langweilig die Sache aus seiner Lektüre so gut auseinandersezte, daß die Tafel bewundern mu¬ ste: so fieng der Graf Feuer. Es sei, daß er satt war des Essens -- oder satt des Hörens -- oder übersatt der Glanzischen theologischen Halb¬ wisserei und lingua franca, jener schaalen Kan¬ zel-Philosophie, wovon 1/4 moralisch, 1/4 unmora¬ lich, 1/4 verständig, 1/4 schief ist und das Ganze gestohlen -- genug, der Graf begann und un¬ terhielt ein so langes heftiges Feuern gegen den Kirchenrath -- wozu die nahe Nummer Con¬ geries von Mäusefahlen Kazen¬ schwänzen aus- und eingeräumt wird -- daß er ordentlich nicht mehr Haß gegen das Mat¬ geld der theologischen Moralisten und Autoren hätte zeigen können, wenn er auch der Flöten¬ spieler Quod deus vult selber gewesen wäre, der sich allerdings so aussprach: "von alten Schimmelwäldgen der Philosophen klauben sich die Theologen die abgefallnen Lese-Früchte auf und säen damit an. -- Diese grösten engsten Egoi¬ sten machen Gott zum frere servant der Pöni¬ tenzpfarren, wohin sie vozirt worden, und auf
langweilig die Sache aus ſeiner Lektuͤre ſo gut auseinanderſezte, daß die Tafel bewundern mu¬ ſte: ſo fieng der Graf Feuer. Es ſei, daß er ſatt war des Eſſens — oder ſatt des Hoͤrens — oder uͤberſatt der Glanziſchen theologiſchen Halb¬ wiſſerei und lingua franca, jener ſchaalen Kan¬ zel-Philoſophie, wovon ¼ moraliſch, ¼ unmora¬ lich, ¼ verſtaͤndig, ¼ ſchief iſt und das Ganze geſtohlen — genug, der Graf begann und un¬ terhielt ein ſo langes heftiges Feuern gegen den Kirchenrath — wozu die nahe Nummer Con¬ geries von Maͤuſefahlen Kazen¬ ſchwaͤnzen aus- und eingeraͤumt wird — daß er ordentlich nicht mehr Haß gegen das Mat¬ geld der theologiſchen Moraliſten und Autoren haͤtte zeigen koͤnnen, wenn er auch der Floͤten¬ ſpieler Quod deus vult ſelber geweſen waͤre, der ſich allerdings ſo ausſprach: „von alten Schimmelwaͤldgen der Philoſophen klauben ſich die Theologen die abgefallnen Leſe-Fruͤchte auf und ſaͤen damit an. — Dieſe groͤſten engſten Egoi¬ ſten machen Gott zum frère ſervant der Poͤni¬ tenzpfarren, wohin ſie vozirt worden, und auf
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langweilig die Sache aus ſeiner Lektuͤre ſo gut
auseinanderſezte, daß die Tafel bewundern mu¬
ſte: ſo fieng der Graf Feuer. Es ſei, daß er
ſatt war des Eſſens — oder ſatt des Hoͤrens —
oder uͤberſatt der Glanziſchen theologiſchen Halb¬
wiſſerei und lingua franca, jener ſchaalen Kan¬
zel-Philoſophie, wovon ¼ moraliſch, ¼ unmora¬
lich, ¼ verſtaͤndig, ¼ ſchief iſt und das Ganze
geſtohlen — genug, der Graf begann und un¬
terhielt ein ſo langes heftiges Feuern gegen den
Kirchenrath — wozu die nahe Nummer Con¬
geries von Maͤuſefahlen Kazen¬
ſchwaͤnzen aus- und eingeraͤumt wird — daß
er ordentlich nicht mehr Haß gegen das Mat¬
geld der theologiſchen Moraliſten und Autoren
haͤtte zeigen koͤnnen, wenn er auch der Floͤten¬
ſpieler Quod deus vult ſelber geweſen waͤre,
der ſich allerdings ſo ausſprach: „von alten
Schimmelwaͤldgen der Philoſophen klauben ſich
die Theologen die abgefallnen Leſe-Fruͤchte auf
und ſaͤen damit an. — Dieſe groͤſten engſten Egoi¬
ſten machen Gott zum frère ſervant der Poͤni¬
tenzpfarren, wohin ſie vozirt worden, und auf
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/86>, abgerufen am 16.02.2025.
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