Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

für einen Olymp und ein Empyräum hielten und die
nirgends als an dieser Höhe ihr Glück zu machen
wußten, bessere Begriffe vom Glück und schlechtere
von der Höhe beizubringen wären. Gleichwohl
mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Gesichte mehr
als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren,
daß er eben so edel verneine wie sie. Er knätete
also Lob und Tadel nach einer horazischen Mi¬
schung untereinander, um weder satirische noch
schmeichlerische Anspielungen auf zwei kassirte Hof¬
leute zu machen: "mir gefällts nicht, daß es da nur
"Vergnügungen, und keine Arbeiten giebt -- lauter
"Konfektkörbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel,
"geschweige einen Arbeitstisch wie diesen da." --
"Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬
nigkeit, daß alle Festins einen einzigen Hofdienst be¬
zahlen?" -- "Nein, sagt' er, denn für die Festins
"selber sollte man bezahlet werden -- ich behaupte,
"es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnügen --
"alle ihre Lustbarkeiten sind nur die Illumination,
"die Zwischenmusik und die Dekorationen, die dem
"Schauspieler, der an seine Rolle denkt, weniger ge¬
"fallen als dem Zuschauer." -- "Es ist allemal gut,
da gewesen zu seyn" sagte die Alte: "Gewiß (sagte
"er): denn es ist gut, nicht immer dazubleiben:" --
"Aber es giebt Personen (sagte Klotilde,) die dort
"ihr Glück nicht machen können, bloß weil sie nicht

fuͤr einen Olymp und ein Empyraͤum hielten und die
nirgends als an dieſer Hoͤhe ihr Gluͤck zu machen
wußten, beſſere Begriffe vom Gluͤck und ſchlechtere
von der Hoͤhe beizubringen waͤren. Gleichwohl
mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Geſichte mehr
als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren,
daß er eben ſo edel verneine wie ſie. Er knaͤtete
alſo Lob und Tadel nach einer horaziſchen Mi¬
ſchung untereinander, um weder ſatiriſche noch
ſchmeichleriſche Anſpielungen auf zwei kaſſirte Hof¬
leute zu machen: »mir gefaͤllts nicht, daß es da nur
»Vergnuͤgungen, und keine Arbeiten giebt — lauter
»Konfektkoͤrbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel,
»geſchweige einen Arbeitstiſch wie dieſen da.« —
»Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬
nigkeit, daß alle Feſtins einen einzigen Hofdienſt be¬
zahlen?« — »Nein, ſagt' er, denn fuͤr die Feſtins
»ſelber ſollte man bezahlet werden — ich behaupte,
»es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnuͤgen —
»alle ihre Luſtbarkeiten ſind nur die Illumination,
»die Zwiſchenmuſik und die Dekorationen, die dem
»Schauſpieler, der an ſeine Rolle denkt, weniger ge¬
»fallen als dem Zuſchauer.« — »Es iſt allemal gut,
da geweſen zu ſeyn« ſagte die Alte: »Gewiß (ſagte
»er): denn es iſt gut, nicht immer dazubleiben:« —
»Aber es giebt Perſonen (ſagte Klotilde,) die dort
»ihr Gluͤck nicht machen koͤnnen, bloß weil ſie nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0388" n="377"/>
fu&#x0364;r einen Olymp und ein Empyra&#x0364;um hielten und die<lb/>
nirgends als an die&#x017F;er Ho&#x0364;he ihr Glu&#x0364;ck zu machen<lb/>
wußten, be&#x017F;&#x017F;ere Begriffe vom Glu&#x0364;ck und &#x017F;chlechtere<lb/>
von der Ho&#x0364;he beizubringen wa&#x0364;ren. Gleichwohl<lb/>
mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Ge&#x017F;ichte mehr<lb/>
