte mit der Ver¬
sicherung stören, daß ich wissen würde, wie hoch
ich dich zu stellen habe -- wärest du auch weni¬
ger der Schirmherr des ewig in Schlingen gehen¬
den Notars --, schon daraus mein' ich, daß du

Flegeljahre II. Bd. 4

beitszeug ſchoͤner Finger. Das Pianoforte war
faſt wie geſtimmt, nur zu hoch um einen Ton
— eine Stimmgabel lag dabei — auf den Taſten
waren die Nummern der Seiten, auf dem Sang¬
boden neben den Stiften das Taſten-Abc mit
ſchwaͤrzerer Dinte retouchiert — fuͤr Stille war
in der Nachbarſchaft geſorgt — und Kuhnold
kam zuweilen nachſchauend, aber ohne ein Wort
zu ſagen. Er bot den Notarien ein Fruͤhſtuͤck
an. „Wollte Gott, dachte Walt, eine oder
die andere Tochter truͤg' es herein!“ Eine runz¬
liche ehrliche maͤnnliche Haut von mehr Jahren
als Haaren bracht' es ſo freundlich als ſei ſie
in der That der Wirth. — —

Redlicher Buͤrgermeiſter van Haslau, laſſe
mich in dieſer Minute wo ich eben die folgende
Nummer und Naturalie Grosmaul oder
Wydmonder ſammt Dokumenten von dir
und der Poſt erhalte, die Geſchichte mit der Ver¬
ſicherung ſtoͤren, daß ich wiſſen wuͤrde, wie hoch
ich dich zu ſtellen habe — waͤreſt du auch weni¬
ger der Schirmherr des ewig in Schlingen gehen¬
den Notars —, ſchon daraus mein' ich, daß du

Flegeljahre II. Bd. 4
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[41/0049] beitszeug ſchoͤner Finger. Das Pianoforte war faſt wie geſtimmt, nur zu hoch um einen Ton — eine Stimmgabel lag dabei — auf den Taſten waren die Nummern der Seiten, auf dem Sang¬ boden neben den Stiften das Taſten-Abc mit ſchwaͤrzerer Dinte retouchiert — fuͤr Stille war in der Nachbarſchaft geſorgt — und Kuhnold kam zuweilen nachſchauend, aber ohne ein Wort zu ſagen. Er bot den Notarien ein Fruͤhſtuͤck an. „Wollte Gott, dachte Walt, eine oder die andere Tochter truͤg' es herein!“ Eine runz¬ liche ehrliche maͤnnliche Haut von mehr Jahren als Haaren bracht' es ſo freundlich als ſei ſie in der That der Wirth. — — Redlicher Buͤrgermeiſter van Haslau, laſſe mich in dieſer Minute wo ich eben die folgende Nummer und Naturalie Grosmaul oder Wydmonder ſammt Dokumenten von dir und der Poſt erhalte, die Geſchichte mit der Ver¬ ſicherung ſtoͤren, daß ich wiſſen wuͤrde, wie hoch ich dich zu ſtellen habe — waͤreſt du auch weni¬ ger der Schirmherr des ewig in Schlingen gehen¬ den Notars —, ſchon daraus mein' ich, daß du Flegeljahre II. Bd. 4

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/49>, abgerufen am 29.04.2024.