Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

Zu Buchhändler Pasvogel zogen darauf bei¬
de Notars. Dem Flügel des Stimm-Hauses
fehlte nicht so sehr die Stimmung als Saiten
dazu. Statt des Stimmhammers muste Walt
mit einem Gewölb-Schlüssel drehen und arbeiten
für Musikschlüssel. Ein geschmüktes schönes Mäd¬
gen von 15 Jahren, Pasvogels Nichte, führte ei¬
nen Knaben von 5, dessen Sohn, in seinem Hem¬
de herum und suchte leise-singend, eine leise Tanz-
Musik aus den zufälligen Stimm-Tönen zusam¬
men zu weben für den jungen Satan. Der Kon¬
trast des kleinen Hemdes und der langen Chemi¬
se war artig genug. Plözlich sprangen die drei
Saiten a, c, h, nach Haslauer offiziellen Be¬
richten, welche gleichwohl nicht festsezen, in wel¬
chen gestrichnen Oktaven. "Ja lauter Lettern
aus ihrem Namen, G. Harnisch Pasvos
gel." Sie wissen doch die musikalische Aneckdo¬
te von Bach. Es fehlt ihnen nur mein p! --
"Ich stimme am b, sagte Walt, aber für das
Springen kann ich nicht." -- Da der hinkende
Notar so viel Verstand besaß, um einzusehen,
daß ein Stimm-Schlüssel nicht drei Saiten auf

Zu Buchhaͤndler Pasvogel zogen darauf bei¬
de Notars. Dem Fluͤgel des Stimm-Hauſes
fehlte nicht ſo ſehr die Stimmung als Saiten
dazu. Statt des Stimmhammers muſte Walt
mit einem Gewoͤlb-Schluͤſſel drehen und arbeiten
fuͤr Muſikſchluͤſſel. Ein geſchmuͤktes ſchoͤnes Maͤd¬
gen von 15 Jahren, Pasvogels Nichte, fuͤhrte ei¬
nen Knaben von 5, deſſen Sohn, in ſeinem Hem¬
de herum und ſuchte leiſe-ſingend, eine leiſe Tanz-
Muſik aus den zufaͤlligen Stimm-Toͤnen zuſam¬
men zu weben fuͤr den jungen Satan. Der Kon¬
traſt des kleinen Hemdes und der langen Chemi¬
ſe war artig genug. Ploͤzlich ſprangen die drei
Saiten a, c, h, nach Haslauer offiziellen Be¬
richten, welche gleichwohl nicht feſtſezen, in wel¬
chen geſtrichnen Oktaven. „Ja lauter Lettern
aus ihrem Namen, G. Harniſch Pasvos
gel.“ Sie wiſſen doch die muſikaliſche Aneckdo¬
te von Bach. Es fehlt ihnen nur mein p! —
„Ich ſtimme am b, ſagte Walt, aber fuͤr das
Springen kann ich nicht.“ — Da der hinkende
Notar ſo viel Verſtand beſaß, um einzuſehen,
daß ein Stimm-Schluͤſſel nicht drei Saiten auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0051" n="43"/>
        <p>Zu Buchha&#x0364;ndler Pasvogel zogen darauf bei¬<lb/>
de Notars. Dem Flu&#x0364;gel des Stimm-Hau&#x017F;es<lb/>
fehlte nicht &#x017F;o &#x017F;ehr die Stimmung als Saiten<lb/>
dazu. Statt des Stimmhammers mu&#x017F;te Walt<lb/>
mit einem Gewo&#x0364;lb-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el drehen und arbeiten<lb/>
fu&#x0364;r Mu&#x017F;ik&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el. Ein ge&#x017F;chmu&#x0364;ktes &#x017F;cho&#x0364;nes Ma&#x0364;<lb/>
gen von 15 Jahren, Pasvogels Nichte, fu&#x0364;hrte ei¬<lb/>
nen Knaben von 5, de&#x017F;&#x017F;en Sohn, in &#x017F;einem Hem¬<lb/>
de herum und &#x017F;uchte lei&#x017F;e-&#x017F;ingend, eine lei&#x017F;e Tanz-<lb/>
Mu&#x017F;ik aus den zufa&#x0364;lligen Stimm-To&#x0364;nen zu&#x017F;am¬<lb/>
men zu weben fu&#x0364;r den jungen Satan. Der Kon¬<lb/>
tra&#x017F;t des kleinen Hemdes und der langen Chemi¬<lb/>
&#x017F;e war artig genug. Plo&#x0364;zlich &#x017F;prangen die drei<lb/>
Saiten <hi rendition="#aq">a</hi>, <hi rendition="#aq">c</hi>, <hi rendition="#aq">h</hi>, nach Haslauer offiziellen Be¬<lb/>
richten, welche gleichwohl nicht fe&#x017F;t&#x017F;ezen, in wel¬<lb/>
chen ge&#x017F;trichnen Oktaven. &#x201E;Ja lauter Lettern<lb/>
aus ihrem Namen, <hi rendition="#aq">G</hi>. <hi rendition="#aq">Harni&#x017F;ch</hi> Pasvos<lb/>
gel.&#x201C; Sie wi&#x017F;&#x017F;en doch die mu&#x017F;ikali&#x017F;che Aneckdo¬<lb/>
te von Bach. Es fehlt ihnen nur mein <hi rendition="#aq">p</hi>! &#x2014;<lb/>
&#x201E;Ich &#x017F;timme am <hi rendition="#aq">b</hi>, &#x017F;agte Walt, aber fu&#x0364;r das<lb/>
Springen kann ich nicht.&#x201C; &#x2014; Da der hinkende<lb/>
Notar &#x017F;o viel Ver&#x017F;tand be&#x017F;aß, um einzu&#x017F;ehen,<lb/>
daß ein Stimm-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el nicht drei Saiten auf<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0051] Zu Buchhaͤndler Pasvogel zogen darauf bei¬ de Notars. Dem Fluͤgel des Stimm-Hauſes fehlte nicht ſo ſehr die Stimmung als Saiten dazu. Statt des Stimmhammers muſte Walt mit einem Gewoͤlb-Schluͤſſel drehen und arbeiten fuͤr Muſikſchluͤſſel. Ein geſchmuͤktes ſchoͤnes Maͤd¬ gen von 15 Jahren, Pasvogels Nichte, fuͤhrte ei¬ nen Knaben von 5, deſſen Sohn, in ſeinem Hem¬ de herum und ſuchte leiſe-ſingend, eine leiſe Tanz- Muſik aus den zufaͤlligen Stimm-Toͤnen zuſam¬ men zu weben fuͤr den jungen Satan. Der Kon¬ traſt des kleinen Hemdes und der langen Chemi¬ ſe war artig genug. Ploͤzlich ſprangen die drei Saiten a, c, h, nach Haslauer offiziellen Be¬ richten, welche gleichwohl nicht feſtſezen, in wel¬ chen geſtrichnen Oktaven. „Ja lauter Lettern aus ihrem Namen, G. Harniſch Pasvos gel.“ Sie wiſſen doch die muſikaliſche Aneckdo¬ te von Bach. Es fehlt ihnen nur mein p! — „Ich ſtimme am b, ſagte Walt, aber fuͤr das Springen kann ich nicht.“ — Da der hinkende Notar ſo viel Verſtand beſaß, um einzuſehen, daß ein Stimm-Schluͤſſel nicht drei Saiten auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/51
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/51>, abgerufen am 16.05.2024.