Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

sene Mädgen dazustehen fürchten, ordentlich die
schönen Ableiter und Zuleiter, geschenkte Rechen¬
knechte für den Augenblik; -- man wundert sich
frölich und heimlich, daß man ein Ding wie ein
Mädgen, so dreist umhalset. Walt wurde der
Kleinern später satt, als sie seiner. Er war ja
dem Drilling -- als eigner Zwilling -- viel ver¬
wandter, als alle Gäste in der Stube. Er be¬
schenkte sie geldlich zur höchsten Freude der Mut¬
ter. Dafür bekam er drei Küsse, die er lange
zurüklieferte, nur bei sich betrübt, daß ein Tausch¬
handel solcher Artikel selber so früh dem Tausche
der Zeit heimfalle. "Ei, Herr guter Harnisch!"
sagte der Wirth. Walt wunderte sich über die
Kenntnis seines Namens, aber nicht ohne Ver¬
gnügen, ja mit einiger Hofnung, daß es, nach
einem solchen Anfange zu urtheilen, wohl noch
seltsamere Avantüren zu erleben gebe. Er wollte
daher lieber nicht fragen, wie und wo und wann,
aus Furcht, um seine Hofnung zu kommen.

Mit Wollust sah er zu, wie der Vater sich
von den Kindern Aepfel abkaufen ließ, um Walts
Geld von ihnen zu haben -- und wie die Mutter

ſene Maͤdgen dazuſtehen fuͤrchten, ordentlich die
ſchoͤnen Ableiter und Zuleiter, geſchenkte Rechen¬
knechte fuͤr den Augenblik; — man wundert ſich
froͤlich und heimlich, daß man ein Ding wie ein
Maͤdgen, ſo dreiſt umhalſet. Walt wurde der
Kleinern ſpaͤter ſatt, als ſie ſeiner. Er war ja
dem Drilling — als eigner Zwilling — viel ver¬
wandter, als alle Gaͤſte in der Stube. Er be¬
ſchenkte ſie geldlich zur hoͤchſten Freude der Mut¬
ter. Dafuͤr bekam er drei Kuͤſſe, die er lange
zuruͤklieferte, nur bei ſich betruͤbt, daß ein Tauſch¬
handel ſolcher Artikel ſelber ſo fruͤh dem Tauſche
der Zeit heimfalle. „Ei, Herr guter Harniſch!“
ſagte der Wirth. Walt wunderte ſich uͤber die
Kenntnis ſeines Namens, aber nicht ohne Ver¬
gnuͤgen, ja mit einiger Hofnung, daß es, nach
einem ſolchen Anfange zu urtheilen, wohl noch
ſeltſamere Avantuͤren zu erleben gebe. Er wollte
daher lieber nicht fragen, wie und wo und wann,
aus Furcht, um ſeine Hofnung zu kommen.

Mit Wolluſt ſah er zu, wie der Vater ſich
von den Kindern Aepfel abkaufen ließ, um Walts
Geld von ihnen zu haben — und wie die Mutter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0092" n="84"/>
&#x017F;ene Ma&#x0364;dgen dazu&#x017F;tehen fu&#x0364;rchten, ordentlich die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Ableiter und Zuleiter, ge&#x017F;chenkte Rechen¬<lb/>
knechte fu&#x0364;r den Augenblik; &#x2014; man wundert &#x017F;ich<lb/>
fro&#x0364;lich und heimlich, daß man ein Ding wie ein<lb/>
Ma&#x0364;dgen, &#x017F;o drei&#x017F;t umhal&#x017F;et. Walt wurde der<lb/>
Kleinern &#x017F;pa&#x0364;ter &#x017F;att, als &#x017F;ie &#x017F;einer. Er war ja<lb/>
dem Drilling &#x2014; als eigner Zwilling &#x2014; viel ver¬<lb/>
wandter, als alle Ga&#x0364;&#x017F;te in der Stube. Er be¬<lb/>
&#x017F;chenkte &#x017F;ie geldlich zur ho&#x0364;ch&#x017F;ten Freude der Mut¬<lb/>
ter. Dafu&#x0364;r bekam er drei Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, die er lange<lb/>
zuru&#x0364;klieferte, nur bei &#x017F;ich betru&#x0364;bt, daß ein Tau&#x017F;ch¬<lb/>
handel &#x017F;olcher Artikel &#x017F;elber &#x017F;o fru&#x0364;h dem Tau&#x017F;che<lb/>
der Zeit heimfalle. &#x201E;Ei, Herr guter Harni&#x017F;ch!&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte der Wirth. Walt wunderte &#x017F;ich u&#x0364;ber die<lb/>
Kenntnis &#x017F;eines Namens, aber nicht ohne Ver¬<lb/>
gnu&#x0364;gen, ja mit einiger Hofnung, daß es, nach<lb/>
einem &#x017F;olchen Anfange zu urtheilen, wohl noch<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;amere Avantu&#x0364;ren zu erleben gebe. Er wollte<lb/>
daher lieber nicht fragen, wie und wo und wann,<lb/>
aus Furcht, um &#x017F;eine Hofnung zu kommen.</p><lb/>
        <p>Mit Wollu&#x017F;t &#x017F;ah er zu, wie der Vater &#x017F;ich<lb/>
von den Kindern Aepfel abkaufen ließ, um Walts<lb/>
Geld von ihnen zu haben &#x2014; und wie die Mutter<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0092] ſene Maͤdgen dazuſtehen fuͤrchten, ordentlich die ſchoͤnen Ableiter und Zuleiter, geſchenkte Rechen¬ knechte fuͤr den Augenblik; — man wundert ſich froͤlich und heimlich, daß man ein Ding wie ein Maͤdgen, ſo dreiſt umhalſet. Walt wurde der Kleinern ſpaͤter ſatt, als ſie ſeiner. Er war ja dem Drilling — als eigner Zwilling — viel ver¬ wandter, als alle Gaͤſte in der Stube. Er be¬ ſchenkte ſie geldlich zur hoͤchſten Freude der Mut¬ ter. Dafuͤr bekam er drei Kuͤſſe, die er lange zuruͤklieferte, nur bei ſich betruͤbt, daß ein Tauſch¬ handel ſolcher Artikel ſelber ſo fruͤh dem Tauſche der Zeit heimfalle. „Ei, Herr guter Harniſch!“ ſagte der Wirth. Walt wunderte ſich uͤber die Kenntnis ſeines Namens, aber nicht ohne Ver¬ gnuͤgen, ja mit einiger Hofnung, daß es, nach einem ſolchen Anfange zu urtheilen, wohl noch ſeltſamere Avantuͤren zu erleben gebe. Er wollte daher lieber nicht fragen, wie und wo und wann, aus Furcht, um ſeine Hofnung zu kommen. Mit Wolluſt ſah er zu, wie der Vater ſich von den Kindern Aepfel abkaufen ließ, um Walts Geld von ihnen zu haben — und wie die Mutter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/92
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/92>, abgerufen am 16.05.2024.