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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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ichs, versetzt' er, ob ich gleich weiß, daß ich
beiden bürgerlichen Narren einen Eitelkeits-Jubel
über die Herablassung eines adelichen bereite; du
aber mußt mich mit einer Feinheit zu entschuldi¬
gen wissen, die kaum zu schätzen ist."

"H. v. Harnisch -- führte drunten Walt
ihn ein -- fand mich in meinem Zimmer: wie
sollt' ich, Demoiselle, nun mein Vergnügen schö¬
ner theilen, als daß ichs mit Ihm und mit Ih¬
nen zugleich theilte." Er warf dieß so leicht hin
und bewegte sich so leicht auf und ab -- auf den
theils von Flitte bisher polirten Rädern, theils
auf den vom Wein eingeölten -- daß Vult ihn
heimlich auslachte und sich dabei ärgerte; er ver¬
glich still den Bruder mit Minervens Vogel, mit
einer Eule, der der Vogelsteller gewöhnlich noch
einen Fuchsschwanz anheftet. Das erstemal,
da ein Mensch, den wir vorher als unbeholfen
gekannt, uns beholfen und gewandt vorübertanzt,
will er unsrer Eitelkeit durch einen Schein der
seinigen nicht sonderlich gefallen.

Vult war sehr artig -- sprach über Malen
und Sitzen -- lobte Flitte's Miniatur-Punktir¬

ichs, verſetzt' er, ob ich gleich weiß, daß ich
beiden buͤrgerlichen Narren einen Eitelkeits-Jubel
uͤber die Herablaſſung eines adelichen bereite; du
aber mußt mich mit einer Feinheit zu entſchuldi¬
gen wiſſen, die kaum zu ſchaͤtzen iſt.“

„H. v. Harniſch — fuͤhrte drunten Walt
ihn ein — fand mich in meinem Zimmer: wie
ſollt' ich, Demoiſelle, nun mein Vergnuͤgen ſchoͤ¬
ner theilen, als daß ichs mit Ihm und mit Ih¬
nen zugleich theilte.“ Er warf dieß ſo leicht hin
und bewegte ſich ſo leicht auf und ab — auf den
theils von Flitte bisher polirten Raͤdern, theils
auf den vom Wein eingeoͤlten — daß Vult ihn
heimlich auslachte und ſich dabei aͤrgerte; er ver¬
glich ſtill den Bruder mit Minervens Vogel, mit
einer Eule, der der Vogelſteller gewoͤhnlich noch
einen Fuchsſchwanz anheftet. Das erſtemal,
da ein Menſch, den wir vorher als unbeholfen
gekannt, uns beholfen und gewandt voruͤbertanzt,
will er unſrer Eitelkeit durch einen Schein der
ſeinigen nicht ſonderlich gefallen.

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und Sitzen — lobte Flitte's Miniatur-Punktir¬

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[75/0081] ichs, verſetzt' er, ob ich gleich weiß, daß ich beiden buͤrgerlichen Narren einen Eitelkeits-Jubel uͤber die Herablaſſung eines adelichen bereite; du aber mußt mich mit einer Feinheit zu entſchuldi¬ gen wiſſen, die kaum zu ſchaͤtzen iſt.“ „H. v. Harniſch — fuͤhrte drunten Walt ihn ein — fand mich in meinem Zimmer: wie ſollt' ich, Demoiſelle, nun mein Vergnuͤgen ſchoͤ¬ ner theilen, als daß ichs mit Ihm und mit Ih¬ nen zugleich theilte.“ Er warf dieß ſo leicht hin und bewegte ſich ſo leicht auf und ab — auf den theils von Flitte bisher polirten Raͤdern, theils auf den vom Wein eingeoͤlten — daß Vult ihn heimlich auslachte und ſich dabei aͤrgerte; er ver¬ glich ſtill den Bruder mit Minervens Vogel, mit einer Eule, der der Vogelſteller gewoͤhnlich noch einen Fuchsſchwanz anheftet. Das erſtemal, da ein Menſch, den wir vorher als unbeholfen gekannt, uns beholfen und gewandt voruͤbertanzt, will er unſrer Eitelkeit durch einen Schein der ſeinigen nicht ſonderlich gefallen. Vult war ſehr artig — ſprach uͤber Malen und Sitzen — lobte Flitte's Miniatur-Punktir¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/81>, abgerufen am 18.06.2024.