Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Wintergegend, und der sich nie rächte, gehe nur an
den Bächen auf und ab, weil da der Fußsteig der
Fischer ist und weil du auf deinen dichterischen Ring¬
rennen keinem Bauern nur einen Zwieselwagen voll
Heu wie ihn die Kinder aus Haselruthen flechten
niedertreten willst! Fülle den Zwischenraum zwi¬
schen dem ersten und dem dritten Himmel wo du zu
Mittag nicht mit Abraham sondern mit deiner Klo¬
tilde am Tische der Aebtissin sitzest, mit einem zwei¬
ten, nämlich mit dem Umarmen der ganzen Natur,
die nie holder in die Seele hineinschauet als wenn
auf ihr nicht weit von der Seele eine -- Geliebte
wohnt! --

Ein Wandelgang zwischen zwei zusammenblitzen¬
den Bächen und zwischen ihren lakirten von Schaum¬
würmern beschneieten Weiden überzieht das ganze
Innere bis auf jeden Winkel einer dunkeln Thräne
mit Morgenglanz. -- Noch dazu schauete Viktor
immer über die Wiese hinauf zu Emanuels ofnem
Fenster und ließ sich ein Lächeln von ihm wie eine
laufende Welle voll Licht herunterwehen. -- Noch
dazu blieb er nicht da, sondern ging zweimal hinauf
und störte ihn mitten in seinem Schreiben durch ein
kindliches Umfassen. -- Noch dazu legt' er seinen
Augen Meilenstiefel an und lief über die ganze sich
hier bäumende, dort sich bückende, hier leuchtende,

Wintergegend, und der ſich nie raͤchte, gehe nur an
den Baͤchen auf und ab, weil da der Fußſteig der
Fiſcher iſt und weil du auf deinen dichteriſchen Ring¬
rennen keinem Bauern nur einen Zwieſelwagen voll
Heu wie ihn die Kinder aus Haſelruthen flechten
niedertreten willſt! Fuͤlle den Zwiſchenraum zwi¬
ſchen dem erſten und dem dritten Himmel wo du zu
Mittag nicht mit Abraham ſondern mit deiner Klo¬
tilde am Tiſche der Aebtiſſin ſitzeſt, mit einem zwei¬
ten, naͤmlich mit dem Umarmen der ganzen Natur,
die nie holder in die Seele hineinſchauet als wenn
auf ihr nicht weit von der Seele eine — Geliebte
wohnt! —

