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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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und Mädgen ordentlich übersäet sein konnte, in
romantische Abentheuer von solcher Zahl und
Güte hinein zugerathen, als er freilich nie erwar¬
ten wollen.

"Mein guter Unendlicher in deinem blauen
Morgenhimmel, betete er in seiner durchdringen¬
den Entzückung, lasse doch die Freude dasmal
nichts vorbedeuten."

Er hatte sich in Acht genommen, an den
Wegweiser hinauf zu sehen, der wie ein Affe vier
Arme hatte, um nicht etwa an den abgewasche¬
nen Armröhren einer Stelle ansichtig zu werden,
von welcher die Zeit, besonders die Regenzeit,
den Namen der Post-Stadt noch nicht rein weg¬
gerieben hatte. Am welt- und geistlichen Arm-
Paar wär' er diese Gefahr nicht gelaufen, son¬
dern dieses zeiget allgemeiner ins Blaue.

In Norden lag Elterlein; in Osten standen
die Pestizer oder Lindenstädter Gebürge, über
welche die Strasse nach Leipzig -- auch eine Lin¬
denstadt -- weglief; zwischen beiden nun nahm
der Notar den Weg, um die Höhen, hinter wel¬
chen die holdselige Wina jezt rollte oder ruhte,

und Maͤdgen ordentlich uͤberſaͤet ſein konnte, in
romantiſche Abentheuer von ſolcher Zahl und
Guͤte hinein zugerathen, als er freilich nie erwar¬
ten wollen.

„Mein guter Unendlicher in deinem blauen
Morgenhimmel, betete er in ſeiner durchdringen¬
den Entzuͤckung, laſſe doch die Freude dasmal
nichts vorbedeuten.“

Er hatte ſich in Acht genommen, an den
Wegweiſer hinauf zu ſehen, der wie ein Affe vier
Arme hatte, um nicht etwa an den abgewaſche¬
nen Armroͤhren einer Stelle anſichtig zu werden,
von welcher die Zeit, beſonders die Regenzeit,
den Namen der Poſt-Stadt noch nicht rein weg¬
gerieben hatte. Am welt- und geiſtlichen Arm-
Paar waͤr' er dieſe Gefahr nicht gelaufen, ſon¬
dern dieſes zeiget allgemeiner ins Blaue.

In Norden lag Elterlein; in Oſten ſtanden
die Peſtizer oder Lindenſtaͤdter Gebuͤrge, uͤber
welche die Straſſe nach Leipzig — auch eine Lin¬
denſtadt — weglief; zwiſchen beiden nun nahm
der Notar den Weg, um die Hoͤhen, hinter wel¬
chen die holdſelige Wina jezt rollte oder ruhte,

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[71/0079] und Maͤdgen ordentlich uͤberſaͤet ſein konnte, in romantiſche Abentheuer von ſolcher Zahl und Guͤte hinein zugerathen, als er freilich nie erwar¬ ten wollen. „Mein guter Unendlicher in deinem blauen Morgenhimmel, betete er in ſeiner durchdringen¬ den Entzuͤckung, laſſe doch die Freude dasmal nichts vorbedeuten.“ Er hatte ſich in Acht genommen, an den Wegweiſer hinauf zu ſehen, der wie ein Affe vier Arme hatte, um nicht etwa an den abgewaſche¬ nen Armroͤhren einer Stelle anſichtig zu werden, von welcher die Zeit, beſonders die Regenzeit, den Namen der Poſt-Stadt noch nicht rein weg¬ gerieben hatte. Am welt- und geiſtlichen Arm- Paar waͤr' er dieſe Gefahr nicht gelaufen, ſon¬ dern dieſes zeiget allgemeiner ins Blaue. In Norden lag Elterlein; in Oſten ſtanden die Peſtizer oder Lindenſtaͤdter Gebuͤrge, uͤber welche die Straſſe nach Leipzig — auch eine Lin¬ denſtadt — weglief; zwiſchen beiden nun nahm der Notar den Weg, um die Hoͤhen, hinter wel¬ chen die holdſelige Wina jezt rollte oder ruhte,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/79>, abgerufen am 24.11.2024.