als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren,<lb/>
daß er eben &#x017F;o edel verneine wie &#x017F;ie. Er kna&#x0364;tete<lb/>
al&#x017F;o Lob und Tadel nach einer <hi rendition="#g">horazi&#x017F;chen</hi> Mi¬<lb/>
&#x017F;chung untereinander, um weder &#x017F;atiri&#x017F;che noch<lb/>
&#x017F;chmeichleri&#x017F;che An&#x017F;pielungen auf zwei ka&#x017F;&#x017F;irte Hof¬<lb/>
leute zu machen: »mir gefa&#x0364;llts nicht, daß es da nur<lb/>
»Vergnu&#x0364;gungen, und keine Arbeiten giebt &#x2014; lauter<lb/>
»Konfektko&#x0364;rbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel,<lb/>
»ge&#x017F;chweige einen Arbeitsti&#x017F;ch wie die&#x017F;en da.« &#x2014;<lb/>
»Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬<lb/>
nigkeit, daß alle Fe&#x017F;tins einen einzigen Hofdien&#x017F;t be¬<lb/>
zahlen?« &#x2014; »Nein, &#x017F;agt' er, denn fu&#x0364;r die Fe&#x017F;tins<lb/>
»&#x017F;elber &#x017F;ollte man bezahlet werden &#x2014; ich behaupte,<lb/>
»es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnu&#x0364;gen &#x2014;<lb/>
»alle ihre Lu&#x017F;tbarkeiten &#x017F;ind nur die Illumination,<lb/>
»die Zwi&#x017F;chenmu&#x017F;ik und die Dekorationen, die dem<lb/>
»Schau&#x017F;pieler, der an &#x017F;eine Rolle denkt, weniger ge¬<lb/>
»fallen als dem Zu&#x017F;chauer.« &#x2014; »Es i&#x017F;t allemal gut,<lb/>
da gewe&#x017F;en zu &#x017F;eyn« &#x017F;agte die Alte: »Gewiß (&#x017F;agte<lb/>
»er): denn es i&#x017F;t gut, nicht immer dazubleiben:« &#x2014;<lb/>
»Aber es giebt Per&#x017F;onen (&#x017F;agte Klotilde,) die dort<lb/>
»ihr Glu&#x0364;ck nicht machen ko&#x0364;nnen, bloß weil &#x017F;ie nicht<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0388] fuͤr einen Olymp und ein Empyraͤum hielten und die nirgends als an dieſer Hoͤhe ihr Gluͤck zu machen wußten, beſſere Begriffe vom Gluͤck und ſchlechtere von der Hoͤhe beizubringen waͤren. Gleichwohl mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Geſichte mehr als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren, daß er eben ſo edel verneine wie ſie. Er knaͤtete alſo Lob und Tadel nach einer horaziſchen Mi¬ ſchung untereinander, um weder ſatiriſche noch ſchmeichleriſche Anſpielungen auf zwei kaſſirte Hof¬ leute zu machen: »mir gefaͤllts nicht, daß es da nur »Vergnuͤgungen, und keine Arbeiten giebt — lauter »Konfektkoͤrbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel, »geſchweige einen Arbeitstiſch wie dieſen da.« — »Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬ nigkeit, daß alle Feſtins einen einzigen Hofdienſt be¬ zahlen?« — »Nein, ſagt' er, denn fuͤr die Feſtins »ſelber ſollte man bezahlet werden — ich behaupte, »es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnuͤgen — »alle ihre Luſtbarkeiten ſind nur die Illumination, »die Zwiſchenmuſik und die Dekorationen, die dem »Schauſpieler, der an ſeine Rolle denkt, weniger ge¬ »fallen als dem Zuſchauer.« — »Es iſt allemal gut, da geweſen zu ſeyn« ſagte die Alte: »Gewiß (ſagte »er): denn es iſt gut, nicht immer dazubleiben:« — »Aber es giebt Perſonen (ſagte Klotilde,) die dort »ihr Gluͤck nicht machen koͤnnen, bloß weil ſie nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/388
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/388>, abgerufen am 22.11.2024.