nicht kannst: so verlasse am Hofe die geliebte Seele nicht -- sey ihr einziger Freund -- ziehe die Bie¬ nenstacheln der Erdenstunden aus ihrem milden Her¬ zen -- Wenn kalte Worte wie Schneeflocken auf diese Blume fallen: so schmelze sie der warme Hauch der Liebe zu Thränen, die du rinnen siehest -- Wenn über ihr Leben ein Gewitter aufsteigt: so zeig' ihr den Engel, der auf der Sonne steht und über unsere Gewitter den Regenbogen der Hofnung zieht -- O dich, den ich so liebe, wird meine Freundin auch so lieben und wenn mein Freund ihr sein sanftes Herz, sein weiches Auge, seine Tugend, seine von der Na¬ tur, und von dem Ewigen bewohnte Seele aufdeckt: so wird er meine Freundin vor sich glücklich werden sehen und das erhabne Angesicht das vor ihm in Thränen und Lächeln und Liebe zerfließt, wird immer in seinem Herzen bleiben.
Emanuel.
Siehe, da kam in dieser glühenden Minute die erhabne Gestalt, die er gestern gesehen, wieder mit ihrem Mund voll wehmüthigen Lächeln und mit ih¬ rem Auge voll Thränen; und als die Gestalt vor ihm schweben blieb und schimmerte und lächelte: so stand vor ihr wie vor einer Verstorbnen seine Seele
nicht kannſt: ſo verlaſſe am Hofe die geliebte Seele nicht — ſey ihr einziger Freund — ziehe die Bie¬ nenſtacheln der Erdenſtunden aus ihrem milden Her¬ zen — Wenn kalte Worte wie Schneeflocken auf dieſe Blume fallen: ſo ſchmelze ſie der warme Hauch der Liebe zu Thraͤnen, die du rinnen ſieheſt — Wenn uͤber ihr Leben ein Gewitter aufſteigt: ſo zeig' ihr den Engel, der auf der Sonne ſteht und uͤber unſere Gewitter den Regenbogen der Hofnung zieht — O dich, den ich ſo liebe, wird meine Freundin auch ſo lieben und wenn mein Freund ihr ſein ſanftes Herz, ſein weiches Auge, ſeine Tugend, ſeine von der Na¬ tur, und von dem Ewigen bewohnte Seele aufdeckt: ſo wird er meine Freundin vor ſich gluͤcklich werden ſehen und das erhabne Angeſicht das vor ihm in Thraͤnen und Laͤcheln und Liebe zerfließt, wird immer in ſeinem Herzen bleiben.
Emanuel.
Siehe, da kam in dieſer gluͤhenden Minute die erhabne Geſtalt, die er geſtern geſehen, wieder mit ihrem Mund voll wehmuͤthigen Laͤcheln und mit ih¬ rem Auge voll Thraͤnen; und als die Geſtalt vor ihm ſchweben blieb und ſchimmerte und laͤchelte: ſo ſtand vor ihr wie vor einer Verſtorbnen ſeine Seele
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nicht kannſt: ſo verlaſſe am Hofe die geliebte Seele
nicht — ſey ihr einziger Freund — ziehe die Bie¬
nenſtacheln der Erdenſtunden aus ihrem milden Her¬
zen — Wenn kalte Worte wie Schneeflocken auf
dieſe Blume fallen: ſo ſchmelze ſie der warme Hauch
der Liebe zu Thraͤnen, die du rinnen ſieheſt — Wenn
uͤber ihr Leben ein Gewitter aufſteigt: ſo zeig' ihr
den Engel, der auf der Sonne ſteht und uͤber unſere
Gewitter den Regenbogen der Hofnung zieht — O
dich, den ich ſo liebe, wird meine Freundin auch ſo
lieben und wenn mein Freund ihr ſein ſanftes Herz,
ſein weiches Auge, ſeine Tugend, ſeine von der Na¬
tur, und von dem Ewigen bewohnte Seele aufdeckt:
ſo wird er meine Freundin vor ſich gluͤcklich werden
ſehen und das erhabne Angeſicht das vor ihm in
Thraͤnen und Laͤcheln und Liebe zerfließt, wird immer
in ſeinem Herzen bleiben.
Emanuel.
Siehe, da kam in dieſer gluͤhenden Minute die
erhabne Geſtalt, die er geſtern geſehen, wieder mit
ihrem Mund voll wehmuͤthigen Laͤcheln und mit ih¬
rem Auge voll Thraͤnen; und als die Geſtalt vor
ihm ſchweben blieb und ſchimmerte und laͤchelte: ſo
ſtand vor ihr wie vor einer Verſtorbnen ſeine Seele
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/119>, abgerufen am 23.11.2024.
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