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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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solchen Ehrentage ein neuerer Petrarka zu sein,
oder ein in einem Dorfe gebrochner Juwel, der
sich auf der Edelsteinmühle der Stadt schon sehr
ausgeschliffen. Er hielt sich vor, das sei das
erstemal, daß er in den schimmernden Thier-
Kreis des feinsten Cercle oder Kränzgens rücke.
"Gott, wie fein werden sie alles drehen, sagte
er sich, und vor Tournüre kaum reden! Ma¬
dam -- kann der Graf sagen -- ich bin zu glück¬
lich, um es zu sein. H. Graf, kann sie ver¬
setzen, Ihr Verdienst und Ihre Schuld -- Darf
man das Errathen errathen, fragt er -- Sollte
Fragen mehr erlaubt sein als Antworten -- frag¬
te Sie -- Das eine erspart das andere, versezt
er. Oh Graf sagt sie -- Aber Madam, sagt
er; denn nun können sie vor Feinheit nichts mehr
vorbringen, und wenn sie toll würden. Ich
für meine Person seze vieles in den Hoppelpoppel
oder das Herz."

Walt goß sich bei Zeiten seinen Sonntags-
Beschlag, den Nanking, als sein eigner Gelb¬
gießer über und sezte statt des braunflammigen
Hutes -- den wollt' er in der Hand tragen --

ſolchen Ehrentage ein neuerer Petrarka zu ſein,
oder ein in einem Dorfe gebrochner Juwel, der
ſich auf der Edelſteinmuͤhle der Stadt ſchon ſehr
ausgeſchliffen. Er hielt ſich vor, das ſei das
erſtemal, daß er in den ſchimmernden Thier-
Kreis des feinſten Cercle oder Kraͤnzgens ruͤcke.
„Gott, wie fein werden ſie alles drehen, ſagte
er ſich, und vor Tournuͤre kaum reden! Ma¬
dam — kann der Graf ſagen — ich bin zu gluͤck¬
lich, um es zu ſein. H. Graf, kann ſie ver¬
ſetzen, Ihr Verdienſt und Ihre Schuld — Darf
man das Errathen errathen, fragt er — Sollte
Fragen mehr erlaubt ſein als Antworten — frag¬
te Sie — Das eine erſpart das andere, verſezt
er. Oh Graf ſagt ſie — Aber Madam, ſagt
er; denn nun koͤnnen ſie vor Feinheit nichts mehr
vorbringen, und wenn ſie toll wuͤrden. Ich
fuͤr meine Perſon ſeze vieles in den Hoppelpoppel
oder das Herz.“

Walt goß ſich bei Zeiten ſeinen Sonntags-
Beſchlag, den Nanking, als ſein eigner Gelb¬
gießer uͤber und ſezte ſtatt des braunflammigen
Hutes — den wollt' er in der Hand tragen —

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[61/0069] ſolchen Ehrentage ein neuerer Petrarka zu ſein, oder ein in einem Dorfe gebrochner Juwel, der ſich auf der Edelſteinmuͤhle der Stadt ſchon ſehr ausgeſchliffen. Er hielt ſich vor, das ſei das erſtemal, daß er in den ſchimmernden Thier- Kreis des feinſten Cercle oder Kraͤnzgens ruͤcke. „Gott, wie fein werden ſie alles drehen, ſagte er ſich, und vor Tournuͤre kaum reden! Ma¬ dam — kann der Graf ſagen — ich bin zu gluͤck¬ lich, um es zu ſein. H. Graf, kann ſie ver¬ ſetzen, Ihr Verdienſt und Ihre Schuld — Darf man das Errathen errathen, fragt er — Sollte Fragen mehr erlaubt ſein als Antworten — frag¬ te Sie — Das eine erſpart das andere, verſezt er. Oh Graf ſagt ſie — Aber Madam, ſagt er; denn nun koͤnnen ſie vor Feinheit nichts mehr vorbringen, und wenn ſie toll wuͤrden. Ich fuͤr meine Perſon ſeze vieles in den Hoppelpoppel oder das Herz.“ Walt goß ſich bei Zeiten ſeinen Sonntags- Beſchlag, den Nanking, als ſein eigner Gelb¬ gießer uͤber und ſezte ſtatt des braunflammigen Hutes — den wollt' er in der Hand tragen —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/69>, abgerufen am 21.11.2024.