richtet wurde, voraus befürchtete, es könne zu je¬ nem Trennen und Stürzen kommen: Dann wollte er sich wenigstens die Freiheit vorbehalten, nur ei¬ ne Stunde vor dem Sterben seinem Freunde zu sagen, daß er unschuldig und die Geliebte Flamins nur eine -- Schwester sei.
"Also eine Stunde vor meinem Tode darf ich al¬ "les offenbaren? -- O Gott! -- Ja! -- -- Ja! "-- ich will sterben damit ich reden kann!" rief er entzündet, pochend, aufgeweht, über das Leben gehoben. -- Der Sturmwind schlug die Giesbäche des Himmels und die zerstäubten Eisfelder an die Fenster und der Tag sank dunkel unter in der zu¬ sammenschlagenden Fluth. . . . "O (sagte unser "Freund) wie sehn' ich mich aus diesem schwarzen "Sturm des Lebens hinaus -- in den stillen lichten "Aether -- an die feste unbewegliche Brust des To¬ "des, die den Schlaf nicht stört. . . .
Wenn er dem Fürsten es entdeckte, daß Flamin sein eigner Sohn sei: so war dieser errettet und er brauchte nur eine Stunde darauf sich -- umzu¬ bringen.
Und das wollt' er gern: denn was hatt' er auf der Erde noch als -- Erinnerungen? O, der Erin¬ nerungen zu viel, der Hoffnungen zu wenig! -- Wen kümmert sein Fall? -- die Geliebte, die ihn doch entbehret, oder ihren Bruder, den er rettet
richtet wurde, voraus befuͤrchtete, es koͤnne zu je¬ nem Trennen und Stuͤrzen kommen: Dann wollte er ſich wenigſtens die Freiheit vorbehalten, nur ei¬ ne Stunde vor dem Sterben ſeinem Freunde zu ſagen, daß er unſchuldig und die Geliebte Flamins nur eine — Schweſter ſei.
»Alſo eine Stunde vor meinem Tode darf ich al¬ »les offenbaren? — O Gott! — Ja! — — Ja! »— ich will ſterben damit ich reden kann!« rief er entzuͤndet, pochend, aufgeweht, uͤber das Leben gehoben. — Der Sturmwind ſchlug die Giesbaͤche des Himmels und die zerſtaͤubten Eisfelder an die Fenſter und der Tag ſank dunkel unter in der zu¬ ſammenſchlagenden Fluth. . . . »O (ſagte unſer »Freund) wie ſehn' ich mich aus dieſem ſchwarzen »Sturm des Lebens hinaus — in den ſtillen lichten »Aether — an die feſte unbewegliche Bruſt des To¬ »des, die den Schlaf nicht ſtoͤrt. . . .
Wenn er dem Fuͤrſten es entdeckte, daß Flamin ſein eigner Sohn ſei: ſo war dieſer errettet und er brauchte nur eine Stunde darauf ſich — umzu¬ bringen.
Und das wollt' er gern: denn was hatt' er auf der Erde noch als — Erinnerungen? O, der Erin¬ nerungen zu viel, der Hoffnungen zu wenig! — Wen kuͤmmert ſein Fall? — die Geliebte, die ihn doch entbehret, oder ihren Bruder, den er rettet
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richtet wurde, voraus befuͤrchtete, es koͤnne zu je¬
nem Trennen und Stuͤrzen kommen: Dann wollte
er ſich wenigſtens die Freiheit vorbehalten, nur ei¬
ne Stunde vor dem Sterben ſeinem Freunde zu
ſagen, daß er unſchuldig und die Geliebte Flamins
nur eine — Schweſter ſei.
»Alſo eine Stunde vor meinem Tode darf ich al¬
»les offenbaren? — O Gott! — Ja! — — Ja!
»— ich will ſterben damit ich reden kann!« rief
er entzuͤndet, pochend, aufgeweht, uͤber das Leben
gehoben. — Der Sturmwind ſchlug die Giesbaͤche
des Himmels und die zerſtaͤubten Eisfelder an die
Fenſter und der Tag ſank dunkel unter in der zu¬
ſammenſchlagenden Fluth. . . . »O (ſagte unſer
»Freund) wie ſehn' ich mich aus dieſem ſchwarzen
»Sturm des Lebens hinaus — in den ſtillen lichten
»Aether — an die feſte unbewegliche Bruſt des To¬
»des, die den Schlaf nicht ſtoͤrt. . . .
Wenn er dem Fuͤrſten es entdeckte, daß Flamin
ſein eigner Sohn ſei: ſo war dieſer errettet und er
brauchte nur eine Stunde darauf ſich — umzu¬
bringen.
Und das wollt' er gern: denn was hatt' er auf
der Erde noch als — Erinnerungen? O, der Erin¬
nerungen zu viel, der Hoffnungen zu wenig! —
Wen kuͤmmert ſein Fall? — die Geliebte, die ihn
doch entbehret, oder ihren Bruder, den er rettet
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/366>, abgerufen am 23.11.2024.
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