genwart bestürzt und erzürnt, obwohl heimlich; so wenig verträgt sogar der Kraftmensch fremde Stärke und Konsequenz, sobald sie mehr wider ihn auftritt als für ihn, weil jeder überhaupt vielleicht von fremder mehr zu fürchten als zu hof¬ fen hat.
Als der Wechsel erneuert war, schied der Flö¬ tenspieler sanft von der Gesellschaft, besonders von Walt. Dieser begleitete ihn nicht. Er fragte Flit¬ ten, ob er die wenigen Stunden, die etwa seiner Probe-Woche noch abgingen, nicht in seinem eignen Zimmer verbringen dürfe. Flitte sagte freu¬ dig Ja. Raphaela drückte dankend Walten noch ihre zarte Hand in die seinige. Er ging in seine stille Stube zurück, und beim Eintritte war ihm, als wenn er in Thränen ausbrechen sollte, ob vor Freude, oder Einsamkeit, oder Trunk oder über¬ haupt, das wußt' er nicht; am Ende vergaß er sie vor Zorn.
genwart beſtuͤrzt und erzuͤrnt, obwohl heimlich; ſo wenig vertraͤgt ſogar der Kraftmenſch fremde Staͤrke und Konſequenz, ſobald ſie mehr wider ihn auftritt als fuͤr ihn, weil jeder uͤberhaupt vielleicht von fremder mehr zu fuͤrchten als zu hof¬ fen hat.
Als der Wechſel erneuert war, ſchied der Floͤ¬ tenſpieler ſanft von der Geſellſchaft, beſonders von Walt. Dieſer begleitete ihn nicht. Er fragte Flit¬ ten, ob er die wenigen Stunden, die etwa ſeiner Probe-Woche noch abgingen, nicht in ſeinem eignen Zimmer verbringen duͤrfe. Flitte ſagte freu¬ dig Ja. Raphaela druͤckte dankend Walten noch ihre zarte Hand in die ſeinige. Er ging in ſeine ſtille Stube zuruͤck, und beim Eintritte war ihm, als wenn er in Thraͤnen ausbrechen ſollte, ob vor Freude, oder Einſamkeit, oder Trunk oder uͤber¬ haupt, das wußt' er nicht; am Ende vergaß er ſie vor Zorn.
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genwart beſtuͤrzt und erzuͤrnt, obwohl heimlich;
ſo wenig vertraͤgt ſogar der Kraftmenſch fremde
Staͤrke und Konſequenz, ſobald ſie mehr wider
ihn auftritt als fuͤr ihn, weil jeder uͤberhaupt
vielleicht von fremder mehr zu fuͤrchten als zu hof¬
fen hat.
Als der Wechſel erneuert war, ſchied der Floͤ¬
tenſpieler ſanft von der Geſellſchaft, beſonders von
Walt. Dieſer begleitete ihn nicht. Er fragte Flit¬
ten, ob er die wenigen Stunden, die etwa ſeiner
Probe-Woche noch abgingen, nicht in ſeinem
eignen Zimmer verbringen duͤrfe. Flitte ſagte freu¬
dig Ja. Raphaela druͤckte dankend Walten noch
ihre zarte Hand in die ſeinige. Er ging in ſeine
ſtille Stube zuruͤck, und beim Eintritte war ihm,
als wenn er in Thraͤnen ausbrechen ſollte, ob vor
Freude, oder Einſamkeit, oder Trunk oder uͤber¬
haupt, das wußt' er nicht; am Ende vergaß er
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/105>, abgerufen am 23.11.2024.
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