Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.warum, denn sie schreibt's den Tönen ihrer zahm Hier wendet sich ihr Blau-Auge von der warum, denn ſie ſchreibt's den Toͤnen ihrer zahm Hier wendet ſich ihr Blau-Auge von der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="38"/> warum, denn ſie ſchreibt's den Toͤnen ihrer zahm<lb/> gemachten Philomele zu. Ein Weſen ſeh' ich<lb/> da, wie ich noch nie geſehen, ausgenommen im<lb/> Konzert — doch es iſt eben Wina — eine Men¬<lb/> ſchen-Blume ſeh' ich, die ohne Bewuſtſein<lb/> prangt und deren Blaͤtter nichts oͤffnet und<lb/> ſchlieſſet, als der Himmel. Abendroͤthe und Son¬<lb/> ne moͤchten ordentlich gern naͤher zu ihr, das<lb/> Purpurwoͤlkgen wuͤnſchte herunter, weil ſie die<lb/> Liebe ſelber iſt, und wieder die Liebe ſelber ſucht,<lb/> ſie zieht alles Leben an ſich heran. Eine Tur¬<lb/> teltaube laͤuft um ihre Fuͤſſe und girrt mit zit¬<lb/> ternden Fluͤgeln. Die andern Nachtigallen flat¬<lb/> tern faſt alle aus ihren Buͤſchen und ſingen um<lb/> die ſingende herum.</p><lb/> <p>Hier wendet ſich ihr Blau-Auge von der<lb/> Sonne und faͤllt aufgeſchlagen auf mich; aber<lb/> ſie zittert. Auch ich zittere, aber vor Freude,<lb/> und auch ihrentwegen. Ich gehe zu ihr durch<lb/> die ſchlagenden Nachtigallen hin; wir ſind uns<lb/> in nichts gleich als in der Schoͤnheit, denn mei¬<lb/> ne Liebe iſt noch heiſſer als ihre. Sie buͤckt ihr<lb/> Haupt und weint und bebt, und ich glaube<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0046]
warum, denn ſie ſchreibt's den Toͤnen ihrer zahm
gemachten Philomele zu. Ein Weſen ſeh' ich
da, wie ich noch nie geſehen, ausgenommen im
Konzert — doch es iſt eben Wina — eine Men¬
ſchen-Blume ſeh' ich, die ohne Bewuſtſein
prangt und deren Blaͤtter nichts oͤffnet und
ſchlieſſet, als der Himmel. Abendroͤthe und Son¬
ne moͤchten ordentlich gern naͤher zu ihr, das
Purpurwoͤlkgen wuͤnſchte herunter, weil ſie die
Liebe ſelber iſt, und wieder die Liebe ſelber ſucht,
ſie zieht alles Leben an ſich heran. Eine Tur¬
teltaube laͤuft um ihre Fuͤſſe und girrt mit zit¬
ternden Fluͤgeln. Die andern Nachtigallen flat¬
tern faſt alle aus ihren Buͤſchen und ſingen um
die ſingende herum.
Hier wendet ſich ihr Blau-Auge von der
Sonne und faͤllt aufgeſchlagen auf mich; aber
ſie zittert. Auch ich zittere, aber vor Freude,
und auch ihrentwegen. Ich gehe zu ihr durch
die ſchlagenden Nachtigallen hin; wir ſind uns
in nichts gleich als in der Schoͤnheit, denn mei¬
ne Liebe iſt noch heiſſer als ihre. Sie buͤckt ihr
Haupt und weint und bebt, und ich glaube
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