Tod thuts -- und der Lustspiele -- die Liebe thuts -- beschließen: so mag sich auch dieses Benefizding, das wie unser Leben zwischen Lust- und Trauerspiel oszillirt, matt mit Entkleidung enden.
Ende der Benefizakte.
-- Ich war gestern zu aufgebracht. Der Apothe¬ ker ist zwar der Hund und die Katze in meinem Ge¬ mälde, die einander unter dem Tische des Abend¬ mals beissen; aber im Ganzen ist die Farze schon er¬ haben. Man bedenke nur, daß alles in einer monar¬ chischen Regierungsform abgethan wird -- daß diese nach Beatie dem Komischen mehr als die republika¬ nische aufhilft -- daß nach Addison und Sulzer ge¬ rade die spashaftesten Menschen (z. B. Cicero) am ernsthaftesten sind und daß folglich das Nämliche auch von dem Zeug, das sie machen gelten müsse: so sieht man schon aus dem Komischen, das meine Akte haben, daß sie ernsthaft sind. -- --
Mein Held hielt im Laden eine heftige P. Mer¬ zische Kontroverspredigt gegen etwas, wofür die Reichsstädter und Reichsdörfer predigen -- dagegen: "daß die Menschen ohne alles weiße und graue Ge¬ "hirn und ohne Geschmack und Geschmackswärzgen in "dem Grade handeln können, daß sie sich nicht schä¬ "men, die Paar Jahre, wo sie der Schmerz noch "nicht auf seinem Pürschzettel und der Tod noch
Tod thuts — und der Luſtſpiele — die Liebe thuts — beſchließen: ſo mag ſich auch dieſes Benefizding, das wie unſer Leben zwiſchen Luſt- und Trauerſpiel oszillirt, matt mit Entkleidung enden.
Ende der Benefizakte.
— Ich war geſtern zu aufgebracht. Der Apothe¬ ker iſt zwar der Hund und die Katze in meinem Ge¬ maͤlde, die einander unter dem Tiſche des Abend¬ mals beiſſen; aber im Ganzen iſt die Farze ſchon er¬ haben. Man bedenke nur, daß alles in einer monar¬ chiſchen Regierungsform abgethan wird — daß dieſe nach Beatie dem Komiſchen mehr als die republika¬ niſche aufhilft — daß nach Addiſon und Sulzer ge¬ rade die ſpashafteſten Menſchen (z. B. Cicero) am ernſthafteſten ſind und daß folglich das Naͤmliche auch von dem Zeug, das ſie machen gelten muͤſſe: ſo ſieht man ſchon aus dem Komiſchen, das meine Akte haben, daß ſie ernſthaft ſind. — —
Mein Held hielt im Laden eine heftige P. Mer¬ ziſche Kontroverspredigt gegen etwas, wofuͤr die Reichsſtaͤdter und Reichsdoͤrfer predigen — dagegen: »daß die Menſchen ohne alles weiße und graue Ge¬ »hirn und ohne Geſchmack und Geſchmackswaͤrzgen in »dem Grade handeln koͤnnen, daß ſie ſich nicht ſchaͤ¬ »men, die Paar Jahre, wo ſie der Schmerz noch »nicht auf ſeinem Puͤrſchzettel und der Tod noch
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Tod thuts — und der Luſtſpiele — die Liebe thuts
— beſchließen: ſo mag ſich auch dieſes Benefizding,
das wie unſer Leben zwiſchen Luſt- und Trauerſpiel
oszillirt, matt mit Entkleidung enden.
Ende der Benefizakte.
— Ich war geſtern zu aufgebracht. Der Apothe¬
ker iſt zwar der Hund und die Katze in meinem Ge¬
maͤlde, die einander unter dem Tiſche des Abend¬
mals beiſſen; aber im Ganzen iſt die Farze ſchon er¬
haben. Man bedenke nur, daß alles in einer monar¬
chiſchen Regierungsform abgethan wird — daß dieſe
nach Beatie dem Komiſchen mehr als die republika¬
niſche aufhilft — daß nach Addiſon und Sulzer ge¬
rade die ſpashafteſten Menſchen (z. B. Cicero) am
ernſthafteſten ſind und daß folglich das Naͤmliche
auch von dem Zeug, das ſie machen gelten muͤſſe:
ſo ſieht man ſchon aus dem Komiſchen, das meine
Akte haben, daß ſie ernſthaft ſind. — —
Mein Held hielt im Laden eine heftige P. Mer¬
ziſche Kontroverspredigt gegen etwas, wofuͤr die
Reichsſtaͤdter und Reichsdoͤrfer predigen — dagegen:
»daß die Menſchen ohne alles weiße und graue Ge¬
»hirn und ohne Geſchmack und Geſchmackswaͤrzgen in
»dem Grade handeln koͤnnen, daß ſie ſich nicht ſchaͤ¬
»men, die Paar Jahre, wo ſie der Schmerz noch
»nicht auf ſeinem Puͤrſchzettel und der Tod noch
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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