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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Der Flößinspektor Peuschel leitete einen ganzen
Wasserschatz in den Magen und machte seine Blut¬
adern zu Wasseradern; aber er ärgerte sich halb,
daß er die andern mit seinen optischen Gesöff be¬
trügen mußte und sehnte sich heimlich statt der ver¬
stellten Besoffenheit nach ächter.

Der Zimmerfrotteur mazerirte und laugte sich
im Grunde durch das tättowirte Wasser aus und
ersäufte beinahe sein gallisches Uebel -- so schluckte
der Schadenfroh.

Dem Hofjunker, der sich fast den Magen ent¬
zwei sof, schlugs schlechter zu: drei Tage schmolz
er an einer incontinentia urinae hin. -- Blos durch
den zellulösen Karmenmacher fuhr eine ganze kou¬
leurte Sündfluth ohne Schaden glatt hinein und
hinaus; er sah aber munter und satyrisch herum
und lauerte darauf, wenn sein Nächster hinter
den vier Tischen besoffen wäre.

Etwan eine flammende Scheune wäre mit ih¬
ren Walfisch-Bescheiden zu retten gewesen . . . .
Jezt kam die Zeit, da jeder betrunken scheinen
mußte, wer Spas verstand -- sie diskourirten wi¬
der einander mit überschweppender bäumender Zun¬
ge -- der Junker und Frotteur streckten sich gar

Der Floͤßinſpektor Peuſchel leitete einen ganzen
Waſſerſchatz in den Magen und machte ſeine Blut¬
adern zu Waſſeradern; aber er aͤrgerte ſich halb,
daß er die andern mit ſeinen optiſchen Geſoͤff be¬
truͤgen mußte und ſehnte ſich heimlich ſtatt der ver¬
ſtellten Beſoffenheit nach aͤchter.

Der Zimmerfrotteur mazerirte und laugte ſich
im Grunde durch das taͤttowirte Waſſer aus und
erſaͤufte beinahe ſein galliſches Uebel — ſo ſchluckte
der Schadenfroh.

Dem Hofjunker, der ſich faſt den Magen ent¬
zwei ſof, ſchlugs ſchlechter zu: drei Tage ſchmolz
er an einer incontinentia urinae hin. — Blos durch
den zelluloͤſen Karmenmacher fuhr eine ganze kou¬
leurte Suͤndfluth ohne Schaden glatt hinein und
hinaus; er ſah aber munter und ſatyriſch herum
und lauerte darauf, wenn ſein Naͤchſter hinter
den vier Tiſchen beſoffen waͤre.

Etwan eine flammende Scheune waͤre mit ih¬
ren Walfiſch-Beſcheiden zu retten geweſen . . . .
Jezt kam die Zeit, da jeder betrunken ſcheinen
mußte, wer Spas verſtand — ſie diſkourirten wi¬
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[171/0207] Der Floͤßinſpektor Peuſchel leitete einen ganzen Waſſerſchatz in den Magen und machte ſeine Blut¬ adern zu Waſſeradern; aber er aͤrgerte ſich halb, daß er die andern mit ſeinen optiſchen Geſoͤff be¬ truͤgen mußte und ſehnte ſich heimlich ſtatt der ver¬ ſtellten Beſoffenheit nach aͤchter. Der Zimmerfrotteur mazerirte und laugte ſich im Grunde durch das taͤttowirte Waſſer aus und erſaͤufte beinahe ſein galliſches Uebel — ſo ſchluckte der Schadenfroh. Dem Hofjunker, der ſich faſt den Magen ent¬ zwei ſof, ſchlugs ſchlechter zu: drei Tage ſchmolz er an einer incontinentia urinae hin. — Blos durch den zelluloͤſen Karmenmacher fuhr eine ganze kou¬ leurte Suͤndfluth ohne Schaden glatt hinein und hinaus; er ſah aber munter und ſatyriſch herum und lauerte darauf, wenn ſein Naͤchſter hinter den vier Tiſchen beſoffen waͤre. Etwan eine flammende Scheune waͤre mit ih¬ ren Walfiſch-Beſcheiden zu retten geweſen . . . . Jezt kam die Zeit, da jeder betrunken ſcheinen mußte, wer Spas verſtand — ſie diſkourirten wi¬ der einander mit uͤberſchweppender baͤumender Zun¬ ge — der Junker und Frotteur ſtreckten ſich gar

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/207>, abgerufen am 09.11.2024.