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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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Plane verunglücken, weil das Herz dem Kopfe nach¬
arbeitet und weil man beim Ende der Ausführung we¬
niger Behutsamkeit aufwendet als beym Anfange der
selben. Er sah seinen geliebten an, die Flötenkehle
der Nachtigal setzte den Text seiner Liebe in Musik
und unbeschreiblich gerührt sagte er: "Du Bester!
"dein Herz ist zu gut, um nicht von denen überli¬
"stet zu werden, die dich nicht erreichen. O wenn
"einmal die Schneide des Hoftons blutig über die
"Adern deiner Brust wegzöge -- (Flamins Mine sah
"wie die Frage aus: bist du denn nicht auch saty¬
risch?) o wenn der, der keine Tugend und Uneigen¬
"nützigkeit glaubt, auch einmal keine mehr bewiese;
"wenn er dich sehr betröge, wenn die vom Hof ge¬
"härtete Hand einmal Blut und Thränen wie ein
"Zitronenquetscher aus deinem Herzen drückte: dann
"verzweifle nur nicht, nur nicht an der Freundschaft
" -- denn deine Mutter und ich lieben dich doch
"anders. O zu der Zeit, wo du sagen müssest:
"warum hab' ich nicht meinem Freunde gehorcht,
"der mich so warnte, und meiner Mutter, die mich
"so liebte -- da darfst du zu mir kommen, zu dem,
"der sich niemals ändert und der deinen Irrthum
"höher schätzet als eigennützige Behutsamkeit; dann
"führ' ich dich weinend zu deiner Mutter und sage
zu ihr: nimm ihn ganz, nur du bist werth, ihn zu
"lieben." -- Flamin sagte gar nichts darauf. --

Plane verungluͤcken, weil das Herz dem Kopfe nach¬
arbeitet und weil man beim Ende der Ausfuͤhrung we¬
niger Behutſamkeit aufwendet als beym Anfange der
ſelben. Er ſah ſeinen geliebten an, die Floͤtenkehle
der Nachtigal ſetzte den Text ſeiner Liebe in Muſik
und unbeſchreiblich geruͤhrt ſagte er: »Du Beſter!
»dein Herz iſt zu gut, um nicht von denen uͤberli¬
»ſtet zu werden, die dich nicht erreichen. O wenn
»einmal die Schneide des Hoftons blutig uͤber die
»Adern deiner Bruſt wegzoͤge — (Flamins Mine ſah
»wie die Frage aus: biſt du denn nicht auch ſaty¬
riſch?) o wenn der, der keine Tugend und Uneigen¬
»nuͤtzigkeit glaubt, auch einmal keine mehr bewieſe;
»wenn er dich ſehr betroͤge, wenn die vom Hof ge¬
»haͤrtete Hand einmal Blut und Thraͤnen wie ein
»Zitronenquetſcher aus deinem Herzen druͤckte: dann
»verzweifle nur nicht, nur nicht an der Freundſchaft
» — denn deine Mutter und ich lieben dich doch
»anders. O zu der Zeit, wo du ſagen muͤſſeſt:
»warum hab' ich nicht meinem Freunde gehorcht,
»der mich ſo warnte, und meiner Mutter, die mich
»ſo liebte — da darfſt du zu mir kommen, zu dem,
»der ſich niemals aͤndert und der deinen Irrthum
»hoͤher ſchaͤtzet als eigennuͤtzige Behutſamkeit; dann
»fuͤhr' ich dich weinend zu deiner Mutter und ſage
zu ihr: nimm ihn ganz, nur du biſt werth, ihn zu
»lieben.« — Flamin ſagte gar nichts darauf. —

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[109/0120] Plane verungluͤcken, weil das Herz dem Kopfe nach¬ arbeitet und weil man beim Ende der Ausfuͤhrung we¬ niger Behutſamkeit aufwendet als beym Anfange der ſelben. Er ſah ſeinen geliebten an, die Floͤtenkehle der Nachtigal ſetzte den Text ſeiner Liebe in Muſik und unbeſchreiblich geruͤhrt ſagte er: »Du Beſter! »dein Herz iſt zu gut, um nicht von denen uͤberli¬ »ſtet zu werden, die dich nicht erreichen. O wenn »einmal die Schneide des Hoftons blutig uͤber die »Adern deiner Bruſt wegzoͤge — (Flamins Mine ſah »wie die Frage aus: biſt du denn nicht auch ſaty¬ riſch?) o wenn der, der keine Tugend und Uneigen¬ »nuͤtzigkeit glaubt, auch einmal keine mehr bewieſe; »wenn er dich ſehr betroͤge, wenn die vom Hof ge¬ »haͤrtete Hand einmal Blut und Thraͤnen wie ein »Zitronenquetſcher aus deinem Herzen druͤckte: dann »verzweifle nur nicht, nur nicht an der Freundſchaft » — denn deine Mutter und ich lieben dich doch »anders. O zu der Zeit, wo du ſagen muͤſſeſt: »warum hab' ich nicht meinem Freunde gehorcht, »der mich ſo warnte, und meiner Mutter, die mich »ſo liebte — da darfſt du zu mir kommen, zu dem, »der ſich niemals aͤndert und der deinen Irrthum »hoͤher ſchaͤtzet als eigennuͤtzige Behutſamkeit; dann »fuͤhr' ich dich weinend zu deiner Mutter und ſage zu ihr: nimm ihn ganz, nur du biſt werth, ihn zu »lieben.« — Flamin ſagte gar nichts darauf. —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/120>, abgerufen am 09.11.2024.