Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.Zorns. Spät unter diesem Rauschen sagt' er end¬ Zorns. Spaͤt unter dieſem Rauſchen ſagt' er end¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0203" n="167"/> Zorns. Spaͤt unter dieſem Rauſchen ſagt' er end¬<lb/> lich drohend: „du weißt, Frau . . .“ Nun wur¬<lb/> de in ihrem Mund' aus dem Wind ein Sturm.<lb/> Er war kein Mann, den Zorn oder irgend eine<lb/> Leidenſchaft fortriſſen, ſondern ein aͤchter Stoi¬<lb/> ker war er und ſtets bei ſich; daraus laͤßet ſichs<lb/> erklaͤren, warum er, da Epiktet und Seneka Stoi¬<lb/> kern den verbotnen innern Zorn durch den aͤußern<lb/> Schein deſſelben zu erſetzen rathen, um die Leute<lb/> zu baͤndigen, ſich ſogar dieſes zornigen Scheins<lb/> befliß und gelaſſen ſeine Fauſt petrifizierte und die¬<lb/> ſen Knauf als eine <hi rendition="#g">Leuchtkugel</hi> auf diejenigen<lb/> Gliedmaßen ſeiner Gattin warf, die ohne Licht in<lb/> der Sache waren. Dieſer ſtumpfe Wilſon'ſche<lb/> Knopfableiter ihres Zorns zog erſt die groͤſten be¬<lb/> redten Funken aus ihr hervor; und in der That<lb/> iſts in der Ehe wie in den alten Republiken, die<lb/> (nach Homer's Bemerkung) nie groͤßere Redner<lb/> trugen als in <choice><sic>ſtuͤrmeuden</sic><corr>ſtuͤrmenden</corr></choice> kriegeriſchen Zeiten. Er<lb/> machte das Sinnliche bloß zum Vehikel des Geiſti¬<lb/> gen und begleitete ſeine Hand mit ausgewaͤhlten<lb/> Bruchſtuͤcken aus Epiktets Handbuch: „ich bin war¬<lb/> lich ganz bei mir (ſagt' er;) aber du ſchreieſt gar<lb/> zu ſehr, wenn ich mich nicht drein ſchlage.“ Sein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0203]
Zorns. Spaͤt unter dieſem Rauſchen ſagt' er end¬
lich drohend: „du weißt, Frau . . .“ Nun wur¬
de in ihrem Mund' aus dem Wind ein Sturm.
Er war kein Mann, den Zorn oder irgend eine
Leidenſchaft fortriſſen, ſondern ein aͤchter Stoi¬
ker war er und ſtets bei ſich; daraus laͤßet ſichs
erklaͤren, warum er, da Epiktet und Seneka Stoi¬
kern den verbotnen innern Zorn durch den aͤußern
Schein deſſelben zu erſetzen rathen, um die Leute
zu baͤndigen, ſich ſogar dieſes zornigen Scheins
befliß und gelaſſen ſeine Fauſt petrifizierte und die¬
ſen Knauf als eine Leuchtkugel auf diejenigen
Gliedmaßen ſeiner Gattin warf, die ohne Licht in
der Sache waren. Dieſer ſtumpfe Wilſon'ſche
Knopfableiter ihres Zorns zog erſt die groͤſten be¬
redten Funken aus ihr hervor; und in der That
iſts in der Ehe wie in den alten Republiken, die
(nach Homer's Bemerkung) nie groͤßere Redner
trugen als in ſtuͤrmenden kriegeriſchen Zeiten. Er
machte das Sinnliche bloß zum Vehikel des Geiſti¬
gen und begleitete ſeine Hand mit ausgewaͤhlten
Bruchſtuͤcken aus Epiktets Handbuch: „ich bin war¬
lich ganz bei mir (ſagt' er;) aber du ſchreieſt gar
zu ſehr, wenn ich mich nicht drein ſchlage.“ Sein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |