Sebastian, der nach der beim Lord eingelegten Sup¬ plik froher und leichter war und mit Klotilden wahr¬ haftig so freimüthig sprach als wäre sie eine -- Braut. Denn er hatt' es schon im Hannöverischen gesagt: "es gebe kein langweiligeres und heiligeres "Ding als eine Braut; besonders eines Freundes "seine; lieber woll' er an die mürben Pandekten "in Florenz oder an einen Wiener H. Leib "im Glas-Etui streifen und anpicken als an "sie." -- Ueberhaupt wars schwer, sich in Klo¬ tilde zu verlieben: ich weis, der Leser hätt' es nicht gethan, sondern sich kalt wieder fortgemacht. "Ihre griechische Nase, unter der fast männlich brei¬ "ten Stirne, hätt' er gesagt, -- diese Simultan¬ "Nase aller Madonnen und dieses seltne Gränzwild¬ "pret auf deutschen Gesichtern -- ihre flillen aber "hellen Augen, die außer sich nichts suchen, dieser brit¬ "tische Ernst, diese harmonische denkende Seele erhe¬ "ben sie über die Rechte der Liebe -- Wenn diese ma¬ "jestätische Gestalt auch lieben wollte: wer hätte den "Muth, ihr seine darauf zu bieten und wer wäre so "eigennützig, um das Geschenk eines ganzen Him¬ "mels einzustecken, oder so stolz, um sein Herz als "Dampfkugel in ihres zu schießen und damit diese "stille sinnende Heiterkeit zu benebeln?" -- Der Le¬ ser lieset sich selber gern. --
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Sebaſtian, der nach der beim Lord eingelegten Sup¬ plik froher und leichter war und mit Klotilden wahr¬ haftig ſo freimuͤthig ſprach als waͤre ſie eine — Braut. Denn er hatt' es ſchon im Hannoͤveriſchen geſagt: »es gebe kein langweiligeres und heiligeres »Ding als eine Braut; beſonders eines Freundes »ſeine; lieber woll' er an die muͤrben Pandekten »in Florenz oder an einen Wiener H. Leib »im Glas-Etui ſtreifen und anpicken als an »ſie.« — Ueberhaupt wars ſchwer, ſich in Klo¬ tilde zu verlieben: ich weis, der Leſer haͤtt' es nicht gethan, ſondern ſich kalt wieder fortgemacht. »Ihre griechiſche Naſe, unter der faſt maͤnnlich brei¬ »ten Stirne, haͤtt' er geſagt, — dieſe Simultan¬ »Naſe aller Madonnen und dieſes ſeltne Graͤnzwild¬ »pret auf deutſchen Geſichtern — ihre flillen aber »hellen Augen, die außer ſich nichts ſuchen, dieſer brit¬ »tiſche Ernſt, dieſe harmoniſche denkende Seele erhe¬ »ben ſie uͤber die Rechte der Liebe — Wenn dieſe ma¬ »jeſtaͤtiſche Geſtalt auch lieben wollte: wer haͤtte den »Muth, ihr ſeine darauf zu bieten und wer waͤre ſo »eigennuͤtzig, um das Geſchenk eines ganzen Him¬ »mels einzuſtecken, oder ſo ſtolz, um ſein Herz als »Dampfkugel in ihres zu ſchießen und damit dieſe »ſtille ſinnende Heiterkeit zu benebeln?« — Der Le¬ ſer lieſet ſich ſelber gern. —
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Sebaſtian, der nach der beim Lord eingelegten Sup¬
plik froher und leichter war und mit Klotilden wahr¬
haftig ſo freimuͤthig ſprach als waͤre ſie eine —
Braut. Denn er hatt' es ſchon im Hannoͤveriſchen
geſagt: »es gebe kein langweiligeres und heiligeres
»Ding als eine Braut; beſonders eines Freundes
»ſeine; lieber woll' er an die muͤrben Pandekten
»in Florenz oder an einen Wiener H. Leib
»im Glas-Etui ſtreifen und anpicken als an
»ſie.« — Ueberhaupt wars ſchwer, ſich in Klo¬
tilde zu verlieben: ich weis, der Leſer haͤtt' es
nicht gethan, ſondern ſich kalt wieder fortgemacht.
»Ihre griechiſche Naſe, unter der faſt maͤnnlich brei¬
»ten Stirne, haͤtt' er geſagt, — dieſe Simultan¬
»Naſe aller Madonnen und dieſes ſeltne Graͤnzwild¬
»pret auf deutſchen Geſichtern — ihre flillen aber
»hellen Augen, die außer ſich nichts ſuchen, dieſer brit¬
»tiſche Ernſt, dieſe harmoniſche denkende Seele erhe¬
»ben ſie uͤber die Rechte der Liebe — Wenn dieſe ma¬
»jeſtaͤtiſche Geſtalt auch lieben wollte: wer haͤtte den
»Muth, ihr ſeine darauf zu bieten und wer waͤre ſo
»eigennuͤtzig, um das Geſchenk eines ganzen Him¬
»mels einzuſtecken, oder ſo ſtolz, um ſein Herz als
»Dampfkugel in ihres zu ſchießen und damit dieſe
»ſtille ſinnende Heiterkeit zu benebeln?« — Der Le¬
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/158>, abgerufen am 24.11.2024.
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