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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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-- und am meisten über die Warnung vor Joachi¬
men. "O! wenn diese gegen mich falsch wäre!"
sagt' er seufzend und mochte das trübe Bild und
den Seufzer nicht vollenden. -- -- Sondern er ver¬
trieb beide durch das kleine Blatt von Emanuel,
das so klang:

Mein Sohn,

"Die Morgenröthe des Neujahrs schien über
den Schnee an mein Angesicht, da ich das Papier
hinlegte (Emanuels zweiten sogleich folgenden Brief,)
auf das ich zum letztenmale meine Seele mit allen
ihren über diese Kugel hinausreichenden Bildern ab¬
zudrücken suchte. Aber die Flammen meiner Seele
wehen bis zum Körper und sengen den mürben Le¬
bensfaden ab: ich mußte oft die blutende Brust vom
Papier und von der Entzückung wegwenden.

Ich habe, mein Sohn, mit meinem Blut an dich
geschrieben. -- Julius dankt jetzt Gott. -- Der
Lenz glüht unter dem Schnee und richtet sich bald
auf aus dem Grünen und blüht bis an die Wolken.
-- Meine Tochter (Klotilde) führt den Frühling an
der Hand und kömmt zu mir -- -- Sie nehme mei¬
nen Sohn in die andre Hand und lege ihn an meine
Brust, worin ein zerlaufender Athem ist und ein
ewiges Herz. . . O wie tönen die Abendglocken des
Lebens so melodisch um mich! -- Ja wenn du und

— und am meiſten uͤber die Warnung vor Joachi¬
men. »O! wenn dieſe gegen mich falſch waͤre!«
ſagt' er ſeufzend und mochte das truͤbe Bild und
den Seufzer nicht vollenden. — — Sondern er ver¬
trieb beide durch das kleine Blatt von Emanuel,
das ſo klang:

Mein Sohn,

»Die Morgenroͤthe des Neujahrs ſchien uͤber
den Schnee an mein Angeſicht, da ich das Papier
hinlegte (Emanuels zweiten ſogleich folgenden Brief,)
auf das ich zum letztenmale meine Seele mit allen
ihren uͤber dieſe Kugel hinausreichenden Bildern ab¬
zudruͤcken ſuchte. Aber die Flammen meiner Seele
wehen bis zum Koͤrper und ſengen den muͤrben Le¬
bensfaden ab: ich mußte oft die blutende Bruſt vom
Papier und von der Entzuͤckung wegwenden.

Ich habe, mein Sohn, mit meinem Blut an dich
geſchrieben. — Julius dankt jetzt Gott. — Der
Lenz gluͤht unter dem Schnee und richtet ſich bald
auf aus dem Gruͤnen und bluͤht bis an die Wolken.
— Meine Tochter (Klotilde) fuͤhrt den Fruͤhling an
der Hand und koͤmmt zu mir — — Sie nehme mei¬
nen Sohn in die andre Hand und lege ihn an meine
Bruſt, worin ein zerlaufender Athem iſt und ein
ewiges Herz. . . O wie toͤnen die Abendglocken des
Lebens ſo melodiſch um mich! — Ja wenn du und

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[260/0270] — und am meiſten uͤber die Warnung vor Joachi¬ men. »O! wenn dieſe gegen mich falſch waͤre!« ſagt' er ſeufzend und mochte das truͤbe Bild und den Seufzer nicht vollenden. — — Sondern er ver¬ trieb beide durch das kleine Blatt von Emanuel, das ſo klang: Mein Sohn, »Die Morgenroͤthe des Neujahrs ſchien uͤber den Schnee an mein Angeſicht, da ich das Papier hinlegte (Emanuels zweiten ſogleich folgenden Brief,) auf das ich zum letztenmale meine Seele mit allen ihren uͤber dieſe Kugel hinausreichenden Bildern ab¬ zudruͤcken ſuchte. Aber die Flammen meiner Seele wehen bis zum Koͤrper und ſengen den muͤrben Le¬ bensfaden ab: ich mußte oft die blutende Bruſt vom Papier und von der Entzuͤckung wegwenden. Ich habe, mein Sohn, mit meinem Blut an dich geſchrieben. — Julius dankt jetzt Gott. — Der Lenz gluͤht unter dem Schnee und richtet ſich bald auf aus dem Gruͤnen und bluͤht bis an die Wolken. — Meine Tochter (Klotilde) fuͤhrt den Fruͤhling an der Hand und koͤmmt zu mir — — Sie nehme mei¬ nen Sohn in die andre Hand und lege ihn an meine Bruſt, worin ein zerlaufender Athem iſt und ein ewiges Herz. . . O wie toͤnen die Abendglocken des Lebens ſo melodiſch um mich! — Ja wenn du und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/270>, abgerufen am 21.11.2024.