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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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felte immer das letztere mit dem ersten . . . "frag
"ihn, was ihm fehlt, Bruder!" sagte sie zu Fla¬
min. . . .

Dieser lenkte ihn mit demselben Gutmeinen hin¬
ter die nächsten Stachelbeerstauden hinaus und fragte
ihn nach seiner festen Art, die immer Behauptung
für Frage hielt: "Dir ist was passirt!" -- "Komm
nur!" sagte Viktor und zerrte ihn hinter höhere
spanische Wände aus Laub.

"Nichts ist mir -- hob er endlich mit gefüllten
"Augenhölen und lächelnden Zügen an -- weiter
"passirt als daß ich ein Narr geworden seit etwan
"26 Jahren -- (so alt war er) -- Ich weiß, du bist
"leider ein Jurist und vielleicht ein schlechterer Oku¬
"list als ich selbst und hast wohl wenig in H. Ja¬
"nin *)gelesen: nicht?"

Nicht bloß vom Nein wurde Flamins Kopf ge¬
schüttelt.

"Ganz natürlich: aber könntest du es aus
"dem oder aus der Uebersetzung von Selle recht
"schön haben, daß nicht bloß die Thränendrüse un¬
"sre Tropfen sezerniere, sondern auch der gläserne
"Körper, die Meibomischen Drüsen, die Thränen¬
"karunkel und -- unser gequältes Herz, setz' ich da¬

*) Ein bekannter guter Schriftsteller über die Augen.

felte immer das letztere mit dem erſten . . . »frag
«ihn, was ihm fehlt, Bruder!« ſagte ſie zu Fla¬
min. . . .

Dieſer lenkte ihn mit demſelben Gutmeinen hin¬
ter die naͤchſten Stachelbeerſtauden hinaus und fragte
ihn nach ſeiner feſten Art, die immer Behauptung
fuͤr Frage hielt: »Dir iſt was paſſirt!« — »Komm
nur!« ſagte Viktor und zerrte ihn hinter hoͤhere
ſpaniſche Waͤnde aus Laub.

»Nichts iſt mir — hob er endlich mit gefuͤllten
»Augenhoͤlen und laͤchelnden Zuͤgen an — weiter
»paſſirt als daß ich ein Narr geworden ſeit etwan
»26 Jahren — (ſo alt war er) — Ich weiß, du biſt
»leider ein Juriſt und vielleicht ein ſchlechterer Oku¬
»liſt als ich ſelbſt und haſt wohl wenig in H. Ja¬
»nin *)geleſen: nicht?«

Nicht bloß vom Nein wurde Flamins Kopf ge¬
ſchuͤttelt.

»Ganz natuͤrlich: aber koͤnnteſt du es aus
»dem oder aus der Ueberſetzung von Selle recht
»ſchoͤn haben, daß nicht bloß die Thraͤnendruͤſe un¬
»ſre Tropfen ſezerniere, ſondern auch der glaͤſerne
»Koͤrper, die Meibomiſchen Druͤſen, die Thraͤnen¬
»karunkel und — unſer gequaͤltes Herz, ſetz' ich da¬

*) Ein bekannter guter Schriftſteller uͤber die Augen.
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[361/0372] felte immer das letztere mit dem erſten . . . »frag «ihn, was ihm fehlt, Bruder!« ſagte ſie zu Fla¬ min. . . . Dieſer lenkte ihn mit demſelben Gutmeinen hin¬ ter die naͤchſten Stachelbeerſtauden hinaus und fragte ihn nach ſeiner feſten Art, die immer Behauptung fuͤr Frage hielt: »Dir iſt was paſſirt!« — »Komm nur!« ſagte Viktor und zerrte ihn hinter hoͤhere ſpaniſche Waͤnde aus Laub. »Nichts iſt mir — hob er endlich mit gefuͤllten »Augenhoͤlen und laͤchelnden Zuͤgen an — weiter »paſſirt als daß ich ein Narr geworden ſeit etwan »26 Jahren — (ſo alt war er) — Ich weiß, du biſt »leider ein Juriſt und vielleicht ein ſchlechterer Oku¬ »liſt als ich ſelbſt und haſt wohl wenig in H. Ja¬ »nin *)geleſen: nicht?« Nicht bloß vom Nein wurde Flamins Kopf ge¬ ſchuͤttelt. »Ganz natuͤrlich: aber koͤnnteſt du es aus »dem oder aus der Ueberſetzung von Selle recht »ſchoͤn haben, daß nicht bloß die Thraͤnendruͤſe un¬ »ſre Tropfen ſezerniere, ſondern auch der glaͤſerne »Koͤrper, die Meibomiſchen Druͤſen, die Thraͤnen¬ »karunkel und — unſer gequaͤltes Herz, ſetz' ich da¬ *) Ein bekannter guter Schriftſteller uͤber die Augen.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/372>, abgerufen am 22.11.2024.