Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.wie nun das zweisylbige, zweyschneidige Zornwort Leser! der letzte Augenblick in Maienthal ist der Um Mitternacht, wo die Phantasie die verhüll¬ wie nun das zweiſylbige, zweyſchneidige Zornwort Leſer! der letzte Augenblick in Maienthal iſt der Um Mitternacht, wo die Phantaſie die verhuͤll¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0227" n="217"/> wie nun das zweiſylbige, zweyſchneidige Zornwort<lb/> Flamins durch das ganze Band ihrer Freundſchaft<lb/> geſchnitten — er ſtellte ſich das neben ihm bluͤhende<lb/> Theater der ſchoͤnen Tage veroͤdet vor und das<lb/> Voruͤberwehen der Freuden, die uns nur wie Schmet¬<lb/> terlinge in weiten Kreiſen umſpielen, indeß der Ner¬<lb/> venwurm des Grams ſich tief in unſere Nerven ein¬<lb/> beiſſet. — Ach endlich lehnt' er ſich weinend an den<lb/> ſchlummernden Vater und druͤckte ihn leiſe und ſag¬<lb/> te: »ach ohne Freundſchaft und Liebe koͤnnt' ich die<lb/> Erde nicht ertragen» — Und endlich wurde auch<lb/> ſeine zerſetzte und verſiegte Seele vom ſchweren Koͤr¬<lb/> per in den dicken Schlaf gedruͤckt und hinab<lb/> gezogen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Leſer! der letzte Augenblick in Maienthal iſt der<lb/> groͤßte — erhebe deine Seele durch Schauder und<lb/> ſteige auf Graͤber wie auf hohe Gebirge, um hinuͤber<lb/> zu ſehen in die andere Welt!</p><lb/> <p>Um Mitternacht, wo die Phantaſie die verhuͤll¬<lb/> ten Todten aus den Saͤrgen zieht und ſie aufgerich¬<lb/> tet in die Nacht um ſich ſtellt und aus der zweiten<lb/> Welt unbekannte Geſtalten zu uns verſchlaͤgt — ſo<lb/> wie unkenntliche Leichname aus Amerika an die Kuͤ¬<lb/> ſten der alten Welt antrieben und ihr die neue ver¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [217/0227]
wie nun das zweiſylbige, zweyſchneidige Zornwort
Flamins durch das ganze Band ihrer Freundſchaft
geſchnitten — er ſtellte ſich das neben ihm bluͤhende
Theater der ſchoͤnen Tage veroͤdet vor und das
Voruͤberwehen der Freuden, die uns nur wie Schmet¬
terlinge in weiten Kreiſen umſpielen, indeß der Ner¬
venwurm des Grams ſich tief in unſere Nerven ein¬
beiſſet. — Ach endlich lehnt' er ſich weinend an den
ſchlummernden Vater und druͤckte ihn leiſe und ſag¬
te: »ach ohne Freundſchaft und Liebe koͤnnt' ich die
Erde nicht ertragen» — Und endlich wurde auch
ſeine zerſetzte und verſiegte Seele vom ſchweren Koͤr¬
per in den dicken Schlaf gedruͤckt und hinab
gezogen.
Leſer! der letzte Augenblick in Maienthal iſt der
groͤßte — erhebe deine Seele durch Schauder und
ſteige auf Graͤber wie auf hohe Gebirge, um hinuͤber
zu ſehen in die andere Welt!
Um Mitternacht, wo die Phantaſie die verhuͤll¬
ten Todten aus den Saͤrgen zieht und ſie aufgerich¬
tet in die Nacht um ſich ſtellt und aus der zweiten
Welt unbekannte Geſtalten zu uns verſchlaͤgt — ſo
wie unkenntliche Leichname aus Amerika an die Kuͤ¬
ſten der alten Welt antrieben und ihr die neue ver¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/227>, abgerufen am 16.07.2024. |