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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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Jahren sei Göthe so tief herunter als gegenwärtig
Wieland; -- "O was? versezt' er, ich stecke zu¬
weilen einen Kometen-Kern ins blaue Aether¬
Feld, und bekümmere mich nicht, ob er aufgeht
und fliegt als Feuer-Blume. An der Himmels-
Achse der Unendlichkeit sind die Pole zugleich Glei¬
cher, alles ist eines, H. Legaz.!"

Nun halten vier Treffer der Litteratur (fünf
würd' ich sagen, wär' ich nicht darunter), bei einem
Hochedlen Rathe um das Maushackische Le¬
gat, das eben für arme Studenten aufgeht, für
den guten Ohnehosen an; denn lezteres ist er, wech¬
selnd eigentlich und uneigentlich, gleichsam als
differenziere und indifferenziere er auch hier, und
wähle Realismus und Idealismus beliebig als
zwei Wechselstandpunkte aus einem dritten. Ich
meine aber so: er hat nichts. Sein Marquisat
de Quinet
*) wirft zu wenig ab -- er braucht
zu viele erregende Potenzen, wenn er selber eine
sein soll, und Weinberge sind die Terrassentreppe
zu seinem Musenberg -- wir fünf Markis verspü¬

*) So nannte Scarron seinen Ehrensold vom Buch¬
händler Quinet.

Jahren ſei Goͤthe ſo tief herunter als gegenwaͤrtig
Wieland; — „O was? verſezt' er, ich ſtecke zu¬
weilen einen Kometen-Kern ins blaue Aether¬
Feld, und bekuͤmmere mich nicht, ob er aufgeht
und fliegt als Feuer-Blume. An der Himmels-
Achſe der Unendlichkeit ſind die Pole zugleich Glei¬
cher, alles iſt eines, H. Legaz.!“

Nun halten vier Treffer der Litteratur (fuͤnf
wuͤrd' ich ſagen, waͤr' ich nicht darunter), bei einem
Hochedlen Rathe um das Maushackiſche Le¬
gat, das eben fuͤr arme Studenten aufgeht, fuͤr
den guten Ohnehoſen an; denn lezteres iſt er, wech¬
ſelnd eigentlich und uneigentlich, gleichſam als
differenziere und indifferenziere er auch hier, und
waͤhle Realiſmus und Idealiſmus beliebig als
zwei Wechſelſtandpunkte aus einem dritten. Ich
meine aber ſo: er hat nichts. Sein Marquiſat
de Quinet
*) wirft zu wenig ab — er braucht
zu viele erregende Potenzen, wenn er ſelber eine
ſein ſoll, und Weinberge ſind die Terraſſentreppe
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*) So nannte Scarron ſeinen Ehrenſold vom Buch¬
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[221/0229] Jahren ſei Goͤthe ſo tief herunter als gegenwaͤrtig Wieland; — „O was? verſezt' er, ich ſtecke zu¬ weilen einen Kometen-Kern ins blaue Aether¬ Feld, und bekuͤmmere mich nicht, ob er aufgeht und fliegt als Feuer-Blume. An der Himmels- Achſe der Unendlichkeit ſind die Pole zugleich Glei¬ cher, alles iſt eines, H. Legaz.!“ Nun halten vier Treffer der Litteratur (fuͤnf wuͤrd' ich ſagen, waͤr' ich nicht darunter), bei einem Hochedlen Rathe um das Maushackiſche Le¬ gat, das eben fuͤr arme Studenten aufgeht, fuͤr den guten Ohnehoſen an; denn lezteres iſt er, wech¬ ſelnd eigentlich und uneigentlich, gleichſam als differenziere und indifferenziere er auch hier, und waͤhle Realiſmus und Idealiſmus beliebig als zwei Wechſelſtandpunkte aus einem dritten. Ich meine aber ſo: er hat nichts. Sein Marquiſat de Quinet *) wirft zu wenig ab — er braucht zu viele erregende Potenzen, wenn er ſelber eine ſein ſoll, und Weinberge ſind die Terraſſentreppe zu ſeinem Muſenberg — wir fuͤnf Markis verſpuͤ¬ *) So nannte Scarron ſeinen Ehrenſold vom Buch¬ haͤndler Quinet.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/229>, abgerufen am 21.11.2024.