Es schlägt fünf Uhr -- die Schönste tritt herein -- der Mond hängt wie ein weißes Blütenblatt aus dem Zenith auf sie herab -- das freudige schuldlose Blut in St. Lüne steigt wie die Fluth unter ihm auf -- alles ist umgekleidet. . . .
Aber das sechste Kapitel ist aus. . . .
-- Und da der Spitz mit dem siebenten noch nicht da ist: so können ich und der Leser ein ver¬ nünftiges Wort mit einander reden. Ich gestehe, er schätzt mich und mein Thun lange, er sieht ein, alles ist im schönsten biographischen Gange, der Hund, meine Wenigkeit und die Helden dieser Hundstage. -- Ich hab' auch nie abgeläugnet, daß er immer mehr in den Heiligenschein und in die Bosische Beatifikation dieses Fötus werde hineingezo¬ gen werden; da ich so sehr dran wichse, reibe und bohne, mehr als an einem Menschenstiefel oder mi¬ litairischen Roßhuf in Berlin -- Ja ich habe noch keine Tasse voll Kaffeesatz gebraucht und es mir dar¬ aus wahrsagen lassen (denn ich erseh' es schon aus der menschlichen Natur und aus dem Kaffee, den ich trinke,) daß das noch das Geringste sey und daß die eigentliche Lese Manie den guten Schelm erst dann befallen werde, wenn in diesem Werke, woran wie an der Basselisse zwei Arbeiter auf Einem Stuhle seßhaft weben, die historischen Figuren dieser Basse¬ lisse samt ihrer Gruppirung ganz von der Wirbel¬
Es ſchlaͤgt fuͤnf Uhr — die Schoͤnſte tritt herein — der Mond haͤngt wie ein weißes Bluͤtenblatt aus dem Zenith auf ſie herab — das freudige ſchuldloſe Blut in St. Luͤne ſteigt wie die Fluth unter ihm auf — alles iſt umgekleidet. . . .
Aber das ſechſte Kapitel iſt aus. . . .
— Und da der Spitz mit dem ſiebenten noch nicht da iſt: ſo koͤnnen ich und der Leſer ein ver¬ nuͤnftiges Wort mit einander reden. Ich geſtehe, er ſchaͤtzt mich und mein Thun lange, er ſieht ein, alles iſt im ſchoͤnſten biographiſchen Gange, der Hund, meine Wenigkeit und die Helden dieſer Hundstage. — Ich hab' auch nie abgelaͤugnet, daß er immer mehr in den Heiligenſchein und in die Boſiſche Beatifikation dieſes Foͤtus werde hineingezo¬ gen werden; da ich ſo ſehr dran wichſe, reibe und bohne, mehr als an einem Menſchenſtiefel oder mi¬ litairiſchen Roßhuf in Berlin — Ja ich habe noch keine Taſſe voll Kaffeeſatz gebraucht und es mir dar¬ aus wahrſagen laſſen (denn ich erſeh' es ſchon aus der menſchlichen Natur und aus dem Kaffee, den ich trinke,) daß das noch das Geringſte ſey und daß die eigentliche Leſe Manie den guten Schelm erſt dann befallen werde, wenn in dieſem Werke, woran wie an der Baſſeliſſe zwei Arbeiter auf Einem Stuhle ſeßhaft weben, die hiſtoriſchen Figuren dieſer Baſſe¬ liſſe ſamt ihrer Gruppirung ganz von der Wirbel¬
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Es ſchlaͤgt fuͤnf Uhr — die Schoͤnſte tritt herein
— der Mond haͤngt wie ein weißes Bluͤtenblatt aus
dem Zenith auf ſie herab — das freudige ſchuldloſe
Blut in St. Luͤne ſteigt wie die Fluth unter ihm
auf — alles iſt umgekleidet. . . .
Aber das ſechſte Kapitel iſt aus. . . .
— Und da der Spitz mit dem ſiebenten noch
nicht da iſt: ſo koͤnnen ich und der Leſer ein ver¬
nuͤnftiges Wort mit einander reden. Ich geſtehe,
er ſchaͤtzt mich und mein Thun lange, er ſieht ein,
alles iſt im ſchoͤnſten biographiſchen Gange, der
Hund, meine Wenigkeit und die Helden dieſer
Hundstage. — Ich hab' auch nie abgelaͤugnet, daß
er immer mehr in den Heiligenſchein und in die
Boſiſche Beatifikation dieſes Foͤtus werde hineingezo¬
gen werden; da ich ſo ſehr dran wichſe, reibe und
bohne, mehr als an einem Menſchenſtiefel oder mi¬
litairiſchen Roßhuf in Berlin — Ja ich habe noch
keine Taſſe voll Kaffeeſatz gebraucht und es mir dar¬
aus wahrſagen laſſen (denn ich erſeh' es ſchon aus
der menſchlichen Natur und aus dem Kaffee, den ich
trinke,) daß das noch das Geringſte ſey und daß die
eigentliche Leſe Manie den guten Schelm erſt dann
befallen werde, wenn in dieſem Werke, woran wie
an der Baſſeliſſe zwei Arbeiter auf Einem Stuhle
ſeßhaft weben, die hiſtoriſchen Figuren dieſer Baſſe¬
liſſe ſamt ihrer Gruppirung ganz von der Wirbel¬
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/138>, abgerufen am 28.11.2024.
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