"wissen -- das Herz ohnehin nicht -- als ihr Ge¬
"häuse, um etwas hineinzunehmen. . . .
Ich habe dich noch nicht unterbrochen; sagte
der Lord und stand ein wenig.
"Inzwischen fuhr der Sohn fort, wat' ich mit
"größter Lust zur Austerbank hinab . . O mein theu¬
"rer Vater, wie könnt' ich nicht gehen? Warum
"ließ ich nicht bisher ihr krankes Auge aufgebunden,
"damit Sie auf meinem Gesichte keine einzige Ein¬
"wendung gegen Ihre Wünsche erblickten? -- Ach um
"jeden Thron stehen tausend nasse Augen, die von
"verstümmelten Menschen ohne Hände hinaufgerich¬
"tet werden: droben sitzt das eiserne Schicksal in
"Gestalt eines Fürsten und streckt keine Hand aus
" -- warum soll kein weicher Mensch hinaufgehen
"und dem Schicksal die starre Hand führen und mit
"Einer unten tausend Augen trocknen?" -- Horion
"lächelte als wollt' er sagen: Jüngling!
"Aber nur um einige prozessualische Weitläuftig¬
"keiten und Fristen bitt' ich Sie, damit ich Zeit
"bekomme -- stoischer und närrischer zu werden.
"Närrischer mein' ich, vergnügter. Ich möchte un¬
"ter den guten Leuten um uns und neben meinem
"Flamin und jetzt im Frühling des Kalenders und
"in dem meiner Jahre und eh' das Lebensschif im
"Alter einfriert, nur noch zwei Monate lachen und
"zu Fuß gehen. Stoisch muß ich ohnehin werden.
»wiſſen — das Herz ohnehin nicht — als ihr Ge¬
»haͤuſe, um etwas hineinzunehmen. . . .
Ich habe dich noch nicht unterbrochen; ſagte
der Lord und ſtand ein wenig.
»Inzwiſchen fuhr der Sohn fort, wat' ich mit
»groͤßter Luſt zur Auſterbank hinab . . O mein theu¬
»rer Vater, wie koͤnnt' ich nicht gehen? Warum
»ließ ich nicht bisher ihr krankes Auge aufgebunden,
»damit Sie auf meinem Geſichte keine einzige Ein¬
»wendung gegen Ihre Wuͤnſche erblickten? — Ach um
»jeden Thron ſtehen tauſend naſſe Augen, die von
»verſtuͤmmelten Menſchen ohne Haͤnde hinaufgerich¬
»tet werden: droben ſitzt das eiſerne Schickſal in
»Geſtalt eines Fuͤrſten und ſtreckt keine Hand aus
» — warum ſoll kein weicher Menſch hinaufgehen
»und dem Schickſal die ſtarre Hand fuͤhren und mit
»Einer unten tauſend Augen trocknen?« — Horion
»laͤchelte als wollt' er ſagen: Juͤngling!
»Aber nur um einige prozeſſualiſche Weitlaͤuftig¬
»keiten und Friſten bitt' ich Sie, damit ich Zeit
»bekomme — ſtoiſcher und naͤrriſcher zu werden.
»Naͤrriſcher mein' ich, vergnuͤgter. Ich moͤchte un¬
»ter den guten Leuten um uns und neben meinem
»Flamin und jetzt im Fruͤhling des Kalenders und
»in dem meiner Jahre und eh' das Lebensſchif im
»Alter einfriert, nur noch zwei Monate lachen und
»zu Fuß gehen. Stoiſch muß ich ohnehin werden.
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[57/0068]
»wiſſen — das Herz ohnehin nicht — als ihr Ge¬
»haͤuſe, um etwas hineinzunehmen. . . .
Ich habe dich noch nicht unterbrochen; ſagte
der Lord und ſtand ein wenig.
»Inzwiſchen fuhr der Sohn fort, wat' ich mit
»groͤßter Luſt zur Auſterbank hinab . . O mein theu¬
»rer Vater, wie koͤnnt' ich nicht gehen? Warum
»ließ ich nicht bisher ihr krankes Auge aufgebunden,
»damit Sie auf meinem Geſichte keine einzige Ein¬
»wendung gegen Ihre Wuͤnſche erblickten? — Ach um
»jeden Thron ſtehen tauſend naſſe Augen, die von
»verſtuͤmmelten Menſchen ohne Haͤnde hinaufgerich¬
»tet werden: droben ſitzt das eiſerne Schickſal in
»Geſtalt eines Fuͤrſten und ſtreckt keine Hand aus
» — warum ſoll kein weicher Menſch hinaufgehen
»und dem Schickſal die ſtarre Hand fuͤhren und mit
»Einer unten tauſend Augen trocknen?« — Horion
»laͤchelte als wollt' er ſagen: Juͤngling!
»Aber nur um einige prozeſſualiſche Weitlaͤuftig¬
»keiten und Friſten bitt' ich Sie, damit ich Zeit
»bekomme — ſtoiſcher und naͤrriſcher zu werden.
»Naͤrriſcher mein' ich, vergnuͤgter. Ich moͤchte un¬
»ter den guten Leuten um uns und neben meinem
»Flamin und jetzt im Fruͤhling des Kalenders und
»in dem meiner Jahre und eh' das Lebensſchif im
»Alter einfriert, nur noch zwei Monate lachen und
»zu Fuß gehen. Stoiſch muß ich ohnehin werden.