Seelen hat und mit allen eine umschlingt . . . . O sie kehrt niemals, niemals wieder, die zweite Dekade des armen Lebens, die mehr hat als drei hohe Fest¬ tage: ist sie vorüber, o so hat eine Todeshand unsre Brust und unser Auge berührt; was noch in diese dringt, was noch aus ihnen dringt, hat den ersten Morgenzauber verloren und[ ]das Auge des alten Men¬ schen öfnet sich dann bloß gegen eine höhere Welt, wo er vielleicht wieder Jüngling wird!
Drei Tage, eh der Professor kam, war Gespen¬ sterlärm im Schloß; zwei Tage vorher währte er noch fort; einen Tag zuvor machte der Rittmeister Anstal¬ ten zur Entdeckung der Schelmerei. Er hatte einen Wasserscheu vor Gespenstergeschichten und gab jedem Bedienten, der eine wie Bokaz erzählte, als ein Ho¬ norar seiner Novelle nach der Bogenzahl Prügel. Die Rittmeisterin ärgerte ihn durch ihren Leichtglau¬ ben und sie bekam oft den Blick von ihm, den Män¬ ner werfen, wenn die Hoffnungen oder Befürchtun¬ gen ihrer Weiber Hasensprünge wie Erdhalbmesser thun. -- Sie hatte zu Nachts ein dreifüßiges Gehen durch den Korridor gehört, ein Blitz war durch ihr Schlüsselloch gefahren und eine andre Taschenuhr als ihre hatte 12 geschlagen und alles war verflogen.
Seelen hat und mit allen eine umſchlingt . . . . O ſie kehrt niemals, niemals wieder, die zweite Dekade des armen Lebens, die mehr hat als drei hohe Feſt¬ tage: iſt ſie voruͤber, o ſo hat eine Todeshand unſre Bruſt und unſer Auge beruͤhrt; was noch in dieſe dringt, was noch aus ihnen dringt, hat den erſten Morgenzauber verloren und[ ]das Auge des alten Men¬ ſchen oͤfnet ſich dann bloß gegen eine hoͤhere Welt, wo er vielleicht wieder Juͤngling wird!
Drei Tage, eh der Profeſſor kam, war Geſpen¬ ſterlaͤrm im Schloß; zwei Tage vorher waͤhrte er noch fort; einen Tag zuvor machte der Rittmeiſter Anſtal¬ ten zur Entdeckung der Schelmerei. Er hatte einen Waſſerſcheu vor Geſpenſtergeſchichten und gab jedem Bedienten, der eine wie Bokaz erzaͤhlte, als ein Ho¬ norar ſeiner Novelle nach der Bogenzahl Pruͤgel. Die Rittmeiſterin aͤrgerte ihn durch ihren Leichtglau¬ ben und ſie bekam oft den Blick von ihm, den Maͤn¬ ner werfen, wenn die Hoffnungen oder Befuͤrchtun¬ gen ihrer Weiber Haſenſpruͤnge wie Erdhalbmeſſer thun. — Sie hatte zu Nachts ein dreifuͤßiges Gehen durch den Korridor gehoͤrt, ein Blitz war durch ihr Schluͤſſelloch gefahren und eine andre Taſchenuhr als ihre hatte 12 geſchlagen und alles war verflogen.
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Seelen hat und mit allen eine umſchlingt . . . . O ſie
kehrt niemals, niemals wieder, die zweite Dekade
des armen Lebens, die mehr hat als drei hohe Feſt¬
tage: iſt ſie voruͤber, o ſo hat eine Todeshand unſre
Bruſt und unſer Auge beruͤhrt; was noch in dieſe
dringt, was noch aus ihnen dringt, hat den erſten
Morgenzauber verloren und das Auge des alten Men¬
ſchen oͤfnet ſich dann bloß gegen eine hoͤhere Welt, wo
er vielleicht wieder Juͤngling wird!
Drei Tage, eh der Profeſſor kam, war Geſpen¬
ſterlaͤrm im Schloß; zwei Tage vorher waͤhrte er noch
fort; einen Tag zuvor machte der Rittmeiſter Anſtal¬
ten zur Entdeckung der Schelmerei. Er hatte einen
Waſſerſcheu vor Geſpenſtergeſchichten und gab jedem
Bedienten, der eine wie Bokaz erzaͤhlte, als ein Ho¬
norar ſeiner Novelle nach der Bogenzahl Pruͤgel.
Die Rittmeiſterin aͤrgerte ihn durch ihren Leichtglau¬
ben und ſie bekam oft den Blick von ihm, den Maͤn¬
ner werfen, wenn die Hoffnungen oder Befuͤrchtun¬
gen ihrer Weiber Haſenſpruͤnge wie Erdhalbmeſſer
thun. — Sie hatte zu Nachts ein dreifuͤßiges Gehen
durch den Korridor gehoͤrt, ein Blitz war durch ihr
Schluͤſſelloch gefahren und eine andre Taſchenuhr als
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/312>, abgerufen am 21.11.2024.
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