Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

und darauf stolz zu machen." Wenn Flitte
etwas gar nicht begriff, so fragte er nichts
darnach, sondern sagte schnell Ja. Walt
heftete jezt in Einem fort recht sichtbar die Augen
auf Raphaelens Taille, um sie damit bekannt zu
machen. Die Blonde schielte von seinen Bli¬
cken zurück und suchte sich tugendhaft zu be¬
unruhigen über die Frechheit des jungen Har¬
nisch.

"Wer mir lieber, Herr? Die Blonde oder
Braune?" (sagte der Hofagent vom Weine lu¬
stig) -- Auf jeden Fall die Blonde, sag' ich;
denn sie kostet vierteljährlich der Kassa zwölf
Groschen weniger. Für 3. thlr. 12 gr. gutes Geld
verkauft der Mundkoch Goullon in Weimar sei¬
ne Flasche rothen Schminckessig (vinaigre de
rouge
) nota bene für Blonde; für Braune
hingegen jede um nette 4 thlr.; hat sie vollends
schwarzes Haar, so muß ich gar die Flasche zu
4 thlr. 12 gr. verschreiben. Raphel! Du sollst
leben!" -- Cher pere versezte sie, nenuen Sie
mich doch nur Raphaela. -- "Er verdients,
(dachte Walt betroffen über Neupeters Unschick¬

und darauf ſtolz zu machen.“ Wenn Flitte
etwas gar nicht begriff, ſo fragte er nichts
darnach, ſondern ſagte ſchnell Ja. Walt
heftete jezt in Einem fort recht ſichtbar die Augen
auf Raphaelens Taille, um ſie damit bekannt zu
machen. Die Blonde ſchielte von ſeinen Bli¬
cken zuruͤck und ſuchte ſich tugendhaft zu be¬
unruhigen uͤber die Frechheit des jungen Har¬
niſch.

„Wer mir lieber, Herr? Die Blonde oder
Braune?“ (ſagte der Hofagent vom Weine lu¬
ſtig) — Auf jeden Fall die Blonde, ſag' ich;
denn ſie koſtet vierteljaͤhrlich der Kaſſa zwoͤlf
Groſchen weniger. Fuͤr 3. thlr. 12 gr. gutes Geld
verkauft der Mundkoch Goullon in Weimar ſei¬
ne Flaſche rothen Schminckeſſig (vinaigre de
rouge
) nota bene fuͤr Blonde; fuͤr Braune
hingegen jede um nette 4 thlr.; hat ſie vollends
ſchwarzes Haar, ſo muß ich gar die Flaſche zu
4 thlr. 12 gr. verſchreiben. Raphel! Du ſollſt
leben!“ — Cher père verſezte ſie, nenuen Sie
mich doch nur Raphaela. — „Er verdients,
(dachte Walt betroffen uͤber Neupeters Unſchick¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0082" n="74"/>
und darauf &#x017F;tolz zu machen.&#x201C; Wenn Flitte<lb/>
etwas gar nicht begriff, &#x017F;o fragte er nichts<lb/>
darnach, &#x017F;ondern &#x017F;agte &#x017F;chnell Ja. Walt<lb/>
heftete jezt in Einem fort recht &#x017F;ichtbar die Augen<lb/>
auf Raphaelens Taille, um &#x017F;ie damit bekannt zu<lb/>
machen. Die Blonde &#x017F;chielte von &#x017F;einen Bli¬<lb/>
cken zuru&#x0364;ck und &#x017F;uchte &#x017F;ich tugendhaft zu be¬<lb/>
unruhigen u&#x0364;ber die Frechheit des jungen Har¬<lb/>
ni&#x017F;ch.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer mir lieber, Herr? Die Blonde oder<lb/>
Braune?&#x201C; (&#x017F;agte der Hofagent vom Weine lu¬<lb/>
&#x017F;tig) &#x2014; Auf jeden Fall die Blonde, &#x017F;ag' ich;<lb/>
denn &#x017F;ie ko&#x017F;tet viertelja&#x0364;hrlich der Ka&#x017F;&#x017F;a zwo&#x0364;lf<lb/>
Gro&#x017F;chen weniger. Fu&#x0364;r 3. thlr. 12 gr. gutes Geld<lb/>
verkauft der Mundkoch <hi rendition="#aq">Goullon</hi> in Weimar &#x017F;ei¬<lb/>
ne Fla&#x017F;che rothen Schmincke&#x017F;&#x017F;ig (<hi rendition="#aq">vinaigre de<lb/>
rouge</hi>) <hi rendition="#aq">nota bene</hi> fu&#x0364;r Blonde; fu&#x0364;r Braune<lb/>
hingegen jede um nette 4 thlr.; hat &#x017F;ie vollends<lb/>
&#x017F;chwarzes Haar, &#x017F;o muß ich gar die Fla&#x017F;che zu<lb/>
4 thlr. 12 gr. ver&#x017F;chreiben. Raphel! Du &#x017F;oll&#x017F;t<lb/>
leben!&#x201C; &#x2014; <hi rendition="#aq">Cher père</hi> ver&#x017F;ezte &#x017F;ie, nenuen Sie<lb/>
mich doch nur Raphaela. &#x2014; &#x201E;Er verdients,<lb/>
(dachte Walt betroffen u&#x0364;ber Neupeters Un&#x017F;chick¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0082] und darauf ſtolz zu machen.“ Wenn Flitte etwas gar nicht begriff, ſo fragte er nichts darnach, ſondern ſagte ſchnell Ja. Walt heftete jezt in Einem fort recht ſichtbar die Augen auf Raphaelens Taille, um ſie damit bekannt zu machen. Die Blonde ſchielte von ſeinen Bli¬ cken zuruͤck und ſuchte ſich tugendhaft zu be¬ unruhigen uͤber die Frechheit des jungen Har¬ niſch. „Wer mir lieber, Herr? Die Blonde oder Braune?“ (ſagte der Hofagent vom Weine lu¬ ſtig) — Auf jeden Fall die Blonde, ſag' ich; denn ſie koſtet vierteljaͤhrlich der Kaſſa zwoͤlf Groſchen weniger. Fuͤr 3. thlr. 12 gr. gutes Geld verkauft der Mundkoch Goullon in Weimar ſei¬ ne Flaſche rothen Schminckeſſig (vinaigre de rouge) nota bene fuͤr Blonde; fuͤr Braune hingegen jede um nette 4 thlr.; hat ſie vollends ſchwarzes Haar, ſo muß ich gar die Flaſche zu 4 thlr. 12 gr. verſchreiben. Raphel! Du ſollſt leben!“ — Cher père verſezte ſie, nenuen Sie mich doch nur Raphaela. — „Er verdients, (dachte Walt betroffen uͤber Neupeters Unſchick¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/82
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/82>, abgerufen am 16.05.2024.