Ein Wandelgang zwiſchen zwei zuſammenblitzen¬
den Baͤchen und zwiſchen ihren lakirten von Schaum¬
wuͤrmern beſchneieten Weiden uͤberzieht das ganze
Innere bis auf jeden Winkel einer dunkeln Thraͤne
mit Morgenglanz. — Noch dazu ſchauete Viktor
immer uͤber die Wieſe hinauf zu Emanuels ofnem
Fenſter und ließ ſich ein Laͤcheln von ihm wie eine
laufende Welle voll Licht herunterwehen. — Noch
dazu blieb er nicht da, ſondern ging zweimal hinauf
und ſtoͤrte ihn mitten in ſeinem Schreiben durch ein
kindliches Umfaſſen. — Noch dazu legt' er ſeinen
Augen Meilenſtiefel an und lief uͤber die ganze ſich
hier baͤumende, dort ſich buͤckende, hier leuchtende,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0160" n="150"/>
Wintergegend, und der &#x017F;ich nie ra&#x0364;chte, gehe nur an<lb/>
den Ba&#x0364;chen auf und ab, weil da der Fuß&#x017F;teig der<lb/>
Fi&#x017F;cher i&#x017F;t und weil du auf deinen dichteri&#x017F;chen Ring¬<lb/>
rennen keinem Bauern nur einen Zwie&#x017F;elwagen voll<lb/>
Heu wie ihn die Kinder aus Ha&#x017F;elruthen flechten<lb/>
niedertreten will&#x017F;t! Fu&#x0364;lle den Zwi&#x017F;chenraum zwi¬<lb/>
&#x017F;chen dem er&#x017F;ten und dem dritten Himmel wo du zu<lb/>
Mittag nicht mit Abraham &#x017F;ondern mit deiner Klo¬<lb/>
tilde am Ti&#x017F;che der Aebti&#x017F;&#x017F;in &#x017F;itze&#x017F;t, mit einem zwei¬<lb/>
ten, na&#x0364;mlich mit dem Umarmen der ganzen Natur,<lb/>
die nie holder in die Seele hinein&#x017F;chauet als wenn<lb/>
auf ihr nicht weit von der Seele eine &#x2014; Geliebte<lb/>
wohnt! &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ein Wandelgang zwi&#x017F;chen zwei zu&#x017F;ammenblitzen¬<lb/>
den Ba&#x0364;chen und zwi&#x017F;chen ihren lakirten von Schaum¬<lb/>
wu&#x0364;rmern be&#x017F;chneieten Weiden u&#x0364;berzieht das ganze<lb/>
Innere bis auf jeden Winkel einer dunkeln Thra&#x0364;ne<lb/>
mit Morgenglanz. &#x2014; Noch dazu &#x017F;chauete Viktor<lb/>
immer u&#x0364;ber die Wie&#x017F;e hinauf zu Emanuels ofnem<lb/>
Fen&#x017F;ter und ließ &#x017F;ich ein La&#x0364;cheln von ihm wie eine<lb/>
laufende Welle voll Licht herunterwehen. &#x2014; Noch<lb/>
dazu blieb er nicht da, &#x017F;ondern ging zweimal hinauf<lb/>
und &#x017F;to&#x0364;rte ihn mitten in &#x017F;einem Schreiben durch ein<lb/>
kindliches Umfa&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Noch dazu legt' er &#x017F;einen<lb/>
Augen Meilen&#x017F;tiefel an und lief u&#x0364;ber die ganze &#x017F;ich<lb/>
hier ba&#x0364;umende, dort &#x017F;ich bu&#x0364;ckende, hier leuchtende,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0160] Wintergegend, und der ſich nie raͤchte, gehe nur an den Baͤchen auf und ab, weil da der Fußſteig der Fiſcher iſt und weil du auf deinen dichteriſchen Ring¬ rennen keinem Bauern nur einen Zwieſelwagen voll Heu wie ihn die Kinder aus Haſelruthen flechten niedertreten willſt! Fuͤlle den Zwiſchenraum zwi¬ ſchen dem erſten und dem dritten Himmel wo du zu Mittag nicht mit Abraham ſondern mit deiner Klo¬ tilde am Tiſche der Aebtiſſin ſitzeſt, mit einem zwei¬ ten, naͤmlich mit dem Umarmen der ganzen Natur, die nie holder in die Seele hineinſchauet als wenn auf ihr nicht weit von der Seele eine — Geliebte wohnt! — Ein Wandelgang zwiſchen zwei zuſammenblitzen¬ den Baͤchen und zwiſchen ihren lakirten von Schaum¬ wuͤrmern beſchneieten Weiden uͤberzieht das ganze Innere bis auf jeden Winkel einer dunkeln Thraͤne mit Morgenglanz. — Noch dazu ſchauete Viktor immer uͤber die Wieſe hinauf zu Emanuels ofnem Fenſter und ließ ſich ein Laͤcheln von ihm wie eine laufende Welle voll Licht herunterwehen. — Noch dazu blieb er nicht da, ſondern ging zweimal hinauf und ſtoͤrte ihn mitten in ſeinem Schreiben durch ein kindliches Umfaſſen. — Noch dazu legt' er ſeinen Augen Meilenſtiefel an und lief uͤber die ganze ſich hier baͤumende, dort ſich buͤckende, hier leuchtende,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/160
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/160>, abgerufen am 27.11.2024.