oben auf ihrem Berge mitten in einem stillen Him¬ mel stehen und herunterschauen in die Donner und Regenbogen an der Erde? -- Glaubst du nicht an Gott und suchst seine Gedanken auf in den Linea¬ menten der Natur und seine ewige Liebe in deinem Herzen? -- -- -- Wenn du das alles bist und thust: so bist du mein; denn du bist besser als ich und meine Seele will sich heben an einen höhern Freund. Baum des höhern Lebens, ich umfasse dich, ich umstricke dich mit tausend Kräften und Zweigen, damit ich aufsteige aus dem zertretenen Koth um mich -- Ach von einem großen Menschen könnte ich geheilt, gestillet, erquickt, erhoben werden -- ich Armer, nur an Wünschen reich -- zerrüttet vom Kriege zwischen meinen Träumen und meinen Sin¬ nen -- wund hin und her geschlagen zwischen Syste¬ men, Thränen und Narrheiten -- anekelnd die Erde, die ich mir nicht ersetzen kann, lachend über die wei¬ nerliche Komödie blos aus Jammer, und der wider¬ sprechendste, betrübteste und lustigste Schatten unter den Schatten in der weiten Nacht. . . . Ach schöne, gute Seele, liebe mich!"
Horion.
Den Kopf auf die Hand gestützt, ließ er so lange seine Thränen, ohne zu denken und ohne zu sehen, rinnen bis die Natur ein Ende machte. Dann trat
oben auf ihrem Berge mitten in einem ſtillen Him¬ mel ſtehen und herunterſchauen in die Donner und Regenbogen an der Erde? — Glaubſt du nicht an Gott und ſuchſt ſeine Gedanken auf in den Linea¬ menten der Natur und ſeine ewige Liebe in deinem Herzen? — — — Wenn du das alles biſt und thuſt: ſo biſt du mein; denn du biſt beſſer als ich und meine Seele will ſich heben an einen hoͤhern Freund. Baum des hoͤhern Lebens, ich umfaſſe dich, ich umſtricke dich mit tauſend Kraͤften und Zweigen, damit ich aufſteige aus dem zertretenen Koth um mich — Ach von einem großen Menſchen koͤnnte ich geheilt, geſtillet, erquickt, erhoben werden — ich Armer, nur an Wuͤnſchen reich — zerruͤttet vom Kriege zwiſchen meinen Traͤumen und meinen Sin¬ nen — wund hin und her geſchlagen zwiſchen Syſte¬ men, Thraͤnen und Narrheiten — anekelnd die Erde, die ich mir nicht erſetzen kann, lachend uͤber die wei¬ nerliche Komoͤdie blos aus Jammer, und der wider¬ ſprechendſte, betruͤbteſte und luſtigſte Schatten unter den Schatten in der weiten Nacht. . . . Ach ſchoͤne, gute Seele, liebe mich!«
Horion.
Den Kopf auf die Hand geſtuͤtzt, ließ er ſo lange ſeine Thraͤnen, ohne zu denken und ohne zu ſehen, rinnen bis die Natur ein Ende machte. Dann trat
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oben auf ihrem Berge mitten in einem ſtillen Him¬
mel ſtehen und herunterſchauen in die Donner und
Regenbogen an der Erde? — Glaubſt du nicht an
Gott und ſuchſt ſeine Gedanken auf in den Linea¬
menten der Natur und ſeine ewige Liebe in deinem
Herzen? — — — Wenn du das alles biſt und
thuſt: ſo biſt du mein; denn du biſt beſſer als ich
und meine Seele will ſich heben an einen hoͤhern
Freund. Baum des hoͤhern Lebens, ich umfaſſe dich,
ich umſtricke dich mit tauſend Kraͤften und Zweigen,
damit ich aufſteige aus dem zertretenen Koth um
mich — Ach von einem großen Menſchen koͤnnte
ich geheilt, geſtillet, erquickt, erhoben werden — ich
Armer, nur an Wuͤnſchen reich — zerruͤttet vom
Kriege zwiſchen meinen Traͤumen und meinen Sin¬
nen — wund hin und her geſchlagen zwiſchen Syſte¬
men, Thraͤnen und Narrheiten — anekelnd die Erde,
die ich mir nicht erſetzen kann, lachend uͤber die wei¬
nerliche Komoͤdie blos aus Jammer, und der wider¬
ſprechendſte, betruͤbteſte und luſtigſte Schatten unter
den Schatten in der weiten Nacht. . . . Ach ſchoͤne,
gute Seele, liebe mich!«
Horion.
Den Kopf auf die Hand geſtuͤtzt, ließ er ſo lange
ſeine Thraͤnen, ohne zu denken und ohne zu ſehen,
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/168>, abgerufen am 24.11.2024.
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