frer Freuden, daß er kaum über die tollsten zankte: sondern er konnte auch dem Handwerksgruß und der Methodologie zweier Liebenden mit Vergnügen bei¬ wohnen. "Es ist sehr toll, sagt' er in Göttingen -- "jeder gute Mensch thut seine Arme sympathetisch "auf, wenn er Freunde, oder Geschwister oder El¬ "tern in den ihrigen sieht; wenn aber ein Paar ver¬ "verliebte Schelme vor uns am Seile der Liebe her¬ "umtanzen, und wärs auf dem Theater so will kein "Henker Antheil nehmen -- sie müßten denn in ei¬ "nem Romane tanzen. Warum aber? -- sicher "nicht aus Eigennutz, sonst bliebe das hölzerne Herz "im Menschenklotz auch bei fremder Freundschaft, "bei kindlicher Liebe fest genagelt -- sondern weil "die verliebte Liebe eigennützig ist, sind wirs auch "und weil sie im Roman es nicht ist, sind wirs "auch nicht. Ich meines Orts denke weiter und "mache mir von jedem verliebten Gespann, das mir "begegnet, weiß, es wäre gedruckt und eingebunden "und ich hätte es vom Bücherverleiher für schlech¬ "tes Lesegeld. Es gehört zur höhern Uneigennützig¬ "keit, sogar mit dem Eigennutz zu sympathisiren. -- "Und vollends mit euch armen Weibern! Wüstet "ihr oder ich denn in euren vernähten, verkochten, "verwaschnen Leben, daß ihr eine Seele hättet, "wenn ihr euch nicht damit verliebtet? Ach in eu¬ "ren langen Thränenjahren bringt ihr euer Haupt
frer Freuden, daß er kaum uͤber die tollſten zankte: ſondern er konnte auch dem Handwerksgruß und der Methodologie zweier Liebenden mit Vergnuͤgen bei¬ wohnen. »Es iſt ſehr toll, ſagt' er in Goͤttingen — »jeder gute Menſch thut ſeine Arme ſympathetiſch »auf, wenn er Freunde, oder Geſchwiſter oder El¬ »tern in den ihrigen ſieht; wenn aber ein Paar ver¬ »verliebte Schelme vor uns am Seile der Liebe her¬ »umtanzen, und waͤrs auf dem Theater ſo will kein »Henker Antheil nehmen — ſie muͤßten denn in ei¬ »nem Romane tanzen. Warum aber? — ſicher »nicht aus Eigennutz, ſonſt bliebe das hoͤlzerne Herz »im Menſchenklotz auch bei fremder Freundſchaft, »bei kindlicher Liebe feſt genagelt — ſondern weil »die verliebte Liebe eigennuͤtzig iſt, ſind wirs auch »und weil ſie im Roman es nicht iſt, ſind wirs »auch nicht. Ich meines Orts denke weiter und »mache mir von jedem verliebten Geſpann, das mir »begegnet, weiß, es waͤre gedruckt und eingebunden »und ich haͤtte es vom Buͤcherverleiher fuͤr ſchlech¬ »tes Leſegeld. Es gehoͤrt zur hoͤhern Uneigennuͤtzig¬ »keit, ſogar mit dem Eigennutz zu ſympathiſiren. — »Und vollends mit euch armen Weibern! Wuͤſtet »ihr oder ich denn in euren vernaͤhten, verkochten, »verwaſchnen Leben, daß ihr eine Seele haͤttet, »wenn ihr euch nicht damit verliebtet? Ach in eu¬ »ren langen Thraͤnenjahren bringt ihr euer Haupt
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frer Freuden, daß er kaum uͤber die tollſten zankte:
ſondern er konnte auch dem Handwerksgruß und der
Methodologie zweier Liebenden mit Vergnuͤgen bei¬
wohnen. »Es iſt ſehr toll, ſagt' er in Goͤttingen —
»jeder gute Menſch thut ſeine Arme ſympathetiſch
»auf, wenn er Freunde, oder Geſchwiſter oder El¬
»tern in den ihrigen ſieht; wenn aber ein Paar ver¬
»verliebte Schelme vor uns am Seile der Liebe her¬
»umtanzen, und waͤrs auf dem Theater ſo will kein
»Henker Antheil nehmen — ſie muͤßten denn in ei¬
»nem Romane tanzen. Warum aber? — ſicher
»nicht aus Eigennutz, ſonſt bliebe das hoͤlzerne Herz
»im Menſchenklotz auch bei fremder Freundſchaft,
»bei kindlicher Liebe feſt genagelt — ſondern weil
»die verliebte Liebe eigennuͤtzig iſt, ſind wirs auch
»und weil ſie im Roman es nicht iſt, ſind wirs
»auch nicht. Ich meines Orts denke weiter und
»mache mir von jedem verliebten Geſpann, das mir
»begegnet, weiß, es waͤre gedruckt und eingebunden
»und ich haͤtte es vom Buͤcherverleiher fuͤr ſchlech¬
»tes Leſegeld. Es gehoͤrt zur hoͤhern Uneigennuͤtzig¬
»keit, ſogar mit dem Eigennutz zu ſympathiſiren. —
»Und vollends mit euch armen Weibern! Wuͤſtet
»ihr oder ich denn in euren vernaͤhten, verkochten,
»verwaſchnen Leben, daß ihr eine Seele haͤttet,
»wenn ihr euch nicht damit verliebtet? Ach in eu¬
»ren langen Thraͤnenjahren bringt ihr euer Haupt
